Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachlasszugehörigkeit des Vermögens einer liechtensteinischen Stiftung

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Vermögen, das ein Erblasser in eine nach dem Recht des Fürstentums Liechtenstein errichtete Stiftung eingebracht hat, fällt bei dessen Tod noch in dessen Nachlass, wenn über das Vermögen nach dem abgeschlossenen Mandatsvertrag ausschließlich nach den Instruktionen des Erblassers verfügt werden darf und deshalb nicht von einer wirksam errichteten Stiftung ausgegangen werden kann (vgl. BFH-Urteil vom 28. Juni 2007 II R 21/05, BFHE 217, 254, BStBl II 2007, 669).
  2. Der Vorbehalt des ordre public gemäß Art. 6 EGBGB gebietet, der juristischen Existenz einer Stiftung die Anerkennung zu versagen, wenn der Hauptzweck für deren Errichtung die Begehung einer Steuerhinterziehung war (Urteil des Finanzgerichts Münster, vom 11. Dezember 2014 3 K 764/12 Erb, EFG 2015, 736; Az. des anhängigen Revisionsverfahren beim BFH: II R 9/15).
  3. Ob der Erbe auf Grund von Verfügungsbeschränkungen nach dem Erbfall gehindert ist, über das in die Stiftung eingebrachte Vermögen zu verfügen, ist erbschaftsteuerrechtlich unerheblich (BFH-Urteil vom 28. Juni 1995 II R 89/92, BFHE 178, 214, BStBl II 1995, 786).
 

Normenkette

ErbStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1, §§ 11, 12 Abs. 1; BewG § 9 Abs. 3; EGBGB Art. 6

 

Tatbestand

Die Klägerin ist die Ehefrau des Erblassers…A. Der Erblasser und die Klägerin setzten sich mit notariell beurkundetem Testament vom 4. Januar 1989 gegenseitig zu Erben des Erstversterbenden von ihnen ein.

Der Erblasser verfügte auf Grund seiner Tätigkeit als Vorstand einer Kapitalgesellschaft über Kapitalvermögen, das er gegenüber dem für seine Veranlagung zur Einkommensteuer zuständigen Finanzamt…nicht angegeben hatte. Stattdessen brachte er dieses Kapitalvermögen in eine mit Urkunde vom 13. Juni 1984 nach den Bestimmungen des Liechtensteinischen Personen- und Gesellschaftsrechts gegründete B (Stiftung) mit Sitz in Liechtenstein ein.

Nach den Beistatuten der Stiftung vom 21. März 2000 sollte deren alleiniger Erstbegünstigter Zeit seines Lebens der Erblasser sein. Nach dem Tod des Erblassers sollte die Klägerin als Zweitbegünstigte dergestalt in die Rechte des Erstbegünstigten eintreten, dass sie Anspruch auf sämtliche Erträge zuzüglich 10 % des Kapitals der Stiftung für Sonderausgaben („wie Krankheit”) haben sollte. Nach Art. 2 der Beistatuten sollten nach dem Ableben des Erblassers die „Unterschriftenvollmachten auf Banken zugunsten der Zweitbegünstigten” gelöscht werden. Nach dem Ableben der Klägerin soll gemäß Art. 3 der Beistatuten das Kapital der Stiftung unangetastet bleiben. Anfallende Zinserträge sollen den in der Liste aufgeführten Personen zu gleichen Teilen zustehen.

Der Erblasser schloss am 11. September 2001 mit der C-gesellschaft mit Sitz in Liechtenstein hinsichtlich der Stiftung einen Mandatsvertrag ab. Nach III. des Vertrags verpflichtete sich die beauftragte C-gesellschaft, das Mandat ausschließlich nach den Instruktionen des Erblassers auszuüben. Die C-gesellschaft sollte ohne Instruktionen des Erblassers weder ermächtigt noch berechtigt sein, selbständig zu handeln. Ferner verpflichtete sich die C-gesellschaft unter IV. des Vertrags, auf Verlangen des Erblassers oder einer von diesem ermächtigten Person ihr Mandat jederzeit niederzulegen. Unter IX. enthält der Mandatsvertrag folgende Regelung: „Frau…A…ist ebenfalls berechtigt, einzeln Weisungen an den Stiftungsrat zu erteilen”.

Nach § 4 der Statuten der Stiftung vom 28. Mai 2003 sollte der Zweck der Stiftung die wirtschaftliche Unterstützung einer oder mehrerer vom Stiftungsrat zu bestimmenden gemeinnützigen Organisationen, insbesondere Tierschutzorganisationen und bestimmte Epilepsiezentren in Europa sein. Nach § 15 der Statuten steht dem Stiftungsrat das Recht zu, die Stiftung jederzeit aufzulösen. Ein „allfälliger Liquidationserlös ist an die Begünstigten im Sinne der Bestimmungen der Statuten und Beistatuten auszubezahlen”.

Der Erblasser verstarb am 20. Juni 2003. Er wurde auf Grund des Testaments vom 4. Januar 1989 von der Klägerin allein beerbt.

Die Klägerin gab in ihrer am 16. Dezember 2003 beim beklagten Finanzamt abgegebenen Erbschaftsteuererklärung das in die Stiftung eingebrachte Kapitalvermögen nicht an. Stattdessen gab sie nur ein Guthaben bei der…Bank…von 4.668 € an. Das beklagte Finanzamt erließ deshalb einen Freistellungsbescheid vom 22. März 2004.

Die Klägerin erstattete am 31. Juli 2013 beim beklagten Finanzamt und beim Finanzamt…eine Selbstanzeige, mit der sie insbesondere das in die Stiftung eingebrachte Kapitalvermögen des Erblassers nacherklärte. Sie vertrat die Auffassung, dass sie von Todes wegen nur ein Bezugsrecht hinsichtlich der Erträge der Stiftung erworben habe, das auf der Grundlage der für die Jahre 2002 bis 2011 durchschnittlich erzielten Einkünfte aus dem Kapitalvermögen mit 5.268.289 € zu bewerten sei. Sie habe die Zahlung von 2.500.000 € an das Finanzamt…und von 2.400.000 € an das be...

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