rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Verlangen nach Abgabe der eidesstattlichen. Versicherung gemäß § 284 AO

 

Tenor

1. Die Aufforderung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung vom 29. August 1996 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 10. Dezember 1996 werden aufgehoben.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt das Finanzamt.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

Fraglich ist die Rechtmäßigkeit einer Aufforderung zu einer eidesstattlichen Versicherung.

I.

Der nach eigener Angabe 76 Jahre alte Kläger schuldete nach Aktenlage dem Finanzamt am 29. August 1996 Steuern und Aussetzungszinsen i.H.v. insgesamt 362 539,50 DM, zum Zeitpunkt der in der vorliegenden Sache ergangenen Einspruchsentscheidung 367 231,16 DM. Nach Aktenlage hat die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen nicht zu einer vollständigen Befriedigung des Finanzamts geführt bzw. verspricht keinen Erfolg (Bl. 1 Vollstr-A).

Das Finanzamt forderte im Vollstreckungsverfahren den Kläger mit Schreiben vom 29. August 1996 auf, am 24. September 1996 ein Verzeichnis seines Vermögens vorzulegen und an Eides statt zu versichern, die von ihm verlangten Angaben nach bestem Wissen und Gewissen gemacht zu haben. Wegen der Einzelheiten wird auf das betreffende Vordruckschreiben (Vollstr 150 Neu, Bl. 1 Vollstr-A) Bezug genommen. Der Aufforderung war ein Formular Vollstr 151 Vermögensverzeichnis beigefügt, das unter den Tz. 32 bis 34 zu entgeltlichen bzw. unentgeltlichen Veräußerungen bzw. Verfügungen folgenden vorgedruckten Fragetext (Auszug) enthält: „Haben Sie seit Beginn des letzten (vorletzten) Jahres vor dem ersten Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung … veräußert (verfügt)?”

Im Zuge des hierauf gegen die Aufforderung angestrengten Einspruchsverfahrens (Einspruchseinlegung „hilfsweise und höchst vorsorglich”, s. Bl. 4 Vollstr-A) verlegte das Finanzamt den Termin auf den 6. November 1996. In diesem Termin legte der Kläger zwar ein ausgefülltes Formular über seine Vermögensverhältnisse vor (Bl. 10 ff. Vollstr-A), verweigerte aber die eidesstattliche Versicherung.

Mit Einspruchsentscheidung vom 10. Dezember 1996 wies das Finanzamt den gegen die Aufforderung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung eingelegten Einspruch als unbegründet zurück. Es sei gemäß § 284 Abs. 2 AO zu einer entsprechenden Aufforderung befugt gewesen. Der Kläger sei zur Abgabe der Versicherung verpflichtet, da bei einer Zwangsvollstreckung in das bestehende Vermögen anzunehmen sei, daß eine vollständige Befriedigung nicht zu erlangen sein werde. Die Entscheidung des Finanzamts sei auch ermessensgerecht. Das Finanzamt verfüge über keine eigenen zuverlässigen und sicheren Erkenntnisse von den Vermögensverhältnissen des Klägers. Dieser habe in der Vergangenheit über sehr hohe Einnahmen aus seiner selbständigen Tätigkeit verfügt. Die Vermögensverhältnisse seien entsprechend komplex gewesen. Der Hinweis des Klägers auf seine Verluste gegen Ende seiner Tätigkeit könne nicht ohne weiteres zur Plausibilität seiner jetzigen Vermögenslösigkeit führen. Zudem sei eine angebotene Vermögensentwicklung vom Kläger nicht vorgelegt worden. Diese könne von der vorgelegten Einkommensentwicklung, die noch dazu unvollkommen sei, nicht ersetzt werden. Da Abtretungen an Frau S. vorlägen, die dem Finanzamt die Berechtigung nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 AnfG vermittelt hätten, könnten weitere entsprechende Abtretungen vorliegen. Mißtrauen gegen die Angaben des Klägers seien auch aus seiner Person heraus begründet. Er sei mit Urteil des Amtsgerichts M. vom 28. März 1996 wegen Steuerhinterziehung in Tatmehrheit mit Urkundenfälschung zu einer Gesamtgeldstrafe von 120 Tagessätzen zu 70 DM verurteilt worden.

Der Kläger begründet seine rechtzeitig erhobene Klage im wesentlichen wie folgt:

Für die vom Finanzamt verlangte eidesstattliche Erklärung gebe es keine gesetzliche Grundlage. Die Bezeichnung der anfechtbaren Geschäfte unter den Nummern 32, 33 und 34 des vom Finanzamt vorgelegten Formulars „Vollstr 151” weiche eindeutig und entscheidend von der Formulierung in § 284 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 bis 3 ab. Der „erste zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung anberaumte Termin” (§ 284 Abs. Satz 2 Nr. 1 AO) sei der 24. September 1996 gewesen. Nach der gesetzlichen Vorschrift müsse der Kläger also alle Veräußerungen angeben, die er seit dem 24. September 1995 getätigt habe. Nach der Formulierung des Finanzamts („Seit Beginn des letzten Jahres”) wären hiervon aber alle Veräußerungen seit dem 1. Januar 1995 betroffen. Entsprechendes gelte für die Nrn. 2 und 3 aus § 284 Abs. 1 Satz 2 AO bzw. die davon abweichenden Fragen 33 und 34 des Formulars.

Im übrigen habe das Finanzamt sein Ermessen unzutreffend ausgeübt bzw. den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Einsatz des jewei...

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