Leitsatz (amtlich)

1. Die Inanspruchnahme der Investitionsprämie nach § 32 KohleG setzt kein positives Betriebsergebnis des Gewerbebetriebs voraus, für den in einem Steinkohlenbergbaugebiet eine Betriebstätte errichtet oder erweitert wird.

2. Der Begriff des Gewinnanteils i. S. von § 32 Abs. 5 KohleG umfaßt in gleicher Weise Anteile an positiven und negativen Betriebsergebnissen. Sind den Gesellschaftern einer Personengesellschaft teilweise positive Betriebsergebnisanteile (z. B. im Hinblick auf eine erhaltene Vorabvergütung) und teilweise negative Betriebsergebnisanteile zuzurechnen, so ist die Investitionsprämie demnach auch auf die Gesellschafter mit negativen Betriebsergebnisanteilen aufzuteilen.

 

Normenkette

KohleG § 32

 

Tatbestand

Streitig ist im Verfahren der einheitlichen Gewinnfeststellung 1970, wie die Investitionsprämie nach § 32 des Gesetzes zur Anpassung und Gesundung des deutschen Steinkohlenbergbaus und der deutschen Steinkohlenbergbaubetriebe vom 15. Mai 1968 - KohleG - (BGBl I 1968, 365, BStBl I 1968, 939) auf die Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft aufzuteilen ist, die insgesamt einen Verlust erlitten hat, bei der aber einem Gesellschafter im Hinblick auf die diesem Gesellschafter gewährte Vorabvergütungen steuerlich ein Gewinnanteil, allen übrigen Gesellschaftern hingegen Verlustanteile zuzurechnen sind.

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH & Co. KG, wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 25. Mai 1970 gegründet. Bei Abschluß des Gesellschaftsvertrags waren alleinige Gesellschafter der Klägerin die Firma B mbH als Komplementärin und die V mbH als Kommanditistin. Die Komplementärin leistete eine Einlage von 614 000 DM; das Kommanditkapital sollte 9 210 000 DM betragen. Die V mbH als Kommanditistin war berechtigt, ihren Kommanditanteil ganz oder teilweise an neueintretende Gesellschafter zu veräußern. Hiervon machte die V mbH Gebrauch. Demgemäß wurde das Kommanditkapital von 9 210 000 DM im Streitjahr 1970 von insgesamt 392 Kommanditisten mit Kommanditanteilen zwischen 5 000 DM und 100 000 DM gehalten; der Kommanditanteil der V mbH betrug 10 000 DM.

Der Gesellschaftsvertrag der Klägerin bestimmt, daß der (nach Abzug der der Komplementärin gebührenden Vorabvergütungen verbleibende) Jahresgewinn oder Verlust auf die Gesellschafter nach dem Verhältnis der übernommenen Einlagen (Festkapitalkonten) verteilt wird.

Die Klägerin errichtete in den Jahren 1970 bis 1972 in X ein Hotelhochhaus mit einem Kostenaufwand von insgesamt 36,5 Millionen DM. Der Bundesbeauftragte für den Steinkohlenbergbau und die Steinkohlenbergbaugebiete bescheinigte, daß die Voraussetzungen des § 32 Abs. 2 KohleG erfüllt sind.

In ihrer Erklärung zur einheitlichen und gesonderten Feststellung des Gewinns für 1970 wies die Klägerin einen Verlust von insgesamt 1 652 476 DM aus. Davon rechnete die Klägerin ihrer Komplementärin einen Verlustanteil von 62 343,62 DM (Verlustanteil nach Kapitalanteilen von 112 143,62 DM + Tätigkeitsvergütung von 49 800 DM), der Kommanditistin V mbH einen Gewinnanteil von 90 001,51 DM (Verlustanteil nach Kapitalanteilen von 1 824,31 DM + Haftungsvergütung von 91 825,82 DM) und allen übrigen Kommanditisten Verlustanteile von insgesamt 1 680 134,42 DM zu. Gleichzeitig beantragte die Klägerin, für die in 1970 angefallenen Teilherstellungskosten des Hotelhochhauses von 5 510 145,25 DM eine Investitionsprämie nach § 32 KohleG in Höhe von 10 v. H. (= 551 014,52 DM) zu gewähren und diese auf die Gesellschafter der Klägerin im Verhältnis ihrer Anteile am Festkapital, d. h. nach Maßgabe des vertraglichen Ergebnisverteilungsschlüssels, aufzuteilen.

