Entscheidungsstichwort (Thema)
Abtretung von Vorsteuererstattungsansprüchen einer GbR. Gutglaubensschutz
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Zessionar ist nicht zu dem Rechtsstreit über die Wirksamkeit der an ihn erfolgten Abtretung beizuladen.
2. Für die Wirksamkeit einer Abtretung eines Vorsteuererstattungsanspruchs einer GbR ist das Einvernehmen aller Gesellschafter erforderlich, soweit in der Satzung der GbR keine Regelungen zur Geschäftsführung und Vertretung getroffen wurden. Auch die Abtretungsanzeige gegenüber dem Finanzamt muss von den zuständigen Vertretern der GbR erklärt werden.
3. Die Umsatzsteuerjahreserklärung ist kein Indiz für ein positives Wissen eines GbR-Gesellschafters bezüglich der Abtretung von Vorsteuererstattungsansprüchen.
4. Ein Gutglaubensschutz des Finanzamts nach § 46 Abs. 5 AO setzt voraus, dass von diesem die Wirksamkeit der Abtretungsanzeige geprüft wird. Dies umfasst die Prüfung, ob der angebliche Zedent wirksam bei der Abtretungsanzeige vertreten ist.
Normenkette
AO § 46 Abs. 1, 5, § 218 Abs. 2, § 226 Abs. 1; FGO § 60 Abs. 1; BGB §§ 398, 709, 714
Nachgehend
Tenor
1. Unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 25.02.2004 wird der Abrechnungsbescheid zur Umsatzsteuer vom 10.07.2003 geändert. Der Vorsteuererstattungsanspruch 1999 in Höhe von 351.815,18 EUR (688.090,69 DM) ist nicht durch Verrechnung mit Steuerschulden der Steuernummer xxx erloschen. Die Ermittlung der Restschuld / Guthaben wird dem Beklagten auferlegt.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR, hat die Klägerin in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruches Sicherheit zu leisten. Bei einem vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch bis zur Höhe von 1.500 EUR kann der Beklagte der vorläufigen Vollstreckung widersprechen, wenn die Klägerin nicht zuvor in Höhe des vollstreckbaren Kostenanspruchs Sicherheit geleistet hat, §§ 151 FGO i.V.m. 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
5. Die Hinzuziehung des Bevollmächtigten zum Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Tatbestand
Streitig ist die Rechtmäßigkeit des Abrechnungsbescheids zur Umsatzsteuer 1997 bis 2002.
Die Klägerin ist eine GbR, die aus den Gesellschaftern A und B bestand. Herr A war Alleininhaber der Spedition mit dem Namen „Spedition A GmbH & Co KG”. Er besaß die Anteile an der Komplementär GmbH und war zudem der einzige Kommanditist. Herr B war in der Spedition angestellt, er besaß Einzelprokura. Die A und B GbR wurde mit dem Ziel gegründet, das für den Betrieb der Spedition erforderliche Grundstück in X, O Str. 5 und 7 zu erwerben und für die Zwecke der Spedition zu bebauen; der entsprechende Grundstückskaufvertrag erfolgte am 20.12.1996. An der GbR war Herr A mit 9/10, im übrigen Herr B beteiligt. In den Statuten der Gesellschaft vom 21. 12.1996 sind nur einzelne Regelungen zum Gesellschaftsverhältnis getroffen worden. Eine Regelung zur Geschäftsführung und Vertretung erfolgte nicht. Auf die Statuten der GbR wird im Übrigen verwiesen (FG Akte Blatt 76).
Die wirtschaftliche Lage der Spedition verschlechterte sich zusehends, so dass am 1. Mai 2002 mit Beschluss des Amtsgerichts Y das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Im Zusammenhang mit der Insolvenz der Spedition trafen auch die Gesellschafter der GbR mit notariellem Vertrag vom 14. November 2003 umfangreiche Regelungen zur Auseinandersetzung des Vermögens der GbR. Der Gesellschafter B übernahm das Grundvermögen sowie die Verbindlichkeiten der GbR. In derselben notariellen Urkunde beschlossen die Gesellschafter, die GbR wegen Zweckerreichung aufzulösen. Im Einzelnen enthält der Vertrag folgende Regelungen:
f) „Mit den vorstehenden Auseinandersetzungsregelungen sind alle Ansprüche der Gesellschafter untereinander und gegenüber der Gesellschaft gesamtumfänglich abgegolten. Unter wechselseitiger Annahme verzichten die Gesellschafter A und B zur Klarstellung auf mögliche sonstige Ansprüche.
g) Herr A bevollmächtigt Herrn B unwiderruflich mit der Abwicklung sämtlicher evtl. noch nötiger Handlungen, die in den Geschäftsbereich der auseinandergesetzten BGB-Gesellschaft fallen. Die Vollmacht berechtigt auch zur Abgabe der Steuererklärungen. Vorsorglich verpflichten sich Gesellschafter A und B, Mitwirkungshandlungen, die infolge der Auflösung der Gesellschaft notwendig werden, zu erbringen.”
Auf die notarielle Urkunde wird im Übrigen verwiesen (FG Akte Bl. 5 ff).
Die Gesellschaft hatte aus der Bebauung des Grundstücks erhebliche Vorsteuererstattungsansprüche. Diese wurden ursprünglich von der Spedition A GmbH & Co KG im Rahmen deren Steuervoranmeldungen geltend gemacht. Im Rahmen der Erstellung der Bilanzen für die Spedition A GmbH & Co KG wurde dieser Fehler aufgedeckt und erstmalige Umsatzsteuervoranmeldungen für di...