7.1 Allgemeines

 

Rz. 129

Grundlage der Rennwett- und Lotteriebesteuerung ist auf Basis des zum 1.7.2021 in Kraft getretenen neuen Glücksspielstaatsvertrags[1] das (ebenfalls zum 1.7.2021 reformierte) Rennwett- und Lotteriegesetz (RennwLottG)[2] sowie die (zu dem 1.7.2021 reformierte) RennwLottDV[3], mit den danach ergangenen Änderungen.

Mit der Aufnahme neuer steuerrechtlicher Vorschriften in das RennwLottG[4] wurde der GlüStV flankiert, der nunmehr die Veranstaltung von virtuellem Automatenspiel und Online-Poker auf Basis einer für alle Länder einheitlich erteilten Erlaubnis der Aufsichtsbehörde zulässt, für die vorher keine adäquaten Steuervorschriften bestanden. Die in das Gesetz eingefügten Steuervorschriften für neue Glücksspielarten erfassen nur die nach dem GlüStV neu zugelassenen online verfügbaren Glücksspiele des virtuellen Automatenspiels und Online-Poker. Nach der Gesetzesbegründung[5] sollen mit der Besteuerung von virtuellem Automatenspiel und Online-Poker, wie auch bereits im Rahmen der Besteuerung von Renn- und Sportwetten sowie Lotterien und Ausspielungen, Rechtsgeschäfte besteuert werden, die Gewinne aus dem Spieltrieb der Bevölkerung ziehen. Die Besteuerung zielt auf die im Spielverhalten zum Ausdruck kommende besondere finanzielle Leistungsfähigkeit des Spielers ab. Dabei orientieren sich die Steuersätze für die beiden neuen Glücksspielarten an den vorher bestehenden Regelungen für Renn- und Sportwetten. Dass das virtuelle Spiel durch die Schaffung von Tatbeständen im Rennwett- und Lotteriegesetz im Falle einer Steuerbarkeit – anders als das terrestrische Angebot – nach § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG von der Umsatzsteuer befreit wird, soll nach der Gesetzesbegründung mit der MwStSystRL vereinbar sein: Es erfolge keine unterschiedliche Besteuerung eines vergleichbaren Spiels abhängig vom Veranstalter. Bei terrestrischen und virtuellen Glücksspielangeboten bestehe nur hinsichtlich der äußeren Optik und des Ablaufs eine Ähnlichkeit, weshalb eine unterschiedliche Umsatzbesteuerung aufgrund des den Mitgliedstaaten eingeräumten weiten Wertungsspielraums des Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL zulässig sei.

 

Rz. 129a

Mit Wirkung ab 1.7.2021 sind nach § 22a GlüStV virtuelle Automatenspiele unter bestimmten Voraussetzungen im Internet erlaubt. Diese unterliegen nach §§ 36ff. RennwLottG ab 1.7.2021 der virtuellen Automatensteuer. Die Umsätze dieser Online-Angebote sind daher im Gegensatz zu den terrestrischen Geldspielumsätzen seit dem 1.7.2021 nach § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG umsatzsteuerfrei. In einem AdV-Verfahren hielt das FG Münster[6] im Hinblick auf den zum 1.7.2021 in Kraft getretenen GlüStV bei summarischer Prüfung die Umsatzsteuerpflicht von terrestrischen Geldspielumsätzen, bei denen Spieler in Spielhallen körperlich anwesend sind, im Vergleich zum virtuellen Automatenspiel für zweifelhaft. Allerdings hat der BFH dazu in seinem AdV-Beschluss[7] entschieden, dass an der Umsatzsteuerpflicht der Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit auch nach Einführung der sog. virtuellen Automatensteuer keine ernstlichen Zweifel bestehen. Bei den Umsätzen aus dem virtuellen Automatenspiel und den Umsätzen aus dem terrestrischen Betrieb von Geldspielautomaten handele es sich nicht um gleichartige Dienstleistungen, die nach dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität nicht unterschiedlich behandelt werden dürften. Der BFH weist u. a. exemplarisch darauf hin, dass unterschiedliche Maximaleinsätze bestehen.[8] Dabei seien "Unterschiede bei den Mindest- und Höchsteinsätzen und -gewinnen, den Gewinnchancen, den verfügbaren Formaten und der Möglichkeit von Interaktionen zwischen dem Spieler und dem Geldspielautomaten" Umstände, die einen erheblichen Einfluss auf die Entscheidung des Durchschnittsverbrauchers hätten und daher – wie hier – die Gleichartigkeit entfallen lassen könnten.

 

Rz. 130

Nach § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG sind die Umsätze, die unter das RennwLottG fallen, steuerfrei. Bis zum 5.5.2006 galt diese Steuerbefreiung auch für die Umsätze der zugelassenen öffentlichen Spielbanken, die durch den Betrieb der Spielbank bedingt sind. Nicht unter die Steuerbefreiung fallen die unter das RennwLottG fallenden Umsätze, die von der Rennwett- und Lotteriesteuer befreit sind oder von denen diese Steuer allgemein nicht erhoben wird. Wie bei § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG ist zunächst zu prüfen, ob ein umsatzsteuerbarer Vorgang vorliegt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG) und ob dieser der Rennwett- und Lotteriesteuer unterliegt. Anders als bei § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG reicht es jedoch nicht aus, dass der Vorgang lediglich rennwett- oder lotteriesteuerbar ist. Steuerfrei sind nach § 4 Nr. 9 Buchst. b S. 2 UStG nur die Umsätze, von denen Rennwett- und Lotteriesteuer tatsächlich erhoben wird. Die Umsatzsteuerbefreiung kommt also nur in Betracht, wenn der Vorgang rennwett- und lotteriesteuerpflichtig ist oder wenn im Einzelfall (nicht allgemein) die Steuer nicht erhoben wird, d. h. wenn sie im Einzelfall erlassen oder erstattet wird. Ein s...

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