Rz. 24

Das Steuerrecht sieht für Beteiligte i. S. d. § 78 AO keine Mitwirkungsverweigerungsrechte vor. Die §§ 101 bis 104 AO gelten ausdrücklich nicht für den Beteiligten. Andernfalls wäre eine Entscheidung zulasten des Stpfl. bei Nichterfüllung der Mitwirkungspflichten schwerlich begründbar, wenn dem Stpfl. ein die Mitwirkung ausschließendes Recht zukäme. Die aus § 90 Abs. 1 AO hervorgehende allgemeine Mitwirkungspflicht ist allerdings als solche mangels hinreichender Bestimmtheit nicht nach § 328 AO erzwingbar. Die Finanzbehörde kann aber Zwangsmittel einsetzen, wenn – und dies wird regelmäßig der Fall sein – eine inhaltlich konkretisierende Mitwirkungsvorschrift (vgl. Rz. 12f.) einschlägig ist.

 

Rz. 25

Die Einleitung eines Steuerstraf- oder Bußgeldverfahrens durch die Finanzbehörde hat zwar grundsätzlich keinen Einfluss auf das Besteuerungsverfahren. Im Vorgriff auf ein ggf. zu eröffnendes Strafverfahren durch die Finanzbehörde ergriffene Maßnahmen der Steueraufsicht[1] lassen die Mitwirkungspflicht des Stpfl. unberührt. Allerdings können in diesem Stadium erlangte Beweismittel nicht im Rahmen eines später eingeleiteten Straf- oder Bußgeldverfahrens verwertet werden. Da regelmäßig keine Tatentdeckung anzunehmen ist und dies vereinzelt durch die Finanzbehörde im Zuge des Hinweises auf die fortbestehenden Mitwirkungspflicht ausdrücklich klargestellt wird, bleibt eine strafbefreiende Selbstanzeige nach § 371 AO möglich.[2] Denn die Verfahren laufen unabhängig voneinander weiter.[3] Das in § 393 Abs. 1 S. 2 AO geregelte Zwangsmittelverbot führt aber im Besteuerungsverfahren faktisch zu einem Mitwirkungsverweigerungsrecht, wenn sich der Beteiligte durch die Mitwirkung selbst wegen einer Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit belasten müsste.[4] Die Finanzbehörde kann jedoch im Rahmen der Besteuerung nachteilige Schlüsse für den Beteiligten ziehen, sofern aufgrund seiner Verweigerung die Sachaufklärung nicht gelingt.

[2] BFH v. 23.1.2002, XI R 10, 11/01, BStBl II 2002, 328; BFH v. 28.12.2006, VIII B 48/06, BFH/NV 2007, 646; Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 90 AO Rz. 11; Klein/Rätke, AO, 14. Aufl. 2018, § 90 Rz. 8.
[4] Koenig/Wünsch, AO, 3. Aufl. 2014, § 90 Rz. 2; Roser, in Gosch, AO/FGO, § 90 AO Rz. 18.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Gold. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge