Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschließung von Amtspersonen - Revisionszulassung wegen Verfahrensmangels
Leitsatz (NV)
1. Der BFH hält mit Beschluss vom 29. April 2002 IV B 2/02 (BFHE 198, 310, BStBl II 2002, 507) für zweifelhaft, ob dem Steuerpflichtigen nicht ein Recht auf gerichtliche Überprüfung der Festlegung des Außenprüfers für den Fall zustehe, in dem - über die bloße Besorgnis der Befangenheit hinaus - zu befürchten sei, dass der Prüfer Rechte des Steuerpflichtigen verletzen werden, ohne dass diese Rechtsverletzung durch spätere Rechtsbehelfe rückgängig gemacht werden könnte. Zur Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache muss der Vortrag der Klägerin konkrete Angaben enthalten, inwiefern diese Voraussetzungen im Streitfall gegeben sein könnten.
2. Gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO ist die Revision nur zuzulassen, wenn bei einem geltend gemachten Verfahrensmangel die angefochtene Entscheidung auf dem Verfahrensmangel beruhen kann. Verfahrensfehler i.d.S. sind Verstöße gegen das Gerichtsverfahrensrecht, die das FG bei der Handhabung seines Verfahrens begeht und die zur Folge haben, dass es an einer ordnungsgemäßen Grundlage für die Entscheidung im Urteil fehlt, z.B. ein Verstoß gegen § 76 FGO (Verletzung der Sachaufklärungspflicht) oder § 96 FGO (Nichtberücksichtigung des Gesamtergebnisses des Verfahrens; Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten; Verletzung des rechtlichen Gehörs, die Vorwegnahme der Beweiswürdigung oder die vermeintliche Bindung an nicht bestehende Beweisregeln).
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3, §§ 96, 76; AO 1977 § 83; FGO § 116 Abs. 3 S. 3, § 115 Abs. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
FG Bremen (Urteil vom 27.11.2003; Aktenzeichen 2 K 268/03) |
Tatbestand
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) begehrt die Ausschließung des Leiters der Betriebsprüfungsstelle Herrn B und des Außenprüfers Herrn H von der Mitwirkung an einer Außenprüfung. Nach erfolglosem Vorverfahren erhob die Klägerin Klage, die das Finanzgericht (FG) als unzulässig abwies. Die Ablehnung könne nur durch Anfechtung der auf Grund des Verfahrens ergangenen Verwaltungsakte erwirkt werden.
Mit der Beschwerde macht die Klägerin geltend, dass das FG die Aussagen des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt --FA--) zu einem Verwandtschaftsverhältnis zwischen B und einem früheren Angestellten der Klägerin ohne Prüfung als wahr angenommen habe. Das FG habe den Sachverhalt bezüglich einer im Rahmen der Betriebsprüfung von B vorgelegten Rechnung nicht aufgeklärt. Auch dürfe der Rechtsschutz nicht erst nach dem Ergehen der Bescheide beginnen. Diese Frage sei von grundsätzlicher Bedeutung.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist unzulässig.
1. Grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kommt einer Rechtssache nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt.
Die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO verlangt gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO einen substantiierten Vortrag der Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich auch klärungsfähig ist. Dazu ist auszuführen, dass die Beurteilung der aufgeworfenen Rechtsfrage von der Klärung einer zweifelhaften oder umstrittenen Rechtslage abhängig ist. Hierzu muss sich die Beschwerde insbesondere mit der Rechtsprechung des BFH, den Äußerungen im Schrifttum sowie mit ggf. veröffentlichten Verwaltungsmeinungen auseinander setzen. Hat der BFH über die Rechtsfrage bereits entschieden, so ist zusätzlich darzulegen, weshalb eine erneute Entscheidung des BFH für erforderlich gehalten wird. Eine weitere bzw. erneute Klärung der Rechtsfrage kann z.B. geboten sein, wenn gegen die bisherige Rechtsprechung gewichtige Einwendungen erhoben worden sind, mit denen sich der BFH bislang noch nicht auseinander gesetzt hat. Darüber hinaus ist auf die Bedeutung der Klärung der konkreten Rechtsfrage für die Allgemeinheit einzugehen (BFH-Beschlüsse vom 17. Oktober 2001 III B 65/01, BFH/NV 2002, 217, und vom 16. April 2002 X B 102/01, BFH/NV 2002, 1045).
Die Klägerin hat nicht dargelegt, weshalb --trotz der vom FG zitierten Entscheidungen des BFH-- die Frage, ob gegen die Verweigerung einer Anordnung nach § 83 der Abgabenordnung (AO 1977) ein Rechtsbehelf gegeben ist, nach wie vor klärungsbedürftig ist. Sie hat sich weder mit der Rechtsprechung noch mit den diesbezüglichen Meinungen in der Literatur auseinander gesetzt. Die Klärungsbedürftigkeit ist auch nicht offenkundig. Zwar hält der BFH mit Beschluss vom 29. April 2002 IV B 2/02 (BFHE 198, 310, BStBl II 2002, 507) für ernstlich zweifelhaft, ob nicht dem Steuerpflichtigen ein Recht auf gerichtliche Überprüfung der Festlegung des Außenprüfers zusteht, allerdings nur für den Fall, in dem --über die bloße Besorgnis der Befangenheit hinaus-- zu befürchten ist, dass der Prüfer Rechte des Steuerpflichtigen verletzen wird, ohne dass diese Rechtsverletzung durch spätere Rechtsbehelfe rückgängig gemacht werden könnte. Der Vortrag der Klägerin enthält jedoch keine konkreten Angaben dazu, inwiefern diese Voraussetzungen im Streitfall gegeben sein könnten.
2. Gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO ist die Revision nur zuzulassen, wenn bei einem geltend gemachten Verfahrensmangel die angefochtene Entscheidung auf dem Verfahrensmangel beruhen kann. Verfahrensfehler in diesem Sinne sind Verstöße gegen das Gerichtsverfahrensrecht, die das FG bei der Handhabung seines Verfahrens begeht und die zur Folge haben, dass es an einer ordnungsgemäßen Grundlage für die Entscheidung im Urteil fehlt (BFH-Beschluss vom 30. Juni 1999 XI B 66/98, BFH/NV 1999, 1620), z.B. ein Verstoß gegen § 76 FGO (Verletzung der Sachaufklärungspflicht) oder § 96 FGO (Nichtberücksichtigung des Gesamtergebnisses des Verfahrens; Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten; Verletzung des rechtlichen Gehörs, die Vorwegnahme der Beweiswürdigung oder die vermeintliche Bindung an nicht bestehende Beweisregeln).
Die Bezeichnung eines Verfahrensmangels verlangt eine genaue Angabe der Tatsachen, die den gerügten Mangel ergeben, unter gleichzeitigem schlüssigen Vortrag, inwiefern das angegriffene Urteil ohne diesen Verfahrensmangel anders ausgefallen wäre.
Letztgenannte Voraussetzung ist nicht gegeben; die Klägerin hat nicht dargelegt, dass die Entscheidung des FG, das die Klage mangels der Möglichkeit gerichtlicher Überprüfung als unzulässig abgewiesen hat, anders hätte ausfallen können, wenn es das behauptete Verwandtschaftsverhältnis und die Umstände des Besitzes der Rechnung aufgeklärt hätte.
Fundstellen
Haufe-Index 1377914 |
BFH/NV 2005, 1236 |