Der Beklagte und Revisionskläger (FA) erließ am 6. September 1973 einen gemäß § 100 Abs. 2 AO vorläufigen einheitlichen Gewinnfeststellungsbescheid 1970. Darin stellte das FA den Verlust der Klägerin und die Gewinn- und Verlustanteile ihrer Gesellschafter erklärungsgemäß fest. Außerdem setzte das FA die Investitionsprämie nach § 32 KohleG zwar, wie beantragt, auf insgesamt 551 014,52 DM fest, wies diese aber in voller Höhe allein der V mbH zu. Das FA begründete diese Entscheidung damit, daß nach § 32 Abs. 5 KohleG die Investitionsprämie "Nach dem Verhältnis der Gewinnanteile einschl. der Vergütung" auf die Gesellschafter aufzuteilen und diese demgemäß in Verlustjahren, in denen nur bei einem Gesellschafter eine Vorabvergütung zu einem Gewinnanteil führe, voll diesem Gesellschafter zuzurechnen sei; bei der Klägerin seien für 1970 nur der V mbH ein Gewinnanteil, allen übrigen Gesellschaftern hingegen Verlustanteile zugerechnet worden.

Die Klägerin erhob Sprungklage mit dem Antrag, die Kohleprämie auf alle Gesellschafter im Verhältnis ihrer positiven oder negativen Gewinnanteile aufzuteilen (mit der Maßgabe, daß die Vorabvergütungen durch entsprechende Zuschläge zu berücksichtigen seien). Die Klage hatte Erfolg. Das FG, dessen Entscheidung in EFG 1975, 88, veröffentlicht ist, änderte den Gewinnfeststellungsbescheid 1970 dahin, daß "die der Klägerin zuerkannte Investitionsprämie nach § 32 KohleG in Höhe von 551 014,52 DM auf alle Gesellschafter entsprechend ihrem Gewinnanteil oder Verlustanteil einschl. der Vergütung" aufgeteilt wird. Das FG war der Auffassung, der Begriff des Gewinnanteils i. S. des § 32 Abs. 5 KohleG umfasse sowohl positive wie negative Ergebnisse. Demgemäß habe die Verteilung der Investitionsprämie im Verlustfall - ebenso wie bei Gewinnen - in der Weise zu geschehen, daß dem Verlustbetrag ohne Rücksicht auf die negative Natur dieses Betrags die Vorabvergütungen addierend hinzuzufügen seien. Der Prämienbetrag sei dann entsprechend den Anteilen der Gesellschafter am Betriebsergebnis und an den Vorabvergütungen aufzuteilen.

Mit der Revision beantragt das FA, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. Das FA rügt, § 32 Abs. 5 KohleG sei verletzt, weil das FG entgegen dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes die Kohleprämie anteilig auch den Gesellschaftern zugerechnet habe, denen ausschließlich ein Verlustanteil zugewiesen worden sei.

Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet. Der Senat pflichtet der Vorentscheidung darin bei, daß die Inanspruchnahme der Investitionsprämie durch Abzug von der Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer nach § 32 Abs. 1 KohleG kein positives Betriebsergebnis des investierenden Gewerbebetriebes voraussetzt und daß der Begriff des Gewinnanteils i. S. des § 32 Abs. 5 KohleG in gleicher Weise Anteile an positiven wie an negativen Betriebsergebnissen erfaßt.

