Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerschuldner der Gewerbesteuer; zur Bindung des Gerichts an das Klagebegehren

 

Leitsatz (NV)

1. Treten die Mitunternehmer - wie bei Personengesellschaften des Handelsrechts - im Rechtsverkehr unter einheitlicher Firma auf (vgl. §§ 17, 124 Abs. 1, 161 Abs. 2 des Handelsgesetzbuches - HGB -), so bestehen keine Bedenken, die Gesellschaft selbst - die Gesamtheit der Mitunternehmer - als Steuerschuldner zu bezeichnen (BFHE 139, 291, BStBl II 1984, 63, m.w.N.).

2. Die Bindungswirkung des Gerichts an den Inhalt des Klagebegehrens erfährt dort eine Ausnahme, wo eine Klage nur auf Abänderung einer Hoheitsmaßnahme gerichtet ist, das Gericht aber feststellt, daß der Verwaltungsakt unwirksam ist.

 

Normenkette

GewStG 1968 § 5 Abs. 1; FGO § 96 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

FG Köln

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) - eine GmbH - ist Rechtsnachfolgerin der A-Elektro GmbH & Co. KG (A-KG). Diese KG stellte ihren Betrieb am 31. Dezember 1979 ein. Ihr Betriebsvermögen ging mit allen Aktiven und Passiven auf die Klägerin über.

Die A-KG war im Dezember 1972 ,,durch Ausgliederung der betrieblichen Funktionen aus der Einzelfirma Kurt A - KA - (Beigeladener zu 2) gegründet worden. Persönlich haftender Gesellschafter war KA. Kommanditistin war dessen Ehefrau, Frau LA - Beigeladene zu 1 -). Unmittelbar nach der Gründung der A-KG schied LA aus der A-KG aus. An ihre Stelle trat als persönlich haftende Gesellschafterin die Klägerin.

Nach einer Betriebsprüfung sah der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) KA als faktischen Mitunternehmer der A-KG an. Er vertrat die Ansicht, das Betriebsvermögen der bisherigen Einzelfirma KA sei steuerlich als Sonderbetriebsvermögen der A-KG in einer Ergänzungsbilanz zu führen. Der Gewinn ,,der bisherigen Einzelfirma KA, der im wesentlichen auf den als Vorwegvergütung im Sinne des § 15 Nr. 2 EStG zu beurteilenden Pachteinnahmen beruhe, sowie das ebenfalls als Vorweggewinn zu berücksichtigende Geschäftsführergehalt seien innerhalb der einheitlichen Gewinnfeststellung der KG zu erfassen . . .".

Auf dieser Grundlage erging für 1973 ein Gewerbesteuermeßbescheid. Dieser war adressiert an KA für Firma A-KG. Der Bescheid ist am 12. November 1976 zur Post gegeben worden. Das FA hat den hiergegen gerichteten Einspruch im wesentlichen zurückgewiesen.

Die Einspruchsentscheidung vom 4. November 1981 ist gerichtet an die A-GmbH als Rechtsnachfolgerin der A-KG. Die Klage blieb erfolglos.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin führte zur Aufhebung der Vorentscheidung und des angefochtenen Bescheids (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Gegen die Klagebefugnis der A-GmbH als Rechtsnachfolgerin der A-KG bestehen schon deshalb keine Bedenken, weil das FA die Einspruchsentscheidung gegen die A-GmbH als Rechtsnachfolgerin der A-KG gerichtet hatte, die während des Einspruchsverfahrens durch Übergang ihres Vermögens auf die A-GmbH voll beendet worden war.

2. Der angefochtene Gewerbesteuermeßbescheid ist unwirksam, weil in ihm die Steuerschuldner ungenau bezeichnet worden sind, so daß Verwechslungen nicht ausgeschlossen sind (§ 157 Abs. 1 Satz 2 und § 184 Abs. 1 Sätze 2 und 3 der Abgabenordnung - AO 1977 -; Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 7. April 1987 VIII R 260/84, BFHE 150, 390, BStBl II 1987, 768).

In dem angefochtenen Gewerbesteuermeßbescheid ist nur die A-KG als Steuerschuldnerin bezeichnet. Sie jedoch war nicht Steuerschuldnerin der Gewerbesteuer, auf die sich der in dem angefochtenen Bescheid festgesetzte Gewerbesteuermeßbetrag bezieht, wenn man von der Rechtsauffassung des FA ausgeht.

Aus § 5 Abs. 1 Sätze 1 und 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) in der für das Streitjahr geltenden Fassung folgt, daß Schuldner der Gewerbesteuer die Mitunternehmer sind, wenn der Gewerbebetrieb in der Rechtsform einer Personengesellschaft betrieben wird (vgl. BFH-Urteile vom 21. Februar 1980 I R 95/76, BFHE 130, 403, 408, BStBl II 1980, 465, 468, m.w.N., und vom 22. Juni 1983 I R 55/80, BFHE 139, 291, BStBl II 1984, 63). Treten die Mitunternehmer - wie bei Personengesellschaften des Handelsrechts - im Rechtsverkehr unter einheitlicher Firma auf (vgl. §§ 17, 124 Abs. 1, 161 Abs. 2 des Handelsgesetzbuches - HGB -), so bestehen keine Bedenken, die Gesellschaft selbst - die Gesamtheit der Mitunternehmer - als Steuerschuldner zu bezeichnen (BFHE 139, 291, BStBl II 1984, 63, m.w.N.).

Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall jedoch nicht vor; denn die Steuerpflichtigen, die unter der Firma der A-KG im Streitjahr auftraten, waren nur die A-GmbH und Frau LA, nicht aber auch KA, den das FA ebenfalls als Mitunternehmer und damit auch als Schuldner der Gewerbesteuer angesehen hat. KA ist in dem angefochtenen Gewerbesteuermeßbescheid lediglich als Empfänger des Bescheids für die A-KG angesprochen.

3. Der Aufhebung des angefochtenen Bescheides steht nicht entgegen, daß die Klägerin im finanzgerichtlichen Verfahren die Herabsetzung des Gewerbesteuermeßbetrags auf 2 582 DM beantragt hat; denn die Bindungswirkung des Gerichts an den Inhalt des Klagebegehrens erfährt dort eine Ausnahme, wo eine Klage nur auf Abänderung einer Hoheitsmaßnahme gerichtet ist, das Gericht aber - wie im Streitfall - feststellt, daß der Verwaltungsakt unwirksam ist (Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 96 Anm. 4, m.w.N.).

 

Fundstellen

BFH/NV 1989, 803

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