Entscheidungsstichwort (Thema)
Entsorgungskosten bei Energiesparlampen
Leitsatz (redaktionell)
1) Ein Elektronikhändler darf für die Entsorgung von Energiesparlampen eine Rückstellung bilden, soweit eine Entsorgungspflicht nach dem Gesetz über das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die umweltverträgliche Entsorgung von Elektro- und Elektronikgeräten (ElektroG) besteht und soweit die in den Verkehr gebrachten Leuchtmittel der Stiftung "ear" gemeldet wurden.
2) Sind "Sonstige Rückstellungen" in den eingereichten Bilanzen und Erläuterungen zur Steuererklärung nicht gesondert aufgegliedert und stellt sich nachträglich heraus, dass hierunter auch neu gebildete Rückstellungen wegen öffentlichrechtlicher Verpflichtung für Entsorgungskosten bei Energiesparlampen sind, die der Höhe nach unzutreffend gebildet wurden, können die betreffenden Steuerbescheide wegen nachträglich bekannt gewordener Tatsachen gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geändert werden.
Normenkette
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 3a; AO § 173 Abs. 1 Nr. 1; HGB § 249 Abs. 1 S. 1; EStG § 5 Abs. 1 S. 1
Nachgehend
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob eine Rückstellung für Entsorgungskosten von Energiesparlampen gewinnmindernd zu bilden ist.
Die Klägerin betreibt einen Großhandel mit Geräten der Unterhaltungselektronik.
Für nach dem 13.08.2005 und für zu entsorgende früher in Verkehr gebrachte Elektro- und Elektronikgeräte legt das Gesetz über das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die umweltverträgliche Entsorgung von Elektro- und Elektronikgeräten (ElektroG) den Herstellern die Pflicht zur Abholung der gesammelten Altgeräte und ihrer Entsorgung auf.
Seit Anfang 2005 ist die Klägerin bei der Stiftung „ear” als Hersteller i.S.d ElektroG registriert. Die Stiftung ist die „Gemeinsame Stelle” der Hersteller gem. § 6 Abs. 1 Satz 1 ElektroG.
Die Stiftung „ear” ist vom Umweltbundesamt mit der Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben im Sinne des ElektroG betraut. Sie registriert die Hersteller von Elektronikgeräten und koordiniert die Bereitstellung von Sammelbehältern sowie die Abholung der Altgeräte.
Die Stiftung erlässt in Ausübung ihrer hoheitlichen Aufgaben unter anderem Abholanordnungen und Bereitstellungsanordnungen. Für diese Aufgaben stellt sie den Herstellern Gebühren in Rechnung.
Gemäß § 6 Abs. 3 ElektroG haben die Hersteller für Geräte, die ab dem 13.08.2005 in den Verkehr gebracht werden, eine Garantie für die Entsorgung zu leisten. Die Garantie kann durch Versicherung, Bankkonto etc. oder Teilnahme an der Finanzierung i.S.d. Vorfinanzierungsverfahrens geleistet werden. Für die Berechnung stehen dem Hersteller zwei Optionen zur Verfügung. Zum Einen kann er die Umlagefinanzierung nach § 14 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 ElektroG oder zum Anderen die Vorausfinanzierung gemäß § 14 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 ElektroG wählen.
Bei der Umlagefinanzierung wird als Bemessungsgrundlage für den Anteil des Herstellers an der Gesamt-Rücklaufmenge auf seinen Anteil an der Gesamtmenge der neu in den Verkehr gebrachten Geräte pro Geräteart abgestellt.
Bei der Vorausfinanzierung ist maßgebend der Anteil der eigenen Geräte des Herstellers an der Gesamt-Rücklaufmenge pro Geräteart.
Der Garantiebetrag ergibt sich aus der Registrierungsgrundmenge (t) × voraussichtliche Rücklaufquote (%) × voraussichtliche Entsorgungskosten (€/t).
Für die Streitjahre 2007-2009 veranlagte der Beklagte die Klägerin zur Körperschaftsteuer und zum Gewerbesteuermessbetrag zunächst erklärungsgemäß. Die Bescheide ergingen für die Veranlagungszeiträume 2007 und 2008 endgültig und für den Veranlagungszeitraum 2009 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Zur Körperschaftsteuerveranlagung 2008 wurde in einem Vermerk der Qualitätssicherungsstelle vom 14.09.2009 die Überprüfung der sonstigen Rückstellungen in Höhe von 920.351 € angeregt. Eine Überprüfung im Veranlagungsverfahren erfolgte nach Aktenlage jedoch nicht.
Die Bilanzen weisen als Rückstellungen zum einen Steuerrückstellungen und sonstige Rückstellungen aus. Die sonstigen Rückstellungen sind aufgegliedert in Rückstellungen für Personalkosten, sonstige Rückstellungen, Rückstellungen für Gewährleistungen und Rückstellungen für Abschluss und Prüfung.
Das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung C führte bei der Klägerin für die Streitjahre 2007-2009 eine Außenprüfung durch und stellte dabei fest, dass die Klägerin in den Jahren 2005 ff. eine Rückstellung für Entsorgungskosten von Energiesparlampen gebildet hatte.
Die Höhe der Rückstellung hatte die Klägerin mit folgenden Beträgen errechnet:
31.12.2007: 85.707 €
31.12.2008: 106.279 €
31.12.2009: 138.868 €
Nach der Auffassung des Außenprüfers war die Rückstellung bereits dem Grunde nach steuerlich nicht zu berücksichtigen. Er vertrat dazu die Auffassung, dass eine öffentlichrechtliche Verpflichtung erst bei hinreichender Konkretisierung zur Bildung einer Rückstellung berechtige. An einer solchen Konkretisierung fehle es, da noch keine behördliche Anordnung ergangen sei. Das ElektroG selbst schreibe innerhalb ...