Rz. 149

Poolvereinbarungen zwischen den Gesellschaftern von Kapitalgesellschaften[1] sind von den Gesellschaftsverträgen von qualifizierten Familiengesellschaften[2] zu unterscheiden.

 

Rz. 150

In beiden Fällen geht es um eine gewisse Bindung des unternehmerischen Vermögens, die u. a. durch eine Beschränkung der Verfügungsmöglichkeiten über die Anteile an der Gesellschaft erreicht werden soll. Gleichwohl sind Inhalt und Zielsetzung völlig verschieden.

 

Rz. 151

Poolvereinbarungen betreffen nur Kapitalgesellschaften, nicht auch Personengesellschaften. Poolvereinbarungen werden i. d. R. nicht von allen, sondern nur von einzelnen Gesellschaftern abgeschlossen. Die Poolvereinbarung ist meist nicht Teil des Gesellschaftsvertrags, sondern erfolgt gesondert und außerhalb des Gesellschaftsvertrags. Die Poolvereinbarung setzt sowohl eine Verfügungsbeschränkung als auch eine Stimmrechtsbindung voraus. Rechtsfolge der Poolvereinbarung ist die Zusammenrechnung der Anteile für Zwecke der Erbschaftsteuer, um die Mindestbeteiligung von mehr als 25 % zu erreichen.

 

Rz. 152

Der Vorab-Abschlag von bis zu 30 % für den Erwerb von Anteilen an qualifizierten Familiengesellschaften erfordert gewisse Entnahme-, Verfügungs- und Abfindungsbeschränkungen im Gesellschaftsvertrag. Der Vorab-Abschlag gilt für alle Gesellschaften und ist nicht auf Kapitalgesellschaften beschränkt. Die Entnahme-, Verfügungs- und Abfindungsbeschränkungen müssen im Gesellschaftsvertrag selbst vereinbart sein; eine Regelung außerhalb des Gesellschaftsvertrags (z. B. in einer Poolvereinbarung) genügt nicht. Poolvereinbarung und Gesellschaftsvertrag sind somit regelmäßig verschiedene Dokumente. Für den Vorab-Abschlag ist im Unterschied zur Poolvereinbarung keine Beschränkung der Stimmrechte erforderlich. Umgekehrt verlangt der Vorab-Abschlag neben der Verfügungsbeschränkung auch Beschränkungen der Gewinnentnahmen sowie der Abfindung ausscheidender Gesellschafter; für eine Poolvereinbarung ist beides dagegen ohne Bedeutung.

 

Rz. 153

Interessant ist, dass sich auch die erforderliche Verfügungsbeschränkung in beiden Fällen unterscheidet: Bei der Poolvereinbarung kommt es vor allem auf die Einheitlichkeit der Verfügung an; bei dem Vorab-Abschlag muss die Verfügung auf Mitgesellschafter, Angehörige oder Familienstiftungen beschränkt sein.

 

Rz. 154

Erhebliche Unterschiede zwischen beiden Verschonungsregelungen bestehen auch bei den Fristen. Bei der Poolvereinbarung besteht keinerlei Vorlauffrist; die Poolvereinbarung ist mit ihrem Abschluss sofort wirksam und steuerlich anzuerkennen. Dagegen gilt für den Vorab-Abschlag eine Vorlauffrist von 2 Jahren. Die Beschränkungen müssen mindestens 2 Jahre vor der Entstehung der Steuer bestanden haben, bevor sie zu einem steuerlichen Abschlag führen. Für die Poolvereinbarung gilt die allgemeine Behaltefrist von 5 bzw. 7 Jahren.[3] Bei Verstößen kommt es zu einer zeitanteiligen Nachversteuerung.[4] Für den Vorab-Abschlag gilt dagegen stets eine Nachsteuerfrist von 20 Jahren. Verstöße führen immer zum vollständigen (nicht nur anteiligen) Wegfall des Vorab-Abschlags.

 

Rz. 155

Beide Verschonungsmodelle betreffen vor allem Familienunternehmen, beruhen aber nicht auf einer gemeinsamen Grundkonzeption. Eine Begründung für die inhaltlichen Unterschiede findet sich in den Gesetzesmaterialien nicht. Auffällig ist vor allem die unterschiedliche Behandlung von Verfügungsbeschränkungen: bei der Bewertung werden die Verfügungsbeschränkungen nicht berücksichtigt[5], bei der Bestimmung des begünstigungsfähigen Vermögens haben sie bei Kapitalgesellschaften eine rechnerische Zusammenrechnung der Anteile zur Folge[6], bei der Verschonung sind sie Voraussetzung für die Gewährung eines besonderen Abschlags.[7]

 

Rz. 156

einstweilen frei

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