1 Entstehung, Inkrafttreten und Bedeutung der Vorschrift

1.1 Entstehung der Vorschrift

 

Rz. 1

§ 12 Abs. 2 Nr. 14 UStG regelt, dass auf die Überlassung der in Nr. 49 Buchst. a bis e der Anlage 2 des UStG und auf die Überlassung der in Nr. 50 der Anlage 2 des UStG bezeichneten Erzeugnisse in elektronischer Form der ermäßigte Steuersatz anzuwenden ist. Begünstigt sind danach insbesondere Bücher in elektronischer Form (E-Books), Zeitungen und Zeitschriften in elektronischer Form (E-Paper) sowie Hörbücher in elektronischer Form. Mit dieser am 18.12.2019 in Kraft getretenen Vorschrift wird die elektronische Presse mit den Print-Medien bezüglich des USt-Satzes gleich behandelt. Damit wird dem Fortschreiten der Digitalisierung im Alltagsgebrauch etwa beim Zeitunglesen auf dem Tablet oder Smartphone Rechnung getragen.[1] Die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf diese Produkte wird sowohl vom Bundesrat begrüßt (Rz. 7) als auch in der Literatur. Danach war eine Steuerermäßigung für solche Erzeugnisse längst überfällig, weil elektronische Publikationen in vielen Bereichen die Druckerzeugnisse verdrängen würden.[2] Die Steuerermäßigungsvorschrift ist durch das Gesetz v. 12.12.2019[3] an § 12 Abs. 2 UStG angefügt worden.

[1] Weymüller, DStR 2020, 185.
[2] Grambeck, MwStR 2019, 438.
[3] Art. 11 Nr. 7 Buchst. b des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften v. 12.12.2019, BGBl I 2019, 2451, BStBl I 2020, 17, wegen der Änderung von Vorschriften zu zahlreichen unterschiedlichen Steuerarten und des sperrigen offiziellen Titels in der Literatur oft als Jahressteuergesetz 2019 – JStG 2019 – bezeichnet.

1.2 Inkrafttreten der Vorschrift

 

Rz. 1a

Die Vorschrift ist ab dem 18.12.2019 anzuwenden, dem Tag nach der Verkündung des JStG 2019 im BGBl I 2019, 2451 v. 17.12.2019.[1] Dies bedeutet, dass auf Umsätze mit den nunmehr begünstigten elektronischen Erzeugnissen ab dem 18.12.2019 der ermäßigte Steuersatz anzuwenden ist, während für Umsätze vor diesem Zeitpunkt weiterhin der allgemeine Steuersatz gilt. Eine rückwirkende Anwendung der Steuerermäßigungsvorschrift hat der Gesetzgeber nicht vorgesehen und wird auch von der Rechtsprechung abgelehnt.[2] Üblicherweise treten Änderungen beim Steuersatz nicht mitten im Monat, sondern am 1. Januar eines Jahres oder zumindest am ersten Tag eines Monats in Kraft. Möglicherweise hat der Gesetzgeber es übersehen, in Art. 39 des JStG 2019 für die Vorschrift ein Inkrafttreten z. B. am 1.1.2020 vorzusehen. Jedenfalls hatten die Unternehmer, die die nunmehr begünstigten elektronischen Erzeugnisse anbieten, so kaum Vorlaufzeit für die Umstellung vom allgemeinen auf den ermäßigten Steuersatz.

[1] Art. 39 Abs. 1 des JStG 2019 v. 12.12.2019, BGBl I 2019, 2451, BStBl I 2020, 17.

1.3 Verwaltungsauffassung im neuen Abschn. 12.17 UStAE

 

Rz. 1b

Insbesondere Verlage und andere Anbieter elektronischer Publikationen und Datenbanken hatten zu der neu eingeführten Vorschrift zahlreiche Zweifelsfragen, in welchen Fällen elektronische Erzeugnisse konkret unter die Steuerermäßigung fallen und ob bei Erzeugnissen mit begünstigten und nicht begünstigten Elementen der ermäßigte Steuersatz auf den gesamten Umsatz, auf Teile des Umsatzes oder gar nicht anzuwenden sei. Auch innerhalb der Verwaltung scheint es hierzu mehr als eine Meinung gegeben zu haben. Nach langwierigen Erörterungen der USt-Referatsleiter der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder hat die Verwaltung erst zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Vorschrift hierzu in einem sog. BMF-Einführungsschreiben Stellung genommen.[1]

Mit diesem BMF-Schreiben wurde der neue Abschn. 12.17 "Digitale Medien (§ 12 Abs. 2 Nr. 14 UStG)" in den UStAE eingefügt. Während durch den neuen Abschn. 12.17 UStAE einige Zweifels- und Abgrenzungsfragen geklärt werden konnten, wird in der Verwaltungsanweisung allerdings teilweise auch auf auslegungsbedürftige allgemeine Grundsätze und die Verhältnisse des Einzelfalls verwiesen, die dem Rechtsanwender im konkreten Fall nicht unbedingt weiterhelfen (z. B. bei der umsatzsteuerlichen Behandlung sog. Bundling-Angebote, Rz. 25ff.).

 

Rz. 1c

Offenbar wegen der zweijährigen Unsicherheiten der Praxis, auf welche Umsätze elektronischer Erzeugnisse der ermäßigte Steuersatz anzuwenden ist und auf welche Umsätze nicht, hat die Verwaltung im BMF-Einführungsschreiben v. 17.12.2021[2] zu § 12 Abs. 2 Nr. 14 UStG eine großzügige Übergangs- bzw. Nichtbeanstandungsregelung getroffen. Danach beanstanden es die Finanzämter bei einschlägigen Umsätzen in der Zeit vom 18.12.2019 bis 31.12.2021 nicht, wenn der leistende Unternehmer einen aus Sicht der Verwaltung unzutreffenden Steuersatz angewendet hat. Dies gilt sowohl bei fälschlicher Anwendung des ermäßigten anstatt des zutreffenden allgemeinen Steuersatzes als auch bei fälschlicher Anwendung des allgemeinen anstatt des zutreffenden ermäßigten Steuersatzes (vgl. im Einzelnen Rz. 33ff.).

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