Rz. 149

Findet ein Wechsel zwischen der Regelbesteuerung und der Anwendung der Durchschnittssätze nach § 23 UStG (und umgekehrt) statt, müssen die Vorsteuerbeträge des Unternehmers den jeweiligen Perioden zugeordnet werden, um festzustellen, zu welcher Besteuerungsform der jeweilige Vorsteuerbetrag gehört, damit eine doppelte oder gar keine Erfassung der Vorsteuerbeträge verhindert wird. Zu den einzelnen Problemen im Zusammenhang mit der Zuordnung der einzelnen Umsätze vgl. Rz. 50f.

 

Rz. 150

Ob bei einem Wechsel von der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 23 UStG zur Regelbesteuerung oder umgekehrt eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG infrage kommt, war bis zum 31.12.2004 umstritten, da durch den Wechsel der Besteuerungsform keine Änderung der Verhältnisse nach § 15a UStG eingetreten war. Eine ausdrücklich in § 15a Abs. 7 Nr. 2 UStG a. F. aufgenommene Ermächtigungsvorschrift, dass der Verordnungsgeber zur Vermeidung von Härten oder nicht gerechtfertigter Steuervorteile Regelungen treffen konnte, in denen bei dem Wechsel der Besteuerungsform die Vorschriften des § 15a UStG sinngemäß Anwendung finden, war vom Verordnungsgeber nicht umgesetzt worden. Die Finanzverwaltung[1] hatte zwar schon frühzeitig bei einem Wechsel zwischen der Durchschnittssatzbesteuerung bei Landwirten (§ 24 UStG) und der Regelbesteuerung eine Änderung der Verhältnisse angenommen, eine Aussage zu § 23 UStG war damit aber nicht verbunden.

 

Rz. 151

Durch die Neufassung des § 15a UStG zum 1.1.2005[2] ist durch ausdrückliche Regelung in § 15a Abs. 7 UStG klargestellt, dass auch der Wechsel zwischen der Besteuerung nach Durchschnittssätzen nach § 23 UStG und der Regelbesteuerung (und umgekehrt) eine Änderung der Verhältnisse i. S. d. § 15a UStG darstellt. Damit ist – spätestens für alle ab dem 1.1.2005 bezogenen Leistungen (§ 27 Abs. 11 UStG) – bei einem Wechsel der Besteuerungsform eine Vorsteuerberichtigung vorzunehmen (§ 15a UStG Rz. 97ff.).

 

Rz. 152

Grundsätzlich kann eine Vorsteuerberichtigung sich seit dem 1.1.2005 auf Gegenstände des Anlagevermögens (Gegenstände, die mehrfach für Ausgangsleistungen verwendet werden), auf Gegenstände des Umlaufvermögens (Gegenstände, die nur einmalig für Ausgangsleistungen verwendet werden), auf sonstige Leistungen sowie auf Leistungen an Gegenständen beziehen.

 
Praxis-Beispiel

Vorsteuerberichtigung bei Wechsel zur Durchschnittssatzbesteuerung bei Anlagevermögen

Architekt A hatte sich Anfang Januar 2019 einen Pkw für 30.000 EUR zuzüglich 19 % USt (= 5.700 EUR) gekauft und das Fahrzeug zulässigerweise vollständig seinem Unternehmen zugeordnet. Die USt von 5.700 EUR zog er als Vorsteuer ab.

Da der Umsatz aus der Tätigkeit als Architekt in 2020 unter 61.356 EUR gesunken war, stellte er den Antrag, ab 2021 die Durchschnittssatzbesteuerung nach § 23 UStG anzuwenden.

Da sich die Verhältnisse für die Verwendung des Fahrzeugs nach § 15a Abs. 7 UStG geändert haben, muss A für den restlichen Berichtigungszeitraum (der fünfjährige Berichtigungszeitraum endet am 31.12.2023) jeweils eine Vorsteuerberichtigung vornehmen. Für jedes Jahr der Änderung ist eine Berichtigung i. H. v. (5.700 EUR x 1/5 =) 1.140 EUR vorzunehmen. Die Berichtigung erfolgt jeweils in den Jahressteuererklärungen 2021, 2022 und 2023, soweit in diesen Jahren die Durchschnittssatzbesteuerung angewendet wird (§ 44 Abs. 3 UStDV).

 

Rz. 153

Eine Vorsteuerberichtigung bei Gegenständen des Umlaufvermögens (nach dem Wortlaut des Gesetzes Gegenstände, die nur einmalig für Ausgangsleistungen verwendet werden sollen) ist zwar seit dem 1.1.2005 nach § 15a Abs. 2 UStG ebenfalls möglich, wird aber regelmäßig an der Bagatellgrenze des § 44 Abs. 1 UStDV scheitern. Nach § 44 Abs. 1 UStDV kommt es – zugunsten wie zulasten des Unternehmers – nur dann zu einer Vorsteuerberichtigung, wenn die gesamte aus dem Leistungsbezug entstandene USt mehr als 1.000 EUR beträgt. Bei Gegenständen des Umlaufvermögens wird dies regelmäßig nicht erreicht werden.

 
Praxis-Beispiel

Vorsteuerberichtigung bei Wechsel zur Durchschnittssatzbesteuerung bei Umlaufvermögen

T betreibt eine kleine Tierbedarfshandlung. In den Vorjahren hatte sein Umsatz nie 61.356 EUR überschritten, sodass T die Besteuerung nach § 23 UStG angewandt hatte. In 2020 hat sein Umsatz erstmalig die Grenze von 61.356 EUR überschritten. Sein Warenbestand zum 31.12.2020 beträgt 5.000 EUR.

T kann ab 2021 die Besteuerung nach den Durchschnittssätzen des § 23 UStG nicht mehr vornehmen. Da er aus dem Bezug der Warenvorräte nicht individuell zum Vorsteuerabzug berechtigt gewesen war, könnte sich nach dem Wechsel zur Regelbesteuerung eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a Abs. 7 i. V. m. Abs. 2 UStDV ergeben. Da die USt aus den Warenvorräten aber nicht mehr als 1.000 EUR betragen hat[3], scheitert die Vorsteuerberichtigung an § 44 Abs. 1 UStDV.

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