Rz. 19

Die Anlage 2 des UStG umfasst grundsätzlich alle inländischen land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnisse. Die Steuerermäßigung hängt insoweit mit der Umsatzbesteuerung der Land- und Forstwirtschaft nach Durchschnittssätzen[1] zusammen. Nach § 24 UStG a. F. waren Steuer und Vorsteuer für die Umsätze im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ursprünglich grundsätzlich auf 5 % (für forstwirtschaftliche Erzeugnisse auf 3 %) festgesetzt. Die Steuerermäßigung im Rahmen der Regelbesteuerung gewährleistet grundsätzlich eine gleichmäßige umsatzsteuerliche Belastung aller land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnisse, gleichgültig, ob sie durch einen der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG unterliegenden Land- und Forstwirt oder durch einen anderen Unternehmer (z. B. Händler oder auch regelversteuernden Landwirt) geliefert werden. Sie stellt also eine gleiche Behandlung dieser Erzeugnisse auf allen Wirtschaftsstufen sicher und vermeidet dadurch Wettbewerbsstörungen. Würden die land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnisse nicht auf allen Stufen ermäßigt besteuert, so bestände ein steuerlicher Anreiz, solche Erzeugnisse z. B. nicht vom gewerblichen Handel, sondern unmittelbar beim pauschalierenden Land- und Forstwirt zu erwerben. Die ermäßigte Besteuerung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnisse wird ergänzt durch die Vorschrift des § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG, die auch bestimmte sonstige Leistungen, die in der Landwirtschaft typischerweise vorkommen, in den ermäßigten Steuersatz einbezieht.

 

Rz. 20

Der ermäßigte Steuersatz für land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse führt nur insoweit zu einer niedrigeren Steuerbelastung, als diese Erzeugnisse unmittelbar an Endverbraucher geliefert werden; denn maßgebend für die Belastung eines Verbrauchsguts ist der Steuersatz, dem das Gut bei seiner Lieferung an den Letztverbraucher unterliegt (§ 12 UStG Rz. 7). Aus diesem Grund hätten eigentlich nur land- und forstwirtschaftliche Endprodukte in die Anlage bzw. Anlage 2 des UStG aufgenommen zu werden brauchen, d. h. Produkte, die im Allgemeinen von Letztverbrauchern erworben werden, z. B. Lebensmittel (Fleisch, Milch, Milcherzeugnisse usw.) sowie Pflanzen und Blumen. Zu den Letztverbrauchern in vorstehendem Sinne gehören aber auch die pauschalierenden Land- und Forstwirte selbst. Aus diesem Grund sah es seinerzeit der Gesetzgeber als erforderlich an, auch solche land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnisse in die Steuerermäßigung einzubeziehen, die Vorprodukte der Landwirtschaft sind, d. h. von Landwirten eingekauft werden (z. B. Vieh, Saat- und Pflanzgut sowie natürliche Düngemittel). Bei einem gleichen Steuersatz bzw. Durchschnittssatz führte es also nicht zu einer unterschiedlichen Steuerbelastung, ob der pauschalierende Landwirt z. B. Vieh von einem Viehhändler oder von einem anderen pauschalierenden Landwirt einkaufte. Die übrigen land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnisse (z. B. Tabakpflanzen, bestimmtes Holz) sind im Allgemeinen keine Endprodukte, die vom Letztverbraucher erworben werden. Aber auch hier ist ein unmittelbarer Erwerb durch Letztverbraucher (einschließlich der öffentlichen Hand) denkbar (z. B. ein Hausbesitzer erwirbt Brennholz für einen offenen Kamin bzw. Kaminofen oder für eine Holzheizung). Deshalb hatte es der Gesetzgeber ursprünglich bei der Einführung der MwSt in Deutschland zum 1.1.1968 für erforderlich gehalten, auch diese Erzeugnisse zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen in die Steuerermäßigung einzubeziehen.

 

Rz. 21

Die Steuerermäßigungen für einige land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse, die i. d. R. nicht an Endverbraucher geliefert werden, mussten jedoch bei der Umsetzung der Richtlinie 96/42/EG zur Änderung der Richtlinie 77/388/EWG (6. EG-Richtlinie) durch Gesetz v. 12.12.1996[2] zum 1.1.1997 aufgehoben werden (§ 12 UStG Rz. 110). Dies betraf die Steuerermäßigungen für rohe Bettfedern und Daunen (Nr. 5 Buchst. b der damaligen Anlage des UStG), Hopfen (Blütenzapfen) sowie Hopfenmehl (Nr. 20 der damaligen Anlage des UStG), bestimmte Korbweiden, Schilfe und Binsen (Nr. 25 der damaligen Anlage des UStG), rohes Bienenwachs (Nr. 27 der damaligen Anlage des UStG), Tabakblätter sowie Abfälle von Tabakpflanzen und Tabakblättern (Nr. 38 der damaligen Anlage des UStG), Rohholz sowie bestimmte Holzpfähle und -pflöcke (Nr. 48 Buchst. c und d der damaligen Anlage des UStG) und rohe Wolle (Nr. 50 der damaligen Anlage des UStG).

Reit-, Spring- und Dressurpferde dienen in erster Linie der Ausübung des Sports oder der Freizeitgestaltung. In der Landwirtschaft werden Pferde heute kaum noch eingesetzt. Auch als Schlachtvieh haben Pferde nur eine ganz untergeordnete Bedeutung. Dementsprechend hatte die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet, das alle Pferde in die Steuerermäßigung einbezog. Der EuGH ist der Argumentation der EU-Kommission gefolgt.[3] Aus diesem Grund ist durch Gesetz v. 8.5.2012[4] mWv 1.7.2012 die Steuerermäßigung für die Lie...

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