Entscheidungsstichwort (Thema)

Anerkennung gegenseitger Arbeitsverhältnisse zwischen Apotheker-Ehegatten

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Betreibt jeder der Ehegatten, die wechselseitig identische Arbeitsverhältnisse abgeschlossen haben, selbstständig eine eigene Apotheke am gleichen Ort in 800 Meter Entfernung und betreffen die Aufgaben keine Hilfstätigkeiten, sondern u.a. die Einhaltung des Datenschutzes oder das Führen von Mitarbeitergesprächen, entsprechen die Arbeitsverhältnisse nicht dem Fremdvergleich, da fremde Personen, welche konkurrierende Geschäfte betreiben, in der Regel kein Arbeitsverhältnis in der Weise eingehen, dass sie wechselseitig im Betrieb des anderen angestellt und den Weisungen des anderen zu folgen verpflichtet sind. Fremde Betriebsinhaber werden es vorziehen, ihre Arbeitskraft im eigenen Betrieb zu dessen Nutzen einzusetzen, statt die eigene Arbeitskraft im Betrieb des anderen zu dessen Vorteil einzusetzen.

2. Unter Fremden unüblich ist zudem die Vereinbarung einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ohne Bestimmung des konkreten Zeitpunkts der Ableistung der Tätigkeit.

3. Der Nachweis der tatsächlichen Durchführung des gegenseitigen Arbeitsverhältnisse von Ehegatten wird nicht erbracht, wenn weder Stundenzettel oder Arbeitsnachweise noch Aufzeichnungen zu vertraglich vereinbarten Urlaubstagen geführt werden bzw. den sich aus § 41 EStG i.V.m. § 4 Abs. 2 Nr. 8 LStDV ergebenden Aufzeichnungspflichten genügt wird.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 4, § 41; LStDV § 4 Abs. 2 Nr. 8

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Anerkennung von Arbeitsverhältnissen zwischen Ehegatten, welche jeweils eine Apotheke betreiben.

Die Kläger sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute. Jeder der Ehegatten betreibt selbständig eine eigene Apotheke in AAA und bezieht daraus Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Der Kläger betreibt die BBB – Apotheke und die Klägerin die CCC-Apotheke in AAA. Darüber hinaus beziehen die Kläger Einkünfte aus Kapitalvermögen sowie aus Vermietung und Verpachtung.

Vom 20.09.2010 bis 10.02.2011 führte der Beklagte bei den Klägern eine Betriebsprüfung durch. Prüfungsgegenstand waren die Einkommensteuer 2004 bis 2008, die Gewerbesteuer 2004 bis 2008 sowie die Umsatzsteuer 2004 bis 2008.

Gemäß den Feststellungen der Betriebsprüfung schlossen die Kläger mit Wirkung ab 01.04.1999 wechselseitig identische Arbeitsverträge mit folgendem Wortlaut ab:

㤠1 РGegenstand der Arbeitsleistung

(1) Der Ehepartner verpflichtet sich, ab dem 01.04.1999 als Apotheker in der Apotheke des Apothekeninhabers nach den jeweils gültigen Regeln für diese besondere Art der Beschäftigung zu arbeiten und die ggf. hierfür notwendige amtlichen Bescheinigungen dem Apothekeninhaber auszuhändigen.

(2) Zu Ihrem Aufgabenbereich gehören: Schreibarbeiten, Vorarbeiten für die Buchführung, Bankverkehr, Kassenbuchführung, Abrechnungen, Telefondienste, Hilfe bei sonstigen Apothekenarbeiten, Besorgungen.

(3) Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt wöchentlich 4 Stunden und ist nach Absprache mit dem Apothekeninhaber festzulegen.

§ 2 – Arbeitsentgelt

(1) Der Ehepartner erhält für seine Tätigkeit eine monatliche Vergütung von netto DM 630,00, zahlbar am Letzten eines jeden Monats. Mit dem Entgelt sind zugleich alle etwaigen Ansprüche auf Bezahlung von bis zu 5 Überstunden pro Monat pauschal abgegolten. Darüberhinausgehende Überstunden werden gesondert vergütet.

(2) Der Ehepartner hat mit diesen Bezügen nicht zum Familienunterhalt beizutragen.

(3) Das Entgelt wird (wie die übrigen Lohnzahlungen der Apotheke) auf ein eigenes Konto des Ehepartners überwiesen, über das dieser nur alleine verfügen kann.

§ 3 – Versteuerung

Der Apothekeninhaber verpflichtet sich, das Entgelt seines Ehepartners der pauschalen Lohn- und ggf. Kirchensteuer zu unterwerfen und die anfallenden Steuern abzuführen, oder nach Lohnsteuerkarte abzurechnen.

§ 4 – Urlaub

Der Ehepartner hat Anspruch auf bezahlten Urlaub von 5 Wochen jährlich.

§ 5 – Kündigung

Der Arbeitsvertrag kann beiderseits sechs Wochen vor Quartalsende gekündigt werden. Es ist unbenommen, den Arbeitsvertrag in beiderseitigem Einvernehmen jederzeit mit sofortiger Wirkung aufzulösen.

§ 6 – Ergänzende Vorschriften

(1) Soweit keine ausdrücklichen Vereinbarungen getroffen werden, finden auf diesen Arbeitsvertrag die Vorschriften des bürgerlichen Rechtes, des Handels- und Sozialrechtes ergänzend Anwendung.

(2) Die Vertragsparteien behalten sich vor, einzelne Bestimmungen dieses Vertrages zu ändern, wenn eine Änderung der einschlägigen Gesetze, eine behördliche Beanstandung oder andere Gründe dies erfordern.

(3) Für Fahrten im Interesse der Apotheke erhält der Ehepartner die steuerlich zulässigen Pauschalen erstattet.”

Zum 01.01.2003 hatten die Kläger die bisherige Vergütung von 322,11 EUR (630 DM) auf 400 EUR erhöht. Das Entgelt unterwarfen sie der pauschalen Lohnsteuer (2 %), die jeweils geltenden Sät...

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