Rz. 6

Die Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG beruht auf Art. 98 i. V. m. Anhang III MwStSystRL. Danach können die Mitgliedstaaten auf die "Lieferung von Gegenständen und Dienstleistungen, die i. d. R. für den Einsatz in der landwirtschaftlichen Erzeugung bestimmt sind, mit Ausnahme von Investitionsgütern wie Maschinen oder Gebäuden und bis zum 1.1.2032 Lieferung von chemischen Schädlingsbekämpfungsmitteln und chemischen Düngemitteln" einen ermäßigten Steuersatz anwenden. Welche Tätigkeiten zur "landwirtschaftlichen Erzeugung" zählen, bestimmt Anhang VII MwStSystRL. Zwar dient dieser Anhang der Konkretisierung des Art. 295 MwStSystRL (Pauschalregelung für landwirtschaftliche Erzeuger). Es besteht jedoch kein Grund, die Definition der landwirtschaftlichen Erzeugung im Hinblick auf die Steuerermäßigung[1] und die Pauschalregelung[2] unterschiedlich zu fassen. Beide Regelungen dienen letztlich der Begünstigung der Landwirtschaft. Allerdings soll die Landwirtschaft nicht generell mit allen ihren Betätigungen steuerlich begünstigt werden, sondern nur mit solchen, die in der MwStSystRL genannt sind. Auch Art. 98 MwStSystRL i. V. m. Anhang III Nr. 11 dient diesem Zweck, indem solche Leistungen, die an Landwirte für Zwecke der landwirtschaftlichen Erzeugung ausgeführt werden, steuerlich begünstigt werden.[3] Ein Verstoß des § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG gegen das Unionsrecht ist insoweit nicht erkennbar, als die Verwaltung die BFH-Rechtsprechung anerkennt, wonach das Unterstellen von Reitpferden, die von ihren Eigentümern zur Ausübung von Freizeitsport genutzt werden, ebenso wie die damit verbundene Gestattung, die Reitanlagen zu nutzen, keine Dienstleistung ist, die i. d. R. für den Einsatz in der landwirtschaftlichen Erzeugung bestimmt ist und somit nicht der Steuerermäßigung unterliegen kann.[4]

 

Rz. 6a

Der EuGH hat mit Urteil v. 10.11.2016[5] entschieden, dass die Überlassung eines Pferdes durch seinen Eigentümer, der Unternehmer ist, an den Veranstalter eines Pferderennens zwecks Teilnahme des Pferdes an diesem Rennen keine gegen Entgelt erbrachte Dienstleistung i. S. v. Art. 2 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL darstellt, wenn für sie weder ein Antrittsgeld noch eine andere unmittelbare Vergütung gezahlt wird und nur die Eigentümer der Pferde mit einer erfolgreichen Platzierung in dem Rennen ein – sei es auch ein im Voraus festgelegtes – Preisgeld erhalten. Das Einstellen und Betreuen von Reitpferden, die von ihren Eigentümern zur Ausübung von Freizeitsport genutzt werden, fällt nicht unter den Begriff "Halten von Vieh" i. S. d. § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG[6] und ist deshalb nicht mit dem ermäßigten, sondern mit dem allgemeinen Steuersatz zu versteuern.[7] Gleiches gilt für Pferde, die zu gewerblichen Zwecken genutzt werden (z. B. durch Berufsreiter oder Reitlehrer), sowie für alle anderen Pferde, die ebenfalls nicht zu land- und forstwirtschaftlichen Zwecken genutzt werden.[8] Dies hat der EuGH im Prinzip bestätigt. Auch der BFH[9] hat entschieden, dass die Teilnahme an Turnieren zur Erzielung von platzierungsabhängigen Preisgeldern nicht im Rahmen eines Leistungsaustauschs erfolgt. Die Verwaltung folgt dieser Rechtsprechung. Nach Abschn. 12.2 Abs. 5 UStAE ist der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG auf alle Entgelte anzuwenden, die dem Unternehmer platzierungsunabhängig für die Teilnahme an Leistungsprüfungen für Tiere (tierzüchterische Veranstaltungen, die als Wettbewerbe mit Prämierung durchgeführt werden, z. B. Tierschauen, Pferderennen oder Pferdeleistungsschauen (Turniere) zufließen, insbesondere auf Prämien (Züchterprämien) sowie platzierungsunabhängige Preisgelder anzuwenden. Nach dem EuGH-Urteil gehören Pferderennpreise nicht zum Entgelt für die Überlassung des Pferdes durch seinen Eigentümer an den Veranstalter eines Pferderennens, d. h. die Rennpreise sind kein Leistungsentgelt und können damit auch nicht steuerermäßigt sein. Auch nach FG Münster[10] gehört die Teilnahme an Pferderennen nicht zu den in Anhang VII MwStSystRL genannten Tätigkeiten. Es kann dahinstehen, ob eine Teilnahme an Pferderennen begrifflich noch als Leistung im Rahmen der "Tierzucht"[11] angesehen werden kann, denn Tierzuchtleistungen i. S. d. vorgenannten Regelung gehören nur dann zur landwirtschaftlichen Erzeugung, wenn sie "i. V. m. der Bodenbewirtschaftung" erfolgen.

Die Fälle der Zahlung eines platzierungsabhängigen Preisgeldes sind von solchen Fällen zu unterscheiden, in denen jeder Teilnehmer eines Wettbewerbs eine Zahlung seitens des Veranstalters erhält und nur die Höhe der Zahlung ungewiss ist. Die Ungewissheit beseitigt den Leistungsaustausch in diesen Fällen nicht, da die vom Veranstalter geleistete Zahlung die tatsächliche Gegenleistung für die Teilnahme am Wettbewerb und nicht für das Erreichen einer bestimmten Platzierung ist. Im Gegensatz zu der Erzielung eines bestimmten Wettbewerbsergebnisses stellt die Teilnahme einen verbrauchsfähigen Vorteil dar. In dem Fall, dass (lediglich) die Höhe des Preisgeldes ungew...

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