Rz. 4

Die aktiven steuerlichen Mitwirkungs- und Hilfspflichten, die der Durchführung der Steueraufsicht dienen, bestehen in der Vorlage-, Auskunfts- und anderer Hilfspflichten.

Die Vorlagepflicht erstreckt sich auf die Vorlage von sämtlichen Aufzeichnungen, Büchern, Geschäftspapieren und anderen Urkunden über die der Steueraufsicht unterliegenden Sachverhalte und über den Bezug und den Absatz zoll- oder verbrauchsteuerpflichtiger Waren.

 

Rz. 5

Die Vorlagepflicht von Unterlagen erstreckt sich über die der Steueraufsicht unterliegenden Sachverhalte hinaus, auch auf Unterlagen über den Bezug und den Absatz zoll- oder verbrauchsteuerpflichtiger Waren. Der Vorlagepflichtige hat in diesem Fall Informationen über Dritte zu geben, die ggf. als weitere Steuerschuldner oder Haftungsschuldner in Betracht kommen oder den für die Geltendmachung der Sachhaftung erforderlichen Aufenthaltsort der Ware kennen.

Die vorzulegenden Unterlagen hat der Betroffene nach der in § 211 Abs. 1 S. 2 AO vorgeschriebenen sinngemäßen Anwendung des § 200 Abs. 2 AO in seinen Geschäftsräumen oder, soweit ein geeigneter Geschäftsraum nicht vorhanden ist, in seinen Wohnräumen oder an Amtsstelle vorzulegen. Der Finanzbehörde steht kein Auswahlermessen hinsichtlich des Ortes der Vorlage der Unterlagen zu, wenn ein geeigneter Geschäftsraum vorhanden ist. Die Vorlage der Unterlagen in den Wohnräumen des Betroffenen ist nur mit dessen Zustimmung zulässig.[1] Zur Vereinbarkeit mit Art. 13 GG vgl. Papperitz, BB 1980, 674.

Zur Erbringung der Vorlagepflicht hat der Betroffene einen geeigneten Raum oder Arbeitsplatz sowie die erforderlichen Hilfsmittel unentgeltlich zur Verfügung zu stellen, § 200 Abs. 2 S. 2 AO. Ein Raum oder Arbeitsplatz ist geeignet, wenn der zuständige Beamte die vorgelegten Unterlagen unter zumutbaren Bedingungen sichten kann, d. h. es muss ein für Lese- und Schreibarbeiten geeigneter Tisch vorhanden sein, es müssen ausreichende Lichtverhältnisse bestehen und der Raum muss erforderlichenfalls beheizt sein. Der Betroffene hat für die Sichtung der Unterlagen erforderliche Hilfsmittel, z. B. EDV-Anlagen, soweit vorlagepflichtige Daten gespeichert sind, unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. Hilfsmittel, die die Finanzbehörde üblicherweise selbst besitzt, müssen nicht zur Verfügung gestellt werden. Die mit der Durchführung der Steueraufsicht betrauten Beamten müssen die zur Durchführung der Kontrollen üblichen Hilfsmittel selbst mitbringen, um nicht in eine Abhängigkeit vom Betroffenen zu geraten.[2]

 

Rz. 6

Die Pflicht zur Erteilung von Auskünften über steueraufsichtsrelevante Tatsachen, die Auskunftserteilungspflicht, besteht – anders als nach § 97 Abs. 2 AO – gleichrangig neben der Vorlagepflicht, wobei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Mittel zum Aufsichtszweck zu beachten ist. Die Kontrolle hat zunächst anhand der vorgelegten Unterlagen zu erfolgen; nur wenn keine Unterlagen vorgelegt werden können oder diese nicht aussagekräftig sind, ist der Betroffene zur Erteilung von Auskünften verpflichtet.[3]

 

Rz. 7

Pflicht zur Leistung der zur Durchführung der Steueraufsicht sonst erforderlichen Hilfsdienste. Die die Steueraufsicht allein nur erleichternden nützlichen Dienste (z. B. die unentgeltliche Bereitstellung einer Schreibkraft) können nicht gefordert werden.[4] Die Verpflichtung zur unentgeltlichen Zurverfügungstellung eines zur Durchführung der Steueraufsichtsmaßnahmen geeigneten Raumes oder Arbeitsplatzes sowie der erforderlichen Hilfsmittel ergibt sich bereits aus § 211 Abs. 1 S. 2 AO i. V. m. § 200 Abs. 2 S. 2 AO. Die von § 200 Abs. 2 S. 2 AO abweichende Formulierung als "Hilfsdienste" darf nicht dahingehend missverstanden werden, dass der Mitwirkungspflichtige Gehilfe des Amtsträgers sei.[5] Hilfsdienste beschränken sich z. B. auf die Bedienung der EDV-Anlage, die der Betroffene nach § 200 Abs. 2 S. 2 AO unentgeltlich zur Verfügung zu stellen hat, soweit darin vorlagepflichtige Daten gespeichert sind. Der Betroffene hat alles in seiner Sphäre Mögliche zu tun, damit der Amtsträger seine Aufsichtstätigkeit ungehindert durchführen kann.

 

Rz. 8

§ 211 Abs. 3 AO regelt das Verbot jeglicher Vorkehrungen, die die Ausübung der Steueraufsicht hindern oder erschweren. Diese Vorschrift enthält keine allgemeine Ausdehnung der Verpflichtungen des Betroffenen zur Hilfeleistung jeder Art über den Rahmen der Abs. 1 und 2 hinaus, sondern verbietet lediglich besondere Hindernisse und Erschwerungen. Betriebsbedingte notwendige Maßnahmen sind hiervon nicht betroffen, auch wenn sie zu gewissen Unbequemlichkeiten bei der Durchführung der Steueraufsicht führen.

[1] FG Düsseldorf v. 4.12.1980, II 31/80 AO, EFG 1981, 382.
[2] Schallmoser, in HHSp, AO/FGO, § 200 AO Rz. 373.
[3] So auch Brandis, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 211 AO Rz. 1; Hoyer, in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 211 AO Rz. 14.
[4] Dißars/Dißars, ZfZ 1996, 130, 136.
[5] Schallmoser, in HHSp, AO/FGO, § 211 AO Rz. 7.

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