Rz. 12

Das Auskunftsverweigerungsrecht nach § 101 AO setzt voraus, dass sich das anhängige Verwaltungsverfahren (s. Rz. 6) nicht auf die Auskunftsperson selbst, sondern auf einen Angehörigen (s. Rz. 7f.) der Auskunftsperson bezieht und dieser Beteiligter ist. Der Begriff des Beteiligten wird durch § 78 AO bestimmt.[1] Eine Ausdehnung des Beteiligtenbegriffs i. S. d. § 101 AO auch auf Personen, deren formale Beteiligtenstellung noch nicht erreicht ist[2], dürfte schon wegen der Unschärfe des damit erfassten Personenkreises und ferner wegen des ersichtlich an § 78 AO angelehnten Beteiligtenbegriffs ausscheiden.

Ist die Auskunftsperson selbst Beteiligter, so kann sie nur eingeschränkt die Mitwirkung verweigern.[3] Im Verwaltungsverfahren gegen den Auskunftspflichtigen als Beteiligten kann dieser also nicht die Auskunft über steuerliche Verhältnisse, die für sein Verfahren von Bedeutung sind, verweigern, durch die aber Angehörige, die nicht Beteiligte sind, berührt werden.[4]

Kein wechselseitiges Aussageverweigerungsrecht besteht, wenn mehrere Angehörige als Beteiligte des Verwaltungsverfahrens betroffen sind, z. B. bei Kontrollmitteilungen nach § 194 Abs. 3 AO[5] im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Feststellung[6] oder wenn der Angehörige im Weg der Gesamtrechtsnachfolge[7] in die Rechtsstellung eines anderen Angehörigen eintritt.

 

Rz. 13

Bei Ehegatten, die die Zusammenveranlagung gewählt haben, ergibt sich hinsichtlich der steuerlichen Verhältnisse des anderen Ehegatten ein Auskunftsverweigerungsrecht, sofern es sich nicht um gemeinsame Besteuerungsgrundlagen handelt.[8] Die Regelung des § 26b EStG zur Zusammenveranlagung hat nicht zur Folge, dass Ehegatten verfahrensmäßig als ein "Gesamt-Beteiligter" anzusehen sind.[9] Ist ein Ehepartner nicht Beteiligter des Verfahrens, z. B. des Einspruchsverfahrens, so steht ihm das Auskunftsverweigerungsrecht uneingeschränkt zu.[10] Ebenso besteht das Auskunftsverweigerungsrecht, wenn bei den Ehegatten eine getrennte Veranlagung erfolgt.

[1] BFH v. 28.3.1979, I B 79/78, BStBl II 1979, 538; Koenig/Wünsch, AO, 3. Aufl. 2014, § 101 Rz. 8.
[2] So Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 101 AO Rz. 4; dagegen Klein/Rätke, AO, 15. Aufl. 2020, § 101 Rz. 2.
[4] FG Münster v. 6.11.1987, IV 1368/84 E, EFG 1988, 394; Schindler, in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 101 AO Rz. 6; Koenig/Wünsch, AO, 3. Aufl. 2014, § 101 Rz. 8.
[5] Klein/Rätke, AO, 15. Aufl. 2020, § 101 Rz. 3; a. A. derselbe, § 194 Rz. 50f.; Schindler, in Gosch, AO/FGO, § 101 AO Rz. 10f.; Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 101 AO Rz. 6a; Schuster, in HHSp AO/FGO, § 101 AO Rz. 5.
[8] BFH v. 16.4.2002, IX R 40/00, BStBl II 2002, 501; Klein/Rätke, AO, 15. Aufl. 2020, § 101 Rz. 3; Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 101 AO Rz. 9; Schindler, in Gosch, AO/FGO, § 101 AO Rz. 7; Koenig/Wünsch, AO, 3. Aufl. 2014, § 101 Rz. 10; Schuster, in HHSp, AO/FGO, § 101 AO Rz. 12.

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