Entscheidungsstichwort (Thema)

Einmonatige Einspruchsfrist bei Fristbeginn im Februar

 

Leitsatz (amtlich)

Bei der Berechnung des Endes einer Monatsfrist bleibt die Anzahl der Monatstage unberücksichtigt.

Wird die Dauer der Monatsfrist mit einem Durchschnitt von 30 Tagen angenommen und auf eine im Februar begonnene Frist angewendet, so wäre es erforderlich, sich in diesem Fall nach der Richtigkeit dieser Rechtsansicht zu erkundigen.

Der Steuerpflichtige kann nicht auf die für ihn günstigste Auslegungsmöglichkeit vertrauen, sondern muss auch den für ihn ungünstigsten Fall berücksichtigen.

 

Normenkette

BGB §§ 187-188; AO §§ 110, 108, 355 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 09.05.2007; Aktenzeichen IX B 218/06)

 

Tatbestand

Unter den Beteiligten ist streitig, wie die Monatsfrist zur Einlegung eines Einspruchs gegen einen im kürzeren Monat Februar zugegangenen Bescheid zu berechnen ist.

Die Kläger legten mit Schreiben vom 27.03.2006 gegen die Einkommensteuerbescheide für 2003 und 2004 vom 21.02.2006, die auf geschätzten Besteuerungsgrundlagen beruhten, Einspruch ein. Sie machten jeweils Verluste bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend und kündigten die - am 03.04.2006 eingegangenen - Steuererklärungen in formellen Vordrucken an.

Mit Schreiben vom 12.04.2006 wies der Beklagte die Kläger darauf hin, dass Einsprüche gemäß § 355 Abs. 1 AO innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe einzulegen seien. Die Bekanntgabe der durch einfachen Brief zugesandten Bescheide gelte gemäß § 122 Abs. 2 AO mit dem dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bewirkt. Mit Ablauf des Tages, an dem der Bescheid bekannt gegeben werde, beginne gemäß § 108 Abs. 2 AO die Rechtsbehelfsfrist. Da die Bekanntgabe demnach am 24.02.2006 als bewirkt gelte, habe die Einspruchsfrist am 24.03.2006 geendet. Das am 27.03.2006 eingegangene Einspruchsschreiben sei verspätet. Gründe für eine Wiedereinsetzung, die auch nicht beantragt sei, seien nicht vorgetragen und nicht ersichtlich. Der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehende Bescheid für 2003 könne geändert werden, eine solche Möglichkeit bestehe für den ohne Vorbehalt ergangenen Bescheid für 2004 nicht.

Die Kläger beriefen sich mit Schreiben vom 20.04.2006 darauf, dass eine Monatsfrist im deutschen Sprachraum 30 Tage betrage. Deshalb sei die am 24.02.2006 begonnene Einspruchsfrist am 26.03.2006 abgelaufen und habe sich bis zum Montag, den 27.03.2006 verlängert. Wegen der Differenz der Berechnung um nur einen Werktag sei ein Minimum an Toleranz angebracht. Mit dem Schreiben, auf dessen Inhalt im Einzelnen Bezug genommen wird, beantragten die Kläger keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Mit Einspruchsentscheidung vom 26.04.2006 verwarf der Beklagte den Einspruch gegen den ESt-Bescheid 2004 aus den bereits genannten Gründen als unzulässig. Eine Wiedereinsetzung komme nicht in Betracht. Sie sei weder beantragt noch sei ein Sachverhalt vorgetragen, aus dem sich Gründe für eine Wiedereinsetzung ergäben. Auch aus dem Akteninhalt seien derartige Gründe nicht erkennbar.

Mit ihrer dagegen am 03.05.2006 eingereichten Klage wiederholen die Kläger ihre Argumentation, nach der die Monatsfrist am Sonntag, den 26.03.2006 ende. Der jeweilige Kalendermonat bei Beginn der Frist sei im Gesetzestext nicht benannt und dieser spreche auch nicht von 4 Wochen. Deshalb nähmen sie einen abstrakten Durchschnittsmonat von 30 Tagen in Anspruch (Meistbegünstigung). Für die Verkürzung der gesetzlich festgelegten Monatsfrist auf 28 Tage bei Einsprüchen im März gebe es keine Begründung. Die Ablehnung einer Wiedereinsetzung werde ebenfalls angefochten. Das sei schon wegen der Härte, die sich aus der Differenz zwischen dem geschätzten Bescheid und der Steuererklärung ergebe, geboten. Ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand werde vorbehalten.

Nach der Erwiderung des Beklagten vom 22.05.2006, dass bei der Fristberechnung kein Ermessensspielraum bestehe, rügten die Kläger mit Schreiben vom 08.06.2006 zusätzlich, dass der angefochtene Bescheid 2004 im Unterschied zu dem Bescheid 2003, der aufgrund der Steuererklärung geändert worden sei, ohne Vorankündigung vorbehaltlos ergangen sei. Eine Erklärung dafür sei nicht ersichtlich.

Einen bei dem Finanzgericht gestellten Antrag vom 30.05.2006 auf Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheides 2004 (Az.: 1 V 118/06) nahmen sie auf richterliche Anregung und dem Hinweis auf die ausdrückliche gesetzliche Regelung in § 188 BGB zur Bestimmung des Endes von Fristen mit Schriftsatz vom 19.06.2006 zurück.

Am gleichen Tag trugen sie im vorliegenden Verfahren wie folgt vor: "Zurück genommen wird die Klage hinsichtlich der Einspruchsfrist. Aufrecht erhalten wird die Klage gegen den im Einspruchsbescheid dargelegten Ausschluss einer möglichen Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand. Das Finanzamt verkehrt hier seine Beratungspflicht gegenüber dem Steuerpflichtigen in das Gegenteil. Aufrecht erhalten werde der Klagegrund der Nachprüfungsverweigerung bei einem geschätzten Steuerbesc...

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