Entscheidungsstichwort (Thema)

Im Strafverfahren Rechtsweg zu den FG nicht gegeben

 

Leitsatz (NV)

1. Gegen Maßnahmen, die das FA im Zuge der Ermittlung einer Straftat (als der Strafrechtspflege dienende Justizbehörde i. S. des § 23 EGGVG) trifft, ist der Rechtsweg zu den FG nicht gegeben.

2. § 91 AO 1977 regelt nicht, wann die Anhörung des Beteiligten durchzuführen ist. Art und Weise der Anhörung stehen im pflichtgemäßen Ermessen der Finanzbehörde.

 

Normenkette

FGO § 33 Abs. 2 S. 2; EGGVG § 23; AO 1977 § 91 Abs. 1

 

Tatbestand

Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) war als Steuerberater für die A Leasing GmbH und für andere Unternehmen der A-Gruppe tätig. Im Dezember 1988 gab der Antragsteller die Umsatzsteuervoranmeldung 11/88 für die B Ltd. beim Finanzamt (FA) ab, mit der ein Überschuß in Höhe von . . . DM erklärt wurde. Diesem Überschuß lag der (angebliche) Kauf von Maschinen im Werte von . . . DM von der A Leasing GmbH zugrunde. Im Januar 1989 veranlaßte der Antragsteller die Abgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung 1988 der A Leasing GmbH, wonach diese eine Abschlußzahlung von . . . DM zu leisten hatte. Der Antragsteller teilte dem Antragsgegner und Beschwerdegegner (FA) mit, daß diese Abschlußzahlung mit Hilfe einer Abtretung des Erstattungsanspruchs der B Ltd. erbracht werden solle.

Der Antragsteller bot dem FA die Erläuterung der den Umsätzen zugrunde liegenden Geschäfte an. Am . . . März 1989 erließ das Amtsgericht auf Antrag des FA im steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren gegen den Antragsteller einen Durchsuchungsbeschluß. Am . . . März 1989 begann das FA mit einer Umsatzsteuersonderprüfung bei der A Leasing GmbH. Am . . . März 1989 wurde der Antragsteller festgenommen und ihm die Einleitung des Steuerstrafverfahrens mitgeteilt. Den Haftbefehl erließ das Amtsgericht am . . . März 1989. Das Landgericht verwarf am 4. Juli 1989 die Haftbeschwerde des Antragstellers.

Der Antragsteller ist der Auffassung, das FA habe seine Rechte verletzt, indem es ihn nicht rechtzeitig - noch vor der Einleitung des steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens - angehört habe. Er beantragte beim Finanzgericht (FG), durch einstweilige Anordnung anzuordnen, daß das FA seine - des Antragstellers - unterlassene Anhörung zum Sachverhalt sofort durchführt und seine Erläuterungen rechtlich so behandelt, als seien sie vor der Einleitung des Steuerstrafverfahrens erfolgt.

Das FG lehnte den Antrag ab. Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, mit der er sein Antragsbegehren weiterverfolgt.

Das FA tritt der Beschwerde entgegen.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unbegründet.

Der Erlaß einer einstweiligen Anordnung setzt gemäß § 114 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i. V. m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung (ZPO) u. a. die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes voraus. Das FG hat ohne Rechtsverstoß bereits das glaubhafte Vorliegen eines Anordnungsanspruchs verneint.

a) Der Senat geht davon aus, daß der Antragsteller die Anhörung in einem steuerlichen Festsetzungsverfahren erstrebt. Denn für Angriffe gegen Maßnahmen im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren wäre der Rechtsweg zu den FG nicht gegeben. Gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 1 FGO sind die FG zuständig in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über Abgabenangelegenheiten. Diese Regelung findet gemäß § 33 Abs. 2 Satz 2 FGO auf Strafverfahren keine Anwendung; dies gilt auch insoweit, als im Zusammenhang damit Besteuerungsgrundlagen ermittelt werden (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 20. April 1983 VII R 2/82, BFHE 138, 164, BStBl II 1983, 482). Gegen den Antragsteller ist wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung ein Steuerstrafverfahren eingeleitet worden (§ 397 der Abgabenordnung - AO 1977 -). Maßnahmen, die das FA im Zuge der Verfolgung einer Steuerstraftat (als der Strafrechtspflege dienende Justizbehörde i. S. des § 23 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz) trifft (zur Anfechtung vgl. Kleinknecht / Meyer, Strafprozeßordnung und Gerichtsverfassungsgesetz mit Nebengesetzen, 39. Aufl., § 23 EGGVG Anm. 2, 9), können daher nicht vor den FG angegriffen werden.

b) Gemäß § 91 Abs. 1 AO 1977 soll, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit gegeben werden, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Beteiligter ist gemäß § 78 Nr. 2 AO 1977 derjenige, an den die Finanzbehörde den Verwaltungsakt richten will. Soweit das FA Steuerbescheide gegen die verschiedenen Unternehmen der A-Gruppe richten will, ist der Antragsteller nicht Beteiligter i. S. des § 91 AO 1977. Als Berater oder als Bevollmächtigter kann er in diesem Besteuerungsverfahren keine eigenen Rechte auf Anhörung geltend machen.

c) Es ist weder vorgetragen noch sonstwie ersichtlich, daß das FA beabsichtige, einen Verwaltungsakt (z. B. Haftungsbescheid) zu erlassen, der in Rechte des Antragstellers eingreift, so daß eine Anhörung des Antragstellers gemäß § 91 Abs. 1 AO 1977 geboten wäre. Im übrigen enthält § 91 AO 1977 keine Regelung hinsichtlich der Frage, wann die Anhörung des Beteiligten durchzuführen ist. Art und Weise der Anhörung stehen in pflichtgemäßem Ermessen der Finanzbehörde (§ 5 AO 1977).

 

Fundstellen

BFH/NV 1991, 142

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