1. Nach § 32 Abs. 1 Satz 1 KohleG können Steuerpflichtige, "die den Gewinn auf Grund ordnungsmäßiger Buchführung nach § 5 des Einkommensteuergesetzes ermitteln" und in einem Steinkohlenbergbaugebiet "eine Betriebstätte errichten oder erweitern", unter bestimmten zeitlichen und sachlichen Voraussetzungen für die im Zusammenhang mit der Errichtung oder Erweiterung der Betriebstätte angeschafften oder hergestellten abnutzbaren Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens "einen Abzug von der Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer für den Veranlagungszeitraum der Anschaffung oder Herstellung bis zur Höhe von 10 v. H. der Anschaffungsoder Herstellungskosten vornehmen". Der Abzug von der Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer kann für den Veranlagungszeitraum vorgenommen werden, innerhalb dessen das Wirtschaftsjahr endet, in dem die Wirtschaftsgüter angezahlt, angeschafft oder ganz oder teilweise hergestellt worden sind (§ 32 Abs. 4 Satz 1 KohleG).

Zutreffend ist die Vorentscheidung davon ausgegangen, daß die Investitionsprämie durch Abzug von der Einkommensteuer nach § 32 KohleG kein positives Betriebsergebnis des Gewerbebetriebs voraussetzt, für den in einem Steinkohlenbergbaugebiet eine Betriebstätte errichtet oder erweitert wird.

a) Ein Einzelkaufmann, der mit einem in einem Steinkohlenbergbaugebiet investierenden Gewerbebetrieb in dem nach § 32 Abs. 4 KohleG maßgeblichen Wirtschaftsjahr mit Verlust abschließt, kann gleichwohl für den Veranlagungszeitraum, innerhalb dessen dieses Wirtschaftsjahr endet, einen Abzug von der Einkommensteuer in der in § 32 Abs. 1 KohleG genannten Höhe vornehmen, sofern und soweit der Einzelkaufmann trotz dieses Verlustes Einkommensteuer schuldet, weil er z. B. aus einem anderen Gewerbebetrieb oder aus einer anderen Einkunftsart höhere positive Einkünfte bezogen hat. Das Gesetz gewährt nach seinem eindeutigen und insoweit weder auslegungsbedürftigen noch auslegungsfähigen Wortlaut die Investitionsprämie "durch Abzug von der Einkommensteuer" und nicht etwa durch Abzug eines bestimmten Betrags vom positiven Betriebsergebnis des investierenden Gewerbebetriebs. Das Gesetz knüpft zwar den Abzug von der Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer an eine Reihe von Voraussetzungen. Zu diesen gehört aber nicht, daß der investierende Gewerbebetrieb im maßgeblichen Wirtschaftsjahr ein positives Betriebsergebnis ausweist. Vorschriften ähnlicher Art wie etwa § 7 a Abs. 6 EStG 1975, wonach erhöhte Absetzungen oder Sonderabschreibungen bei Wirtschaftsgütern, die zu einem Betriebsvermögen gehören, bei dem Betrieb nicht zur Entstehung oder Erhöhung eines Verlustes führen dürfen, enthält das Gesetz nicht.

Insbesondere kann auch die Bestimmung, daß den Abzug von der Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer Steuerpflichtige vornehmen können, "die den Gewinn auf Grund ordnungsmäßiger Buchführung nach § 5 EStG ermitteln", nicht etwa dahin verstanden werden, Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Investitionsprämie sei ein positives Betriebsergebnis des investierenden Betriebs. Denn der Begriff des Gewinns i. S. des § 32 Abs. 1 Satz 1 KohleG kann, wie aus dem Hinweis auf die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und § 5 EStG abzuleiten ist, kein anderer sein als derjenige, der dem § 5 EStG zugrunde liegt und in § 4 Abs. 1 EStG definiert ist. Dieser Gewinnbegriff umfaßt aber anerkanntermaßen sowohl positive wie negative Betriebsergebnisse, denn der Gewinn ist als Unterschiedsbetrag (und nicht etwa als ein Mehr) des Betriebsvermögens am Schluß des Wirtschaftsjahres und des Betriebsvermögens am Schluß des vorgangegangenen Wirtschaftsjahres gekennzeichnet (vgl. z. B. Gutachen des BFH vom 25. Januar 1951 I D 4/50 S, BFHE 55, 182, BStBl III 1951, 68/69; BFH-Urteil vom 21. April 1971 I R 200/67, BFHE 102, 524, BStBl II 1971, 743; Herrmann/Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, 16. Aufl., § 2 EStG, Anm. 24 und 30; Untersuchungen zum Einkommensteuerrecht - Bericht der Einkommensteuer-Kommission - S. 52 bis 53; Gutachten der Steuerreformkommission 1971 Abschn. V Tz. 34).

