Rz. 18

Da der Gutschein ein verkörpertes Recht und die Pflicht, ihn als Gegenleistung für die Lieferung von Gegenständen oder die Erbringung von Dienstleistungen anzunehmen, enthält[1], setzt er eine Akzeptanzverpflichtung des Unternehmers voraus. Durch die Einlösung des Gutscheins wird die Verpflichtung des Unternehmers ausgelöst, die verkörperte Lieferung oder sonstige Leistung zu erbringen. Kann das Zahlungsinstrument jederzeit und voraussetzungslos gegen den ursprünglich gezahlten bzw. den noch nicht verwendeten Betrag zurückgetauscht werden, ist von einer Guthabenkarte im Unterschied zu einer Gutscheinkarte und damit von einem bloßen Zahlungsmittel auszugehen[2], denn in diesem Fall liegt noch kein Leistungsaustausch vor, der durch die Fiktion (vgl. § 3 Abs. 14 UStG Rz. 5) zu erfassen wäre.

 

Rz. 19

Diese Verpflichtung zur Leistung ist insbesondere auf der Grundlage schuldrechtlicher Verpflichtungsgeschäfte anzunehmen. Gleichwohl kommt es für die Aktzeptanzverpflichtung aber nicht auf ein zivilrechtlich wirksames Verpflichtungsgeschäft an. Sollte dieses nicht vorhanden sein, genügt es im Hinblick auf § 41 Abs. 1 AO, dass die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis dieses Rechtsgeschäfts gleichwohl eintreten und bestehen lassen.

 

Rz. 20

Die für Gutscheine vorausgesetzte Akzeptanzverpflichtung ist abzugrenzen von bloßen Zahlungsnachweisen sowie von reinen Preisnachlässen. In diesen Fällen greifen die Regelungen zu Gutscheinen nicht ein.[3]

 

Rz. 21

Ausdrücklich werden durch § 3 Abs. 13 S. 2 UStG die Instrumente, die lediglich zu einem Preisnachlass berechtigen, von den Gutscheinen ausgenommen (s. Rz . 29). Dazu zählen beispielsweise als Gutscheine bezeichnete Instrumente, die der Kunde beim Kauf einer Ware erhält und beim nächsten Einkauf als Minderung des Kaufpreises einlösen kann (Rabattgutscheine). Dabei handelt es sich nicht um Gutscheine nach § 3 Abs. 13 UStG, sondern die Bemessungsgrundlage des Folgekaufs mindernde Rabatte.

 

Rz. 22

Bei europarechtskonformer Auslegung von § 3 Abs. 13 S. 1 UStG erfüllen auch solche Instrumente, die lediglich als Zahlungsnachweis dienen, nicht die Voraussetzungen eines Gutscheins. Nach den Erwägungen zur sog. Gutschein-Richtlinie sollten die Bestimmungen über Gutscheine keine Änderung der mehrwertsteuerlichen Behandlung von Fahrscheinen, Eintrittskarten für Kinos und Museen, Briefmarken und Ähnlichem zur Folge haben.[4] Zwar werden diese Ausnahmen von § 3 Abs. 13 UStG nicht ausdrücklich genannt. Nach der hier vertretenen Ansicht ist die gesetzliche Definition des Gutscheins im Lichte der EU-Richtlinie insoweit einschränkend auszulegen. Deshalb handelt es sich in diesen Fällen auch dann nicht um Gutscheine i. S. v. § 3 Abs. 13 UStG, wenn diese im Geschäftsverkehr so bezeichnet werden.

 

Rz. 23

Auch Instrumente, die zum Bezug kostenloser Warenproben oder Muster berechtigen und deshalb kein Entgelt auslösen, sind keine Gutscheine i. S. v. § 3 Abs. 13 UStG.[5]

 

Rz. 23a

Aussteller des Gutscheins ist derjenige, der den Gutschein im eigenen Namen ausgestellt hat.[6] Gutscheine können sowohl an Kunden des Unternehmens verkauft werden (s.g. Ausgabe) als auch zwischen Unternehmern verkauft werden (s.g. Übertragung).[7]

 

Rz. 23b

Nach Auffassung der Finanzverwaltung sollen Gutscheine über den insoweit schweigenden Gesetzeswortlaut hinaus als Einzweck- oder Mehrzweckgutscheine gekennzeichnet werden (vgl. dazu die Kommentierung in § 3 Abs. 14 UStG Rz. 29a und § 3 Abs. 15 UStG Rz. 6).

[1] Richtlinie (EU) 2016/1065 v. 27.6.2016, Erwägungen Nr. 6.
[4] Richtlinie (EU) 2016/1065 v. 27.6.2016, Erwägungen Nr. 5.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Gold. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge