Rz. 12

Die AO kennt für den Stpfl. selbst kein Mitwirkungs-(Auskunfts- und Vorlage-)Verweigerungsrecht. Er muss nach § 90 Abs. 1 AO seine für die Besteuerung erheblichen Tatsachen und Sachverhalte vollständig offen legen. Diese Verpflichtung besteht grundsätzlich auch, wenn sich der Stpfl. durch ihre Erfüllung der Gefahr einer Verfolgung wegen einer Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit aussetzt; ein Auskunftsverweigerungsrecht steht ihm nicht zu. Allerdings untersagt § 393 Abs. 1 S. 2 AO in solchen Fällen die Erzwingung der Erfüllung dieser Verpflichtung mit Zwangsmitteln. Da die Pflicht selbst aber bestehen bleibt, ist z. B. der Tatbestand des § 162 Abs. 2 AO gegeben, sodass bei Unterbleiben der Mitwirkung eine Schätzung möglich ist.

 

Rz. 12a

Die Regelung des § 393 Abs. 1 S. 2 AO gilt nach ihrem Wortlaut aber nur für Steuerstraftaten und -ordnungswidrigkeiten, nicht für Tatbestände des allgemeinen Strafrechts. Soweit ein Stpfl. sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten einer sonstigen Straftat oder Ordnungswidrigkeit bezichtigen müsste, kann diese Pflicht auch mit Zwangsmitteln erzwungen werden (§ 393 AO Rz. 3). Das Korrelat hierfür ist der Schutz des Steuergeheimnisses, § 30 AO. Dadurch wird verhindert, dass der Stpfl. sich der Strafverfolgung ausliefern muss. M. E. kann daher die Erfüllung der Mitwirkungspflichten nicht erzwungen werden, soweit der Schutz des § 30 AO nicht reicht, die Kenntnisse der Finanzbehörde also zur Verfolgung außersteuerlicher Straftaten verwendet werden können.

 

Rz. 12b

Ist der Stpfl. einer der in § 102 AO genannten Berufsträger, steht ihm das Auskunftsverweigerungsrecht hinsichtlich der nach § 102 AO geschützten Daten und Unterlagen auch insoweit zu, als es um seine eigene Steuerangelegenheit geht. Das Auskunfts- und Vorlageverweigerungsrecht gilt sowohl in fremden als auch in eigenen Steuerangelegenheiten. Allerdings besteht dann die Auskunfts- und Vorlageverpflichtung in neutralisierter Form, bei der der Mandant nicht erkennbar ist. Kein Auskunfts- und Vorlageverweigerungsrecht besteht, wenn der Berufsträger die Steuererklärungen des Mandanten erstellt und dies gegenüber dem FA kenntlich gemacht hat. Dann ist von einer Zustimmung des Mandanten zur Auskunftserteilung und Vorlage von Unterlagen auszugehen[1].

 

Rz. 12c

Außerhalb dieses Bereichs kann die Mitwirkung des Stpfl. immer erzwungen werden. Auf keinen Fall steht ihm ein Auskunftsverweigerungsrecht zu (vgl. § 103 AO), auch nicht bei Ermittlungen in seiner Intimsphäre. Soweit sich in der Intimsphäre des Stpfl. steuerlich relevante Vorgänge abspielen, muss er darüber auch Auskunft geben. Allerdings sind hier dem Ermessen der Finanzbehörde besonders enge Grenzen gesetzt. Ein Eingriff in die Intimsphäre ist nur als letztes Mittel zulässig und nur, wenn die Schwere des Eingriffs in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung des zu ermittelnden Sachverhalts steht[2].

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