Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewerbliche Einkünfte aus Hygieneberatungsbüro

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Einkünfte aus Hygieneleistungen und -beratungen für Krankenhäuser und Altenheime sind gewerbliche Einkünfte.

2) Eine dem Krankengymnasten ähnliche Tätigkeit kann ohne Ausführung heilkundlicher Leistungen nicht angenommen werden.

 

Normenkette

EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1, § 15 Abs. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 06.09.2006; Aktenzeichen XI R 64/05)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin (Klin.) eine gewerbliche oder eine freiberufliche Tätigkeit ausübt.

Die Klin. betreibt in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ein Hygieneberatungsbüro. Die beiden Gesellschafter der Klin. sind examinierte Krankenpfleger, welche eine Fachweiterbildung zum Fachkrankenpfleger für Krankenhaushygiene mit staatlicher Abschlussprüfung absolviert haben. Die Gesellschaft erbringt Hygieneleistungen und -beratungen für Krankenhäuser und Altenheime.

In den Erklärungen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung erklärte die GbR in den Streitjahren 1999 und 2000 Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 184.702 DM (1999) und 210.960 DM (2000). Der Bekl. folgte den Angaben der Klin. zunächst und erließ am 14.02. und 07.05.2002 entsprechende Feststellungsbescheide, welche unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergingen.

Ab Mitte Juni 2002 führte der Bekl. eine Betriebsprüfung (Bp) bei der Klin. durch, bei welcher u. a. eine Tätigkeitsbeschreibung des Gesellschafters D vorgelegt worden ist. Danach werden Krankenhäuser und Altenpflegeheime von der Gesellschaft in allen Fragen der angewandten Krankenhaushygiene beraten. Es werden individuelle Desinfektions- und Hygienepläne erstellt und deren Einhaltung stichprobenweise überwacht. Zu den Aufgaben gehört danach auch die Beratung und die Aufklärung von Mitarbeitern und Patienten im Falle des Auftretens ansteckender Krankheiten. Therapiedauer und Isolationsmaßnahmen werden, zum Teil auch in Abstimmung mit den behandelnden Ärzten, festgelegt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Tätigkeitsbeschreibung in der Anlage 1 zum Bp-Bericht vom 05.08.2002 Bezug genommen.

Nach einem in den Akten befindlichen Vertragsvordruck, den die Klin. ihren Vertragsverhältnissen zu Grunde legt, wird von der Klin. die Beratung und Betreuung des Krankenhauses durch eine Hygienefachkraft geschuldet. Zu den Tätigkeiten der Hygienefachkraft gehört danach u. a. die beobachtende, beratende und analysierende Tätigkeit im Krankenhaus, die Mitwirkung bei der Einhaltung der Regeln der Krankenhaushygiene, Unterrichtung der Ärzte und des Pflegepersonals über Verdachtsfälle sowie die Schulung und Fortbildung des Personals. Wegen der Einzelheiten wird auf den Vertragsentwurf in der Vertragsakte des Bekl. verwiesen.

Der Betriebsprüfer kam zu dem Ergebnis, dass die Tätigkeit der Klin. die Voraussetzungen für die Anerkennung als freiberufliche Tätigkeit nicht erfüllt, so dass nach seiner Ansicht gewerbliche Einkünfte gemäß § 15 Einkommensteuergesetz (EStG) vorlagen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bp-Bericht vom 05.08.2002 Bezug genommen.

Im Anschluss an die Bp erließ der Bekl. entsprechend geänderte Feststellungsbescheide (07.08.2002) sowie erstmalige Gewerbesteuer (GewSt)-Messbescheide für die Streitjahre 1999 und 2000.

Im Anschluss daran wurde ein Einspruchsverfahren durchgeführt, welches ohne Erfolg blieb (Einspruchsentscheidungen – EEen – vom 20.06.2003).

In der EE stellte der Bekl. entscheidend darauf ab, dass kein einem Katalogberuf des § 18 EStG ähnlicher Beruf vorliege. Es fehle an der Vergleichbarkeit der die Ausübung eines Heilberufs charakterisierenden Maßnahmen der Ausbildung und Berufsausübung. Nach der Tätigkeitsbeschreibung liege keine unmittelbare Arbeit am oder mit dem Patienten vor; vielmehr werde eine planerische, organisatorische und beratende Tätigkeit ausgeübt. Diese komme zwar letztlich auch dem Patienten zu Gute, stelle sich aber nur als untergeordnete und unterstützende Tätigkeit für den die Heilbehandlung durchführenden Arzt dar. Nur zu diesem stehe der Patient in einem therapeutischen Verhältnis.

Mit der am 21.07.2003 erhobenen Klage verfolgt die Klin. ihr Begehren weiter.

Zur Begründung trägt sie vor, dass ihre Tätigkeit, die darin bestünde, die Hygienemaßnahmen der betreffenden Einrichtungen zu analysieren und die Einrichtungen planerisch, logistisch und praktisch zu unterstützen, als freiberuflich einzustufen sei. Bei der Abgrenzung der freiberuflichen zur gewerblichen Tätigkeit sei insbesondere der Wandel des Berufsbildes für Krankenschwestern/Krankenpflegern bei der Bestimmung der Freiberuflichkeit zu berücksichtigen. Vom Bundesfinanzhof (BFH) werde anerkannt, dass das Berufsbild der freien Berufe einem Wandel unterliege und auch jenseits einer gesetzlichen Regelung neue freie Berufe entstehen könnten.

Die Themen Hygiene und Krankenhaushygiene gehörten seit den 60-er Jahren zur Berufsausbildung von Ärzten und Krankenpflegern. Die Erkenntnis, dass...

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