b) Die für Einzelkaufleute gültigen Grundsätze müssen in gleicher Weise für Personengesellschaften und ihre Gesellschafter gelten, denn das Einkommensteuerrecht ist erkennbar von dem Grundsatz beherrscht, die Gesellschafter einer Personengesellschaft den Einzelkaufleuten weitgehend gleichzsutellen. Daß eine Personengesellschaft, die in einem Steinkohlenbergbaugebiet eine Betriebstätte errichtet oder erweitert, in dem nach § 32 Abs. 4 KohleG maßgeblichen Wirtschaftsjahr insgesamt ein negatives Betriebsergebnis ausweist, kann somit der Inanspruchnahme einer Investitionsprämie "durch Abzug von der Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer" nicht entgegenstehen.

c) Von diesen Rechtsgrundsätzen geht offensichtlich auch die Finanzverwaltung aus. Die Revision hat jedenfalls nicht geltend gemacht, daß die Inanspruchnahme einer Investitionsprämie schon am insgesamt negativen Betriebsergebnis der Klägerin im Streitjahr scheitern müßte.

2. Nach § 32 Abs. 5 KohleG ist bei der Errichtung oder Erweiterung einer Betriebstätte durch eine Gesellschaft i. S. des § 15 Nr. 2 oder 3 EStG "der abzugsfähige Betrag nach dem Verhältnis der Gewinnanteile einschließlich der Vergütungen auf die Gesellschafter aufzuteilen".

a) Dieser Ausdruck "Gewinnanteile" ist ebenso wie der darin enthaltene Ausdruck "Gewinn" seinem Wortsinn nach mehrdeutig. Der allgemeine Sprachgebrauch versteht unter einem Gewinn im allgemeinen ein positives Betriebsergebnis und demgemäß auch unter einem Gewinnanteil einen Anteil an einem solchen positiven Betriebsergebnis. In diesem Sinne verwendet auch das HGB die Begriffe Gewinn- und Gewinnanteil (vgl. §§ 120, 121, 167, 168 HGB). Der einkommensteuerrechtliche Sprachgebrauch stimmt aber nicht damit überein. Wie bereits zu 1. im einzelnen dargelegt wurde, verwendet das EStG den Ausdruck Gewinn in § 2 Abs. 4 Nr. 1 und in § 4 Abs. 1, also bei der Kennzeichnung der Besteuerungsgrundlagen, in einem sowohl positive wie negative Betriebsergebnisse umfassenden Sinne. Gewinn i. S. des Einkommensteuerrechts ist also ggf. auch ein Verlust i. S. des allgemeinen Sprachgebrauchs.

Auf diesem umfassenden Begriff des Gewinns baut § 15 Nr. 2 EStG auf, wenn er die Besteuerungsgrundlagen, die in § 2 Abs. 4 Nr. 1 und in § 4 Abs. 1 EStG allgemein für Gewerbebetriebe bestimmt sind, für Gesellschafter von Perosnengesellschaften dahin konkretisiert, daß Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind "die Gewinnanteile der Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft und einer anderen Gesellschaft, bei der der Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) anzusehen ist". Auch der Begriff des Gewinnanteils i. S. des § 15 Nr. 2 EStG umfaßt also anerkanntermaßen Anteile an positiven wie negativen Betriebsergebnissen und damit sowohl positive wie negative Rechnungsgrößen (vgl. z. B. Herrmann/Heuer, a. a. O., § 15 EStG, Anm. 33 b). Damit stimmt überein, daß, wie das FG zutreffend herausstellt, die von § 215 Abs. 2 AO geforderte einheitliche Feststellung des "Gewinns aus Gewerbebetrieb", sofern daran mehrere beteiligt sind, nach allgemeiner Meinung und ständiger Rechtsprechung auch in Verlustfällen (mit dem Ergebnis, daß den einzelnen Beteiligten negative Rechnungsgrößen zugerechnet werden) Platz zu greifen hat (so bereits Urteil des RFH vom 8. August 1928 VI A 809/28, RStBl 1928, 331).

