Entscheidungsstichwort (Thema)

Kürzung des tariflichen Urlaubsgeldes für Teilzeitbeschäftigte im öffentlichen Dienst

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das tarifliche Urlaubsgeld im öffentlichen Dienst der neuen Bundesländer ist eine Leistung mit Mischcharakter bei der der Entgeltcharakter im Vordergrund steht.

2. Es verstößt weder gegen den grundgesetzlichen Gleichheitssatz, europäisches Recht noch gegen § 2 Abs. 1 BeschFG Teilzeitbeschäftigten im öffentlichen Dienst gem. § 2 Satz 2 TV Urlaubsgeld-Ost das tarifliche Urlaubsgeld nur anteilmäßig entsprechend ihrer kürzeren Arbeitszeit zu zahlen.

 

Normenkette

Tarifvertrag über eine Ergänzungsbeihilfe für langjährige Zugehörigkeit zum Baugewerbe (TVE) § 1; BeschFG § 2 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Gera (Aktenzeichen 5 Ca 0408/00)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 15.04.2003; Aktenzeichen 9 AZR 548/01)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird unter Berufungszurückgweisung im übrigen das Urteil des Arbeitsgerichts Gera vom 24.08.2000 – 5 Ca 408/2000 – teilweise abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin DM 40,00 brutto nebst 4 % Zinsen auf 20,00 DM seit dem 16.12.1998 und 4 % Zinsen auf 20,00 DM seit dem 12.11.1999 als restliches Urlaubsgeld für die Jahre 1998 und 1999 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 15/17 und der Beklagte zu 2/17.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über einen Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf Zahlung von restlichen Urlaubsgeld für die Jahre 1998 und 1999. Dem liegt im wesentlichen die Rechtsfrage zugrunde, ob das Urlaubsgeld für nicht vollbeschäftigte Angestellte auf den Teil gekürzt werden darf, der dem Maß der mit ihm vereinbarten durchschnittlichen Arbeitszeit entspricht.

Die Klägerin war mindestens seit dem 16.04.1980 bis zum 30.09.1999 beim Beklagten als Lehrerin beschäftigt; sie war Mitglied der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. Am 07.02.1997 schlossen die Parteien einen Vertrag, mit dem die Arbeitszeit der Klägerin auf 66 % der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit einer entsprechenden vollbeschäftigten Angestellten herabgesetzt wurde. In § 2 dieses Vertrages vereinbarten die Parteien, dass für die Dauer der Teilzeitbeschäftigung eine Vergütung in Höhe von 70 % einer entsprechenden vollbeschäftigten Angestellten gezahlt werde. Die Zahlung der Differenz zwischen 66 % und 70 % solle als nicht zusatzversorgungspflichtige Zulage erfolgen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Inhaltes des Vertrages vom 07.02.1997 wird auf die als Anlage 1 zur Klageschrift zu den Akten gereichte Kopie hiervon (Bl. 5 und 5 Rückseite d. A.) verwiesen.

In den Jahren 1998 und 1999 zahlte der Beklagte an die Klägerin jeweils ein Urlaubsgeld in Höhe von 330,00 DM brutto. Mit Schreiben vom 15.12.1998 sowie 11.11.1999 machte die Klägerin für die entsprechenden Jahre die Differenz zum vollen tariflichen Urlaubsgeld in Höhe von je 170,00 DM geltend.

Die Klägerin ist der Ansicht gewesen, die tarifliche Kürzungsklausel dahingehend, dass der am 01.07. nicht vollbeschäftigte Angestellte vom Urlaubsgeld den Teil erhalte, der dem Maß der mit ihm vereinbarten – am 01. Juli geltenden – durchschnittlichen Arbeitszeit entspreche, sei wegen Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot Teilzeitbeschäftigter nichtig. Zweck des Urlaubsgeldes sei die teilweise Abdeckung erhöhter Urlaubsaufwendungen. Dieser Leistungszweck sei auch gegenüber teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmern gegeben.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie restliches Urlaubsgeld für die Jahre 1998 und 1999 in Höhe von DM 340,00 brutto nebst 4 % Zinsen von DM 170,00 ab 16.12.1998 sowie weiteren DM 170,00 ab 12.11.1999 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Ansicht gewesen, das Urlaubsgeld sei Arbeitsentgelt und deshalb sei die unterschiedliche Arbeitszeit ein sachlicher Grund für die unterschiedliche Behandlung von Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigen.

Mit Urteil vom 24.08.2000 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, das tarifliche Urlaubsgeld im öffentlichen Dienst sei ähnlich wie die Beihilfe ein anlassbezogener Zuschuss zur laufenden Vergütung und damit im wesentlichen Arbeitsentgelt, so dass die Kürzung dieses Vergütungsbestandteils für Teilzeitbeschäftigte sachlich gerechtfertigt sei.

Gegen dieses ihr am 27.09.2000 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit am 27.10.2000 beim Thüringer Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 27.11.2000 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Sie ist der Ansicht, das tarifliche Urlaubsgeld im öffentlichen Dienst habe allenfalls Mischcharakter, so dass neben dem Zweck, erhöhte Urlaubsaufwendungen zu subventionieren, auch Entgeltcharakter der Leistung anzunehmen sei. Dieser Entgeltcharakter trete jedoch so weit hinter den Gedanken der Urlaubssubventionierung und Betriebstreue zurück, dass er nicht zur Rechtfertigung der unterschiedlichen Behandlung der Teilzeitbeschäftigten ...

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