Rz. 161

Nach S. 2 können Verluste, die der übertragende Rechtsträger während des Rückwirkungszeitraums erleidet, nicht mit Gewinnen des übernehmenden Rechtsträgers verrechnet werden, es sei denn, die Verrechnung wäre auch ohne Rückwirkung möglich gewesen. Betroffen sind alle Besteuerungsgrundlagen, die S. 1 unter dem Begriff "Verlustnutzung" zusammenfasst; hierzu Rz. 133. Durch den Verweis auf S. 1 ist auch klargestellt, dass alle Fälle der Verlustabzugsbeschränkung erfasst werden; hierzu Rz. 152a. Die Voraussetzung, dass nur die Rückwirkung die Verlustverrechnung ermöglicht, ergibt sich aus der uneingeschränkten Verweisung in S. 2 auf S. 1. Der persönliche Regelungsbereich von S. 2 erfasst den übernehmenden Rechtsträger, betrifft jedoch nicht Verlust-, Zins- und EBITDA-Vorträge, die dem übertragenden Rechtsträger zuzurechnen sind, weil diese bei einer Umwandlung ohnehin nicht auf den übernehmenden Rechtsträger übergehen (s. Rz. 141), sich demnach die Frage der Verlustverrechnung bei dem übernehmenden Rechtsträger insoweit nicht stellt. Betroffen sind nur Verluste und ähnliche Besteuerungsgrundlagen, die der übertragende Rechtsträger während des Rückwirkungszeitraums erleidet und bereits dem übernehmenden Rechtsträger zuzurechnen sind. Soweit der übernehmende Rechtsträger im Ausland ansässig ist, gilt die Vorschrift naturgemäß für grenzüberschreitende Umwandlungen nicht.[1]

 

Rz. 161a

Die Formulierung des Gesetzes ist unglücklich[2], weil die übertragende Körperschaft im Rückwirkungszeitraum steuerlich nicht mehr existiert, mithin auch keine Einkünfte erzielen kann. Der Zweck des Gesetzes ist aber hinreichend klar, sodass die Vorschrift ausgelegt werden kann. Gemeint sind die negativen Einkünfte, die die übertragende Körperschaft zivilrechtlich während des Rückwirkungszeitraums erzielt, die aber steuerlich bereits dem übernehmenden Rechtsträger zugerechnet werden. Es handelt sich also um die laufenden Verluste des übertragenden Rechtsträgers in dem Rückwirkungszeitraum.[3]

 

Rz. 161b

Es ist die Frage aufgeworfen worden, ob § 2 Abs. 4 UmwStG die Verlustverrechnung auf der Ebene des übernehmenden Rechtsträgers ausschließt, oder nur auf der des übertragenden Rechtsträgers.[4] Der Gesetzestext erwähnt nur den übertragenden Rechtsträger, nicht den übernehmenden Rechtsträger. Allerdings kann daraus nicht geschlossen werden, dass die Rechtswirkungen auf die Ebene des übertragenden Rechtsträgers beschränkt sind. Die Erwähnung des übertragenden Rechtsträgers bezieht sich lediglich darauf, aus wessen Bereich die Verluste, die nicht ausgeglichen werden dürfen, stammen. Damit ist lediglich gesagt, dass Verluste des übernehmenden Rechtsträgers von der Verlustabzugsbeschränkung nicht betroffen sind. Hinsichtlich der Rechtsfolgen ist die Vorschrift neutral formuliert, d. h. ohne Bezug auf den übertragenden Rechtsträger. Nach dem Wortlaut der Vorschrift ist der Ausgleich oder die Verrechnung der Verluste ausgeschlossen, und zwar unabhängig davon, ob dies auf der Ebene des übertragenden oder des übernehmenden Rechtsträgers erfolgt. Da die Verluste während des Rückwirkungszeitraums aber bereits dem übernehmenden Rechtsträger zugerechnet werden, kann nur die Verlustverrechnung bei dem übernehmenden Rechtsträger gemeint sein. Die Vorschrift wäre bei einer Beschränkung auf die Ebene des übertragenden Rechtsträgers gegenstandslos.

 
Praxis-Beispiel

Die A-AG erwirbt zum 1.7.01 sämtliche Anteile an der X-GmbH. Die X-GmbH wird durch Beschluss v. 15.7.01 rückwirkend auf den 31.12.00 auf die A-AG unter Ansatz der gemeinen Werte umgewandelt. Die Umwandlung wird am 1.10.01 in das Handelsregister eingetragen. Zivilrechtlich erleidet die X-GmbH bis zum 1.7.01 Verluste i. H. v. 2 Mio. EUR, bis zum 1.10.01 weitere Verluste i. H. v. 1 Mio. EUR.

Der Übertragungsgewinn der X-GmbH entsteht auf den 31.12.00 und ist bei ihr zu versteuern (und nicht der A-AG zuzurechnen). Die Verluste des Jahres 01 sind steuerlich in vollem Umfang der A-AG, nicht der X-GmbH zuzurechnen, sodass sich die Frage des Ausgleichs des Übertragungsgewinns mit den laufenden Verlusten wegen Verschiedenheit der Rechtsträger nicht stellt.

Die Verluste, die in der Zeit v. 1.7.01 bis zum 1.10.01 entstanden sind, sind bei dem übernehmenden Rechtsträger ohne Einschränkung ausgleichsfähig, weil sie nach dem schädlichen Beteiligungserwerb entstanden sind, die Rückwirkungsfiktion mithin nicht zu einer Ausweitung der Verlustverrechnung geführt hat. Die Verrechnung der Verluste des Zeitraums v. 1.1. bis 30.6.01 durch den übernehmenden Rechtsträger ist nach § 2 Abs. 4 S. 2 UmwStG ausgeschlossen, weil eine solche Verrechnung nur aufgrund der Rückwirkungsfiktion möglich wäre.

 

Rz. 161c

Auch wenn man S. 2 diese Auslegung zugrunde legt und die Rechtswirkungen auf die Ebene des übernehmenden Rechtsträgers verlegt, bleiben Zweifel an der Bedeutung der Vorschrift. S. 2 bestimmt nämlich, dass S. 1 entsprechend gilt. S. 1 schließt aber nur die Verrechnung der Verluste mit einem Übertragungsgewinn aus. Der Ü...

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