Geht man hiervon aus, so läßt sich entgegen der Auffassung der Revision nicht sagen, der Wortlaut des § 32 Abs. 5 KohleG sei eindeutig und nicht auslegeungsbedürftig und -fähig. Vielmehr läßt der Wortsinn des in § 32 Abs. 5 KohleG verwendeten Ausdrucks "Gewinnanteil" durchaus Raum für die Annahme, daß darunter auch negative Rechnungsgrößen fallen können.

Dies gilt um so mehr, als dann, wenn, wie im Streitfall, das Betriebsergebnis der Personengesellschaft insgesamt negativ ist, einem der Gesellschafter aber gleichwohl steuerlich im Hinblick auf bezogene Vorabvergütungen ein positiver Betrag als Besteuerungsgrundlage zuzurechnen ist, sich auch nach allgemeinem Sprachgebrauch nur schwer von einem Gewinnanteil i. S. eines Anteils an einem insgesamt positiven Betriebsergebnis sprechen ließe.

b) Die Entstehungsgeschichte des Kohlegesetzes gibt keine zwingenden Hinweise für eine Interpretation des § 32 Abs. 5 KohleG. In der amtlichen Begründung des Gesetzentwurfs (Bundestags[BT]-Druckssache V/2078 S. 23) ist zu § 32 (früher § 26) im wesentlichen nur vermerkt, daß die Begünstigungsmethode des Abzugs von der Steuer gewählt worden sei, weil dieser Weg für alle Steuerpflichtigen zu einer gleich hohen, zusätzlichen Steuerersparnis außerhalb der Abschreibungen führe. Auch der Ausschußbericht (zu BT-Drucksache V/2797) befaßt sich nicht mit § 32 Abs. 5 KohleG.

c) Bei dieser Ausgangslage müssen für die Interpretation des § 32 Abs. 5 KohleG systematische und teleologische Gesichtspunkte entscheidend sein.

§ 32 KohleG ergänzt das EStG und KStG insofern, als er die nach diesen Gesetzen festzusetzende Steuerschuld modifiziert. § 32 KohleG erweist sich damit als einkommensteuerrechtliches Nebengesetz. Diese Integrierung in das Einkommensteuerrecht unterstreicht § 32 KohleG in der Weise, daß Abs. 1 Satz 1 auf § 5 EStG und Abs. 5 KohleG bei der Beschreibung des Tatbestandes, an den bestimmte Rechtsfolgen geknüpft werden sollen, auf § 15 Nrn. 2 und 3 EStG Bezug nimmt. Angesichts der systematischen Zuordnung des § 32 KohleG zum Einkommensteuerrecht und der erwähnten ausdrücklichen Bezugnahmen auf das EStG drängt sich die Annahme auf, daß das Gesetz, wenn es in § 32 Abs. 5 zur Kennzeichnung bestimmter Rechtsfolgen Ausdrücke des EStG verwendet, diese auch in dem Sinne verstanden wissen will, in dem sie in den in Bezug genommenen Vorschriften des EStG eingesetzt sind. Bei der Interpretation des § 32 Abs. 7 KohleG und insbesondere des darin verwendeten Begriffs "Gewinn" geht die Finanzverwaltung offensichtlich selbst von diesem Grundsatz aus (vgl. den koordinierten Ländererlaß aus 1971, Der Betrieb 1971 S. 1988).

