Rz. 9

Haben sich mehrere FG rechtskräftig für zuständig erklärt (sog. positiver Kompetenzkonflikt), kann eine Entscheidung des BFH über das zuständige FG (auch ein solches, das sich bisher gar nicht selbst für zuständig erklärt hat) herbeigeführt werden. Dies setzt denklogisch eine mehrfache Rechtshängigkeit derselben Sache (identische Streitgegenstände) voraus, wobei sich die jeweils angerufenen FG rechtskräftig (z. B. durch Beschluss nach § 70 Abs. 1 FGO i. V. m. § 17a Abs. 1 GVG oder durch Zwischenurteil nach § 97 FGO) für zuständig erklärt haben müssen.

 

Rz. 10

Allerdings kann eine Zuständigkeitsbestimmung durch den BFH nicht mehr vorgenommen werden, wenn ein FG bereits in der Sache rechtskräftig entschieden hat.[1] Das später ergangene Urteil kann allenfalls noch im Wege einer sog. Restitutionsklage beseitigt werden.[2] Zu der gleichlautenden Regelung des § 36 Nr. 3 ZPO verneint der BGH darüber eine Zuständigkeitsbestimmung, wenn bereits eine Beweisaufnahme zur Hauptsache stattgefunden hat.[3] Dasselbe soll auch gelten, wenn bereits ein rechtskräftiger Verweisungsbeschluss vorliegt.[4]

 

Rz. 11

Einen gerichtsinternen Streit darüber, welcher Senat des FG nach dem Geschäftsverteilungsplan zuständig ist, entscheidet das Präsidium des FG[5] und nicht der BFH.[6]

Soweit aber ein positiver Kompetenzkonflikt zwischen Senaten eines FG besteht, deren Zuständigkeiten durch Gesetz geregelt sind, könnte eine Zuständigkeitsbestimmung durch den BFH in Betracht kommen. In der Praxis kommt eine solche Zuständigkeitsbestimmung insbesondere bei einem positiven Kompetenzkonflikt zwischen dem Senat, bei dem gem. § 5 Abs. 2 S. 2 FGO Zoll-, Verbrauchsteuer- und Finanzmonopole zusammengefasst sind, und einem anderen Senat desselben FG in entsprechender Anwendung des § 39 Abs. 1 Nr. 4 FGO in Betracht.[7]

[1] BVerwG v. 5.5.2017, 6 AV 1/17, NVwZ-RR 2017, 676; Steinhauff, in HHSp, AO/FGO, § 39 FGO Rz. 76; Brandis, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 39 FGO Rz. 5.
[3] BGH v. 7.10.1977, I ARZ 513/77, NJW 1978, 321.
[4] Ossinger, in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, § 38 FGO Rz. 15; Gräber/Herbert, FGO, 9. Aufl. 2019, § 39 Rz. 5.

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