Entscheidungsstichwort (Thema)

Einheitliche Verlustfeststellung für atypisch stille Gesellschafter der Euro Kapitalbeteiligungs-AG (EKAG)

 

Leitsatz (amtlich)

Zivilrechtlich handelt es sich nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft auch dann um atypisch stille Gesellschafter, wenn diese so behandelt wurden, ohne dass die Hauptversammlung der AG ihrem Beteiligungsvertrag zugestimmt hat und ohne dass dieser als Teil-Gewinnabführungsvertrag im Handelsregister eingetragen ist.

Steuerrechtlich sind die atypisch stillen Gesellschafter keine Mitunternehmer und fehlt es für ihr Mitunternehmerrisiko an der laufenden Ergebnisbeteiligung bei automatisch zugewiesenen festen Garantiegewinnen für die Folgejahre.

Die den zwar atypisch aber nicht mitunternehmerisch stillen Gesellschaftern im Beitrittsjahr zugewiesenen Verluste sind nach Bejahung der Einkünfteerzielungsabsicht bei den Einkünften aus Kapitalvermögen im Jahr der Verbuchung zu berücksichtigen; sie sind steuerlich der Höhe nach bei unzulässiger Rückbeziehung zu reduzieren (hier auf 60 % der Einlage).

Nach dem im Bundesanzeiger und in Tageszeitungen veröffentlichten Beschluss zur Beiladungsbegrenzung erstreckt sich die Rechtskraft der Urteile auf alle atypisch stillen Gesellschafter, die gemäß diesem Beschluss die Beiladung zu den streitjahrbezogenen Klageverfahren hätten beantragen dürfen.

 

Normenkette

AktG §§ 291, 293-294; AO §§ 38, 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, Abs. 2; EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 20 Abs. 1 Nr. 4; FGO §§ 60a, 110; HGB § 230

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 23.12.2005; Aktenzeichen VIII B 61/05)

 

Tatbestand

I. SACHSTAND

1. Einleitung

Der Kläger ist der Euro Kapitalbeteiligungs-Aktiengesellschaft für Investitionen in Elektrizitätswerke und Umwelttechnik (EKAG) als atypisch stiller Gesellschafter beigetreten und begehrt die Berücksichtigung der ihm im Beitritts- und Streitjahr zugewiesenen Verluste in Höhe von 100% seiner Einlage, hilfsweise die Berücksichtigung des nicht anerkannten Teils der Verluste aus dem Beitrittsjahr im Folgejahr oder im Jahr der Konkurseröffnung 1997.

Streitig ist, ob oder inwieweit der Kläger nach seiner Beitrittserklärung als atypisch stiller Gesellschafter Mitunternehmer geworden ist, ob oder inwieweit er und die EKAG mit Gewinn(erzielungs)absicht handelten und ob oder inwieweit Verluste oder Aufwendungen wann wem zuzurechnen sind.

a) Insgesamt sind von 1990 bis 1996 atypisch stille und typisch stille Beteiligungen an der EKAG in jeweils vierstelliger Zahl geworben worden, weiterhin mittelbare Beteiligungen über die verbundenen Unternehmen (Handelsregister; Beklagten-Anlage -Anl. FA- III Rz. 11 ff; Betriebsprüfungs-Bericht A 8, Finanzamts-Akten -FA-A- EKAG 5). Die Einlagen von den atypisch stillen Gesellschaftern (Typ S) beliefen sich auf eine achtstellige Höhe; hinzu kamen die typisch stillen und die mittelbaren Beteiligungen (Finanzgerichts-Akte -FG-A- III 383/01 Bl. 249R).

b) Aktienrechtlich wurden die stillen Beteiligungen (§§ 230 ff Handelsgesetzbuch -HGB-) mit den darin geregelten Verlust- und Gewinnzuweisungen als Unternehmensverträge behandelt, mit denen Teilergebnisse abgeführt wurden (§ 291 ff Aktiengesetz -AktG-).

c) Aufgrund solcher Verlustzuweisungen an die jeweils neu eintretenden atypisch stillen Gesellschafter verrechnete die EKAG in ihren Jahresabschlüssen Verluste mit "Erträgen" aus neuen atypischen Einlagen (in 1990 sechsstelliger, in 1991-1996 je siebenstelliger Höhe). Mit dieser Methode wies die EKAG in ihren Bilanzen nicht die entsprechenden tatsächlich erwirtschafteten Verluste und 1990-1995 sogar Gewinne aus.

Auf diese Weise wurde den neu beigetretenen atypisch stillen Gesellschaftern von der EKAG unter der allseits verwendeten Bezeichnung "Verluste" tatsächlich der Großteil der verlustbringenden Aufwendungen zugewiesen (unten 7 a). Dabei wurden diese nicht mit den vergleichsweise geringen Erträgen saldiert, die die EKAG dann in ihrer eigenen Bilanz gewinnwirksam darstellte.

Diese Verfahrensweise entsprach dem Modell, das auch bei der Tochtergesellschaft Hanseatische Aktiengesellschaft Elektrizitätswerk- und Umwelttechnik (HAG) praktiziert wurde, dort allerdings in einem um ein Vielfaches größeren Umfang (Anl. FA XI; Senatsurteile vom 23. August 2004 in den Parallelsachen III 286/01 wegen 1996-1997, III 287/01 wegen 1995, III 288/01 wegen 1994, III 325/01 wegen 1993, III 471/01 wegen 1992, III 486/01 wegen 1991 und III 358/01 wegen 1990).

Die EKAG erstellte (ebenso wie die HAG) für sich und die atypisch stillen Gesellschafter keine konsolidierten Bilanzen oder Jahresabschlüsse, in denen die tatsächliche Höhe der erwirtschafteten Verluste mit den Einlagenverlusten der stillen Gesellschafter auszuweisen gewesen wären (Anl. FA III Rz. 77, 85.4, 99).

d) Mangels konsolidierter Abschlüsse war auch nicht ersichtlich, dass oder in welchem Umfang die Ausschüttung versprochener Mindestgewinne an die in den Vorjahren beigetretenen stillen Gesellschafter durch die neuen Einlagen finanziert wurde.

e) Die Verlustzuweis...

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