Zwingend erscheint dem Senat jedoch die auch vom FG angeschnittene Überlegung, daß dann, wenn der Begriff der Gewinnanteile i. S. des § 32 Abs. 5 KohleG auf positive Rechnungsgrößen beschränkt wäre, ein Aufteilungsmaßstab für Fälle fehlen würde, in denen die Personengesellschaft im maßgeblichen Wirtschaftsjahr insgesamt einen Verlust ausweist und jedem der Gesellschafter nur ein Verlustanteil, also eine negative Rechnungsgröße zuzurechnen ist, obwohl, wie dargetan, auch in derartigen Fällen die Möglichkeit einer Inanspruchnahme der Investitionsprämie gegeben sein soll. Derartige grobe gesetzestechnische Unzulänglichkeiten können dem Gesetzgeber nicht ohne zwingenden Grund unterstellt werden.

Der sehr allgemein gehaltene Zweck des Gesetzes, die Schaffung von Arbeitsplätzen für die aus dem Bergbau ausscheidenden Arbeitnehmer zu fördern (BT-Drucksache V/2078 S. 18), steht einem aus systematischen Gesichtspunkten gewonnenen Interpretationsergebnis, daß der Begriff der Gewinnanteile i. S. des § 32 Abs. 5 KohleG positive wie negative Rechnungsgrößen umfaßt, mindestens nicht entgegen. Man darf sogar annehmen, daß er für dieses Ergebnis spricht, denn die Auffassung des FA muß dazu führen, daß in Verlustfällen nur für den durch Vorabvergütungen begünstigten Gesellschafter, insbesondere also den geschäftsführenden Gesellschafter, nicht hingegen für die bloßen Kapitalgeber ein zusätzlicher Anreiz zu Investitionen in einem Steinkohlenbergbaugebiet besteht, obwohl, wie sich aus der Bemessungsgrundlage der Investitionsprämie ergibt (10 v. H. der Anschaffungs- oder Herstellungskosten abnutzbarer Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens), gerade das kapitalmäßige Engagement in einem Steinkohlenbergbaugebiet gefördert werden soll.

d) Der Verteilungsmaßstab für die Investitionsprämie ist nach Auffassung des FG in Verlustfällen mit sowohl positiven wie auch negativen Ergebnisanteilen der einzelnen Gesellschafter in der Weise zu ermitteln, daß der Verlustbetrag, der sich vor einer Wiederhinzurechnung der Vorabvergütungen ergibt, und die Vorabvergütungen ohne Rücksicht auf die unterschiedlichen mathematischen Vorzeichen beider Beträge zusammengezählt werden und dann die Anteile der Gesellschafter am Verlust und an den Vergütungen errechnet und ebenso zusammengezählt werden. Sei beispielsweise bei einer Gesellschaft mit zehn Gesellschaftern ein handelsrechtlicher Verlust von 10 000 DM erwirtschaftet worden, und seien dabei den Gewinn beeinflussende Vorabvergütungen von 2 000 DM gezahlt worden mit der Folge, daß der steuerliche Verlust (im Hinblick auf das Abzugsverbot des § 15 Nr. 2 EStG) 8 000 DM betrage, so sei neun Gesellschaftern ein negativer Anteil am Ertrag von je 1 000 DM und dem zehnten Gesellschafter ein negativer Anteil und zwei positive Anteile von je 1 000 DM am Ertrag zuzurechnen. Es seien insgesamt also neun Gesellschafter mit je einem Zwölftel Anteil und ein Gesellschafter mit drei Zwölftel Anteilen zu berücksichtigen. Entsprechend sei die Investitionsprämie zu verteilen.

Der Senat hält diese Methode der Ermittlung des Verteidigungsmaßstabs für die Investitionsprämie für zutreffend. Er sieht keine Lösung, die sachgerechter wäre und sich gleichwohl ebenso wie die vom FG entwickelte Lösung mit dem Wortsinn des § 32 Abs. 5 KohleG vereinbaren ließe. Ob die von § 32 Abs. 5 KohleG geforderte Verteilung, insbesondere die Berücksichtigung von Vorabvergütungen rechtspolitisch befriedigend ist (kritisch Hauskeller in Handbuch der regionalen Wirtschaftsförderung Abschn. B VI S. 20/7), hat der Senat nicht zu entscheiden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 71494

BStBl II 1975, 734

BFHE 1976, 306

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Kanzlei-Edition. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge