Entscheidungsstichwort (Thema)

Zinsloses Darlehen zur Nachlasssanierung als freigebige Zuwendung

 

Leitsatz (redaktionell)

Die in der Gewährung eines zinslosen Darlehens liegende Kapitalnutzungsmöglichkeit kann eine freigebige Zuwendung i. S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG sein.

 

Normenkette

EStG § 7 Abs. 1 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 20.09.2010; Aktenzeichen II B 7/10)

 

Tatbestand

Strittig ist, ob eine freigebige Zuwendung in Form einer unentgeltlichen Kapitalüberlassung vorliegt, wenn der Sohn als Nacherbe seiner Mutter als Vorerbin ein zinsloses Darlehen zur Nachlasssanierung gewährt hat, und ob eine Neuberechnung des Zinsvorteils wegen zwischenzeitlicher Rückzahlung des Darlehens vorzunehmen ist.

Laut Erbschein des Amtsgerichts D vom 14. Mai 1999 (Bl. 8 Schenkungsteuerakte 484/3186/7) ist die Klägerin alleinige, befreite Vorerbin ihres am 12. Oktober 1998 verstorbenen Ehemannes Dr. M. B.; Nacherben sind die beiden Söhne N (geboren am 5. November 1976; Bl. 1 Schenkungsteuerakte 484/13084/7) und P (geboren am 15. September 1980; Bl. 1 Schenkungsteuerakte 484/13084/7). Eigenen Angaben der Klägerin zufolge hatte der Nachlass einen Bruttoverkehrswert in Höhe von insgesamt 9.201.313 DM (Bl. 14/15 Schenkungsteuerakte 484/13084/7) und setzte sich im Einzelnen aus folgenden Vermögensgegenständen zusammen (Bl. 16 Schenkungsteuerakte 484/13084/7): 7.546.894 DM Grundstücke + 165.000 DM Kunstgegenstände/Schmucksachen/Gold- und Silbersachen + 86.060 DM Einrichtungsgegenstände + 14.635 DM Bankguthaben/Bargeld + 522.988 DM Forderungen gegenüber Weingut B GbR + 583.860 DM Verkauf Bauplätze + 281.876 DM Forderungen gegenüber Versicherungen. Die Nachlassschulden vor Abzug von Pflichtteilsansprüchen bezifferte die Klägerin auf 3.667.455 DM (Bl. 14 Schenkungsteuerakte 484/13084/7).

In ihrer Erbschaftsteuererklärung vom 7. Juli 1999 (Auszug Bl. 9/10 Schenkungsteuerakte 484/13084/7) gab die Klägerin weiterhin an, dass jeder Sohn seinen Pflichtteilsanspruch geltend gemacht habe und zwar jeweils in Höhe von lediglich 473.075 DM. Wie sich aus dem notariell beurkundeten Übergabevertrag vom 5. Januar 1999 (Bl. 1-7 Schenkungsteuerakte 484/13084/7) und vom 18. Dezember 2002 (Bl. 18-24 Schenkungsteuerakte 484/13084/7) ergibt, wurde beiden Söhne zur Abgeltung ihrer Pflichtteilsansprüche Grundeigentum übertragen, dem Sohn N Grundeigentum mit einem Verkehrswert in Höhe von insgesamt 575.000 DM (275.000 DM Gebäude- und Freifläche R-Straße in H zu ½ + 300.000 DM Hof- und Gebäudefläche L-Straße in G; Bl. 28 Schenkungsteuerakte 484/13084/7) und dem Sohn P Grundeigentum mit einem Verkehrswert in Höhe von insgesamt 895.000 DM (=275.000 DM Gebäude- und Freifläche R-Straße in H zu ½ + 620.000 DM Hof- und Gebäudefläche B-Straße in G; Bl. 28 Schenkungsteuerakte 484/13084/7).

Am 23. April 2003 verkauften die beiden Söhne das ihnen je zur Hälfte gehörende Hausgrundstück H-Straße in N für 340.000 €. Der Kaufpreis war nach Ziffer III. des notariellen Kaufvertrages (Bl. 29-32 Schenkungsteuerakte 484/13084/7) auf das Konto bei der D Bank mit der Kontonummer ...375 zu zahlen. Kontoinhaberin dieses Kontos war nach den zu den Akten gereichten Unterlagen (Anlage K 9) die Klägerin. Den Kaufpreis in Höhe von 340.000 € stellten die beiden Söhne der Klägerin als Darlehen zur Verfügung. Der Darlehensvertrag vom 30. März 2003 (Bl. 35 Schenkungsteuerakte 484/13084/7) enthält weder eine Vereinbarung über eine Laufzeit noch eine Verzinsung. In der Zinslosigkeit des Darlehens sah der Beklagte eine freigebige Zuwendung der Söhne an die Klägerin. Am 1. Juli 2004 erließ er zwei entsprechende Schenkungsteuerbescheide (Bl. 54/55 Schenkungsteuerakte 484/13084/7 und Bl. 47/48 Schenkungsteuerakte 484/13084/9). Für das Darlehen, welches der Sohn N gewährte, setzte der Beklagte gegen die Klägerin Schenkungsteuer in Höhe von 15.260 € fest (Bl. 54 Schenkungsteuerakte (Bl. 54/55 Schenkungsteuerakte 484/13084/7). Dabei berücksichtigte er den sich aus der Darlehensgewährung ergebenden Zinsvorteil mit einem Steuerwert in Höhe von 86.955 €.

Gegen diesen Schenkungsteuerbescheid erhob die steuerlich beratene Klägerin mit Fax vom 3. August 2004 (Bl. 60-62 Schenkungsteuerakte 484/13084/7) Einspruch, den sie wie folgt begründete: Im Nachlass würden sich Beteiligungen an Immobilien in den neuen Bundesländern befinden, die der Erblasser zusammen mit ihr Anfang und Mitte der neunziger Jahre erworben hätte. Aus diesen Immobilien sei in den Jahren von 1999 bis 2002 eine Unterdeckung von insgesamt 1.189.037,80 € (= 695.487,75 € 1999 + 150.500,94 € 2000 + 173546, 99 € 2001 + 169.501,62 € 2002) erwirtschaftet worden. In dieser Zeit habe sie lediglich ein Einkommen aus den übrigen Einkommensquellen von 550.067 € zur Bestreitung der Lebenshaltung und zur Deckung der angesprochenen Dekkungslücke erzielt. Ohne Tilgungsaussetzungen der Bank wäre die Unterdekkung erheblich höher gewesen. Eine Insolvenz oder eine sonstige Zwangsverwertung des fast ausschließlich in Immobilien gebundenen Vermögens habe sie ...

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