Rz. 28

Steuerfähigkeit bedeutet die Fähigkeit, Träger von steuerlichen Rechten und Pflichten zu sein. Steuerfähig i. S. d. UStG ist, wer im Rahmen einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit Leistungen erbringen kann. Somit kann jedes Wirtschaftsgebilde Unternehmer sein, wenn es nach außen hin in Erscheinung tritt und als solches gewerbliche oder berufliche Leistungen gegen Entgelt erbringt. Auch wer zivilrechtlich nicht rechtsfähig ist[1], konnte nach der bisherigen Rechtsauffassung Unternehmer nach § 2 UStG sein. Hauptsächlich treffen diese Voraussetzungen auf natürliche Personen und juristische Personen sowie Personenzusammenschlüsse in Form der Personenhandelsgesellschaften zu. Es können aber auch Zweckvermögen, Erbengemeinschaften, nicht rechtsfähige Handelsgesellschaften, Arbeitsgemeinschaften, Stiftungen, Gelegenheitsgesellschaften des bürgerlichen Rechts und Personenzusammenschlüsse jeglicher Art im Umsatzsteuerrecht steuerrechtsfähig sein, soweit sie Dritten gegenüber in Erscheinung treten.

 

Rz. 29

Unternehmer i. S. d. § 2 Abs. 1 S. 1 UStG konnte nach der früheren Rechtsprechung des BFH[2] auch eine Bruchteilsgemeinschaft sein. Rechtsfähigkeit i. S. d. BGB war für die Eigenschaft als Steuerpflichtiger im Umsatzsteuerrecht nicht erforderlich. Voraussetzung war aber immer, dass die Bruchteilsgemeinschaft selbst nach außen in Erscheinung trat und Umsätze im wirtschaftlichen Sinn bewirkte (Rz. 366ff.).[3] Von dieser Rechtsauffassung war der BFH[4] aber abgerückt. Zivilrechtlich kann nach der vom BFH vertretenen Auffassung die nicht rechtsfähige Bruchteilsgemeinschaft keine Verpflichtungen begründen oder Berechtigungen erwerben, sodass der BFH in diesem Fall davon ausgeht, dass die Leistung mit dem in Bruchteilsgemeinschaft gehaltenen Gegenstand anteilig durch die Gemeinschafter, nicht aber durch die Gemeinschaft erbracht wird. Damit wäre auch die wirtschaftlich aktive Bruchteilsgemeinschaft nicht unternehmerisch tätig. Darüber hinaus hätten sich auch Konsequenzen für andere, ebenfalls als nicht rechtsfähig angesehene Zusammenschlüsse – wie z. B. die ungeteilte Erbengemeinschaft – ergeben. Wenn dann nicht der Zusammenschluss als solcher, sondern die Gemeinschafter jeweils individuell als die handelnden Unternehmer angesehen werden würden, hätten sich im Einzelfall für die Praxis und FinVerw schwierig zu händelnde Konstellationen bei Prüfung der Kleinunternehmereigenschaft, Bestimmung des Orts der Leistung (insbesondere bei sonstigen Leistungen und in verschiedenen Ländern ansässigen Gemeinschaftern) sowie dem Verzicht auf die Steuerbefreiung (Option nach § 9 UStG) ergeben. Die vorrangig auf zivilrechtlichen Überlegungen basierende Entscheidung des BFH war von der FinVerw[5] nicht umgesetzt worden. Um die sich aus der Entscheidung des BFH ergebende Rechtsunsicherheit und auch die sich daraus in der Praxis ergebenden Probleme zu verhindern, hat der Gesetzgeber zum 1.1.2023 in § 2 Abs. 1 S. 1 UStG klarstellend angefügt, dass es für die Unternehmereigenschaft nicht von Bedeutung ist, ob nach anderen Rechtsvorschriften Rechtsfähigkeit vorliegt. Da die FinVerw ihre Rechtsauffassung nach Veröffentlichung des BFH-Urteils nicht aufgegeben hatte, besteht zumindest in der Verwaltungspraxis auch in der Zeit bis zum 31.12.2022 die eigenständige Unternehmereigenschaft auch für nicht rechtsfähige Zusammenschlüsse.

 

Rz. 30

Auch eine nach ausländischen Rechtsordnungen gegründete Gesellschaft (z. B. Company limited of shares) kann Unternehmer sein, wenn sie unter ihrem Namen Leistungen gegen Entgelt im Inland ausführt.[6] Allerdings war zu beachten, dass sich die Frage, ob eine Gesellschaft rechtsfähig ist, nach demjenigen Recht beurteilt, das am Ort ihres tatsächlichen Verwaltungssitzes gilt (sog. Sitztheorie).[7] Das gilt auch dann, wenn eine Gesellschaft in einem anderen Staat wirksam gegründet worden ist und sodann ihren tatsächlichen Verwaltungssitz in die Bundesrepublik verlegt. Die einmal erworbene Rechtsfähigkeit setzt sich nicht ohne Weiteres in der Bundesrepublik fort. Es kommt vielmehr darauf an, ob die Gesellschaft nach dem Recht des Gründungsstaats fortbesteht und ob sie auch nach deutschem Recht rechtsfähig ist.[8]

Nach der zum 1.1.2023 umgesetzten Ergänzung in § 2 Abs. 1 S. 1 UStG, dass die Rechtsfähigkeit keine Voraussetzung für die Unternehmereigenschaft ist, wird sich die Beurteilung der Unternehmereigenschaft auch ausländischer Zusammenschlüsse nach den allgemeinen Abgrenzungskriterien des nationalen bzw. unionseinheitlichen Umsatzsteuerrechts ergeben.

 

Rz. 31

Darüber hinaus hat der BFH festgestellt[9], dass es keinen allgemeinen Rechtssatz gibt, demzufolge Domizilgesellschaften und Ltds. als leistende Unternehmer ausscheiden[10], allerdings müssen sie eigene wirtschaftliche Tätigkeiten entfalten. Auch sog. Strohmänner kommen als Unternehmer in Betracht; Schuldner der USt aus einem Leistungsaustausch ist grundsätzlich derjenige, der als leistender Unternehmer nach außen aufgetreten ist; dementsprechend sind ...

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