Entscheidungsstichwort (Thema)
Privates Veräußerungsgeschäft. Anwachsung als Anschaffungsvorgang. (teil)entgeltlicher Anschaffungsvorgang
Leitsatz (redaktionell)
1. Regelungsgegenstand eines Feststellungsbescheids sind die einzelnen gesondert festgestellten Besteuerungsgrundlagen, die jeweils selbstständiger Gegenstand eines Klageverfahrens sein können.
2. Zeitpunkt der Anschaffung eines Gesellschaftsanteils bei aufschiebend bzw. auflösend bedingtem Rechtsgeschäft; Vorliegen einer Potestativbedingung.
3. Die Anwachsung eines Gesellschaftsanteils bei den verbleibenden Gesellschaftern ist als Anschaffungsvorgang i. S. d. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG zu beurteilen.
4. Für die Frage der Teilentgeltlichkeit der Anschaffung eines Gesellschaftsanteils im Wege der Anwachsung ist nicht allein ausschlaggebend, ob die an den ausscheidenden Gesellschafter zu zahlende Abfindung dem Verkehrswert des Gesellschaftsanteils zum Ausscheidenszeitpunkt entspricht.
Normenkette
EStG § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 22 Nr. 2
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob und ggf. in welcher Höhe aufgrund der Veräußerung des im Gesamthandsei-gentum der Gesellschafter der Klägerin stehenden Anwesens in D (Anwesen) ein zu versteuernder Überschuss aus einem privaten Veräußerungsgeschäft i.S.d. § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung (EStG) entstanden ist.
Mit notariell beurkundetem Übertragungsvertrag vom 22. Dezember 1995 übertrug die am 10. April 2001 verstorbene E im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unter Nießbrauchsvorbehalt schenkweise das Anwesen und zwei weitere Grundstücke auf ihre alleinigen Kinder PR, P, J und M zur gesamten Hand als Gesellschafter der Klägerin.
Die Klägerin war durch die Kinder mit notariell beurkundetem Gesellschaftsvertrag vom 22. Dezember 1995 (Gesellschaftsvertrag) gegründet worden. Gegenstand der Gesellschaft war die Verwaltung und Vermietung des von E übertragenen Grundbesitzes. Die Gesellschaft sollte zunächst bis zum 31. Dezember 2003 geschlossen sein und sich dann jeweils um drei Jahre verlängern. Eine Kündigung oder Auflösung der Gesellschaft zu Lebzeiten von E war ausgeschlossen. Am Vermögen und Ergebnis der Klägerin waren die Kinder gemäß § 9 des Gesellschaftsvertrags jeweils zu 25 v.H. beteiligt. Gemäß § 4 und § 12 des Gesellschaftsvertrags sollte ein Gesellschafter aus der Gesellschaft unter Fortbestand des Gesellschaftsverhältnisses unter den übrigen Gesellschaftern ausscheiden, wenn er die Gesellschaft kündigt, wenn über sein Vermögen das Konkursverfahren oder ein gerichtliches Vergleichsverfahren eröffnet bzw. mangels Masse nicht eröffnet wird, wenn er seine Zahlungen einstellt, wenn sein Gesellschaftsanteil wirksam gepfändet und die Pfändung nicht binnen drei Monaten wieder aufgehoben wird, er mit der Erfüllung seiner Verpflichtungen in Verzug gerät, wenn E den Widerruf der Schenkung erklärt, oder der Gesellschafter mit E nicht in gerader Linie verwandt oder „verschwägert (= Ehegatte)” ist. Für diese Fälle sollte der Anteil des ausscheidenden Gesellschafters den verbleibenden Gesellschaftern im Verhältnis ihrer Beteiligung am Gesellschaftsvermögen und Gesellschaftsergebnis zuwachsen, es sei denn, dass die Gesellschafterversammlung unter Ausschluss des ausscheidenden Gesellschafters einstimmig etwas Abweichendes beschließt. Durch den Tod eines Gesellschafters sollte die Gesellschaft vorbehaltlich eines einstimmigen Beschlusses der verbleibenden Gesellschafter nicht aufgelöst werden. Nach § 14 des Gesellschaftsvertrags war in allen Fällen, in denen nach den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags oder kraft gesetzlicher Vorschriften ein Gesellschafter ausscheidet, eine Abfindung zu bezahlen. Diese sollte wertmäßig dem Bruchteil des Vermögens der Gesellschaft entsprechen, der quotenmäßig seiner Beteiligung am Vermögen und am Ergebnis gemäß § 9 entspricht. Als Vermögen der Gesellschaft sollte – außer im Falle des Widerrufs der Schenkung durch E – unwiderleglich das Zwölffache der tatsächlichen Netto-Jahresmiet- und pachterträge aus den Immobilien der Gesellschaft gelten, wobei im Entwurf des Notarvertrags zunächst lediglich das Neunfache der tatsächlichen Netto-Jahresmiet- und pachterträge aus den Immobilien der Gesellschaft vorgesehen gewesen war. Maßgeblich für die Berechnung sollte das letzte Kalenderjahr vor dem Ausscheiden sein.
Die zwei weiteren übertragenen Grundstücke wurden in den Jahren 1998 und 2000 veräußert.
Mit notariell beurkundetem Übertragungsvertrag vom 24. Oktober 2005 (Übertragungsvertrag) übertrug PR seinen Anteil an der Klägerin an seine Söhne PP und MR, behielt sich jedoch ein lebenslanges und unentgeltliches Nießbrauchsrecht an dem Gesellschaftsanteil vor. Auf die Regelungen des Übertragungsvertrags im Einzelnen wird Bezug genommen.
Nachdem der Gesellschaftsanteil des P mit Pfändungs- und...