Rz. 2

Die Entscheidung des Strafgerichts[1] über den Antrag der Finanzbehörde nach § 400 AO auf Erlass eines Strafbefehls richtet sich nach § 408 StPO.

Über den Strafbefehlsantrag entscheidet der Richter zumeist gem. § 407 Abs. 3 StPO ohne Anhörung des Angeschuldigten nach Aktenlage. Dies schließt nicht aus, dass er – wenn er seine Zuständigkeit nach § 408 Abs. 1 StPO angenommen hat – bei der antragstellenden Finanzbehörde die Klärung einzelner Fragen anregt oder entsprechend § 202 StPO in Ausnahmefällen selbst vornimmt.[2] In diesem Verfahrensstadium bleibt die Rechtsstellung der Finanzbehörde noch erhalten.[3]

 

Rz. 2a

Erachtet der Richter aufgrund der Aktenlage den Angeschuldigten der ihm vorgeworfenen Steuerstraftat nicht für hinreichend verdächtig, so muss er gem. § 408 Abs. 3 S. 2 StPO den Erlass des Strafbefehls ablehnen.[4] Hinreichender Tatverdacht[5] ist gegeben, wenn nach der Bewertung des Akteninhalts der Straftatbestand rechtswidrig und schuldhaft erfüllt ist und die sonstigen Voraussetzungen eines Strafausspruchs gegeben sind. Fehlt ein Merkmal, so muss er den Antrag ablehnen. Hierbei ist es unerheblich, ob der Richter die tatsächlichen Feststellungen der Finanzbehörde als nicht erwiesen ansieht, nach Ansicht des Richters die Voraussetzungen des Straftatbestands nicht erfüllt sind, Rechtfertigungsgründe, Schuldausschlussgründe, Strafausschlussgründe, Strafaufhebungsgründe[6] oder Strafverfolgungshindernisse[7] vorliegen. Hält der Richter das Verhalten des Beschuldigten für leichtfertig, also den Bußgeldtatbestand des § 378 AO für erfüllt, so muss er allerdings, wenn die Finanzbehörde den Antrag nicht zurücknimmt, die Hauptverhandlung anberaumen.[8]

 

Rz. 2b

Die Ablehnung des Strafbefehlsantrags entspricht gem. § 408 Abs. 2 S. 2 StPO dem Beschluss, das Hauptverfahren nicht zu eröffnen. Es gelten insoweit §§ 204, 210, 211 StPO. Hiergegen steht der Finanzbehörde, nicht aber der Staatsanwaltschaft, die sofortige Beschwerde zu.[9] Hält das Landgericht die Beschwerde für begründet, so ordnet es entsprechend § 210 Abs. 1 StPO die Hauptverhandlung durch das Amtsgericht an, da es selbst den Strafbefehl nicht erlassen darf.[10]

 

Rz. 2c

Ist für den Richter aber der hinreichende Tatverdacht gegeben, so hat er nach § 408 Abs. 3 S. 1 StPO dem Strafbefehlsantrag zu entsprechen, wenn er gegen den Erlass des Strafbefehls keine Bedenken hat. Der Richter wird durch diese Bestimmung nicht in seiner richterlichen Entscheidungsfreiheit eingeschränkt. Er kann, obgleich § 408 StPO dies nicht ausdrücklich erwähnt, das anhängige Strafverfahren nach §§ 153, 153a StPO[11] einstellen .[12] Auch eine Beschränkung nach §§ 154, 154a StPO kommt in Betracht.[13] Dafür bedarf es der Zustimmung der Finanzbehörde.[14] Hat der Richter hinsichtlich des Inhalts des Strafbefehls Bedenken, sei es, dass er den Sachverhalt anders rechtlich würdigt, also das Vorliegen eines anderen Straftatbestands, eines anderen Tatstadiums oder einer anderen Beteiligungsform annimmt, sei es, dass er das Strafmaß als nicht schuldangemessen wertet, so muss er nach § 408 Abs. 3 S. 2 StPO Kontakt mit der Finanzbehörde aufnehmen. Der Richter muss also bei auftauchenden Bedenken zunächst versuchen, diese durch eine Erörterung mit der Finanzbehörde zu beseitigen. Dies geschieht in der Praxis häufig in der Frage der beantragten Strafhöhe. Beharrt die Finanzbehörde allerdings auf der beantragten Rechtsfolge oder lassen sich die Bedenken des Strafrichters nicht zerstreuen, so hat der Richter gem. § 408 Abs. 3 S. 1 StPO Hauptverhandlung anzuberaumen.

 

Rz. 2d

Diese Pflicht zum Verständigungsversuch mit der Finanzbehörde bewirkt, dass der Richter nicht gegen den Willen der Finanzbehörde einen vom Antrag inhaltlich abweichenden Strafbefehl erlassen darf. Ein gleichwohl erlassener abweichender Strafbefehl ist nicht unwirksam[15], aber von der Finanzbehörde mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar.[16]

Diese ist gem. §§ 306 Abs. 1, 311 Abs. 2 StPO binnen einer Woche ab Bekanntgabe beim AG zu erheben. Das Beschwerdegericht kann die Beschwerde ablehnen oder dieser abhelfen. Im Falle der Abhilfe erlässt das Beschwerdegericht den Strafbefehl nicht selbst.[17] Im Beschwerdeverfahren kann die Finanzbehörde diese wieder zurücknehmen

Der Tatrichter darf vor Anberaumung des Hauptverhandlungstermins bei einer beharrlichen Weigerung der Finanzbehörde den Versuch machen, die Staatsanwaltschaft zu veranlassen, das Verfahren gem. § 386 Abs. 4 S. 2 AO an sich zu ziehen.[18] Vor der Evokation hat die Staatsanwaltschaft im selbstständigen Verfahren der Finanzbehörde kein Mitwirkungsrecht und insbesondere keine Weisungsbefugnis hinsichtlich der inhaltlichen Gestaltung des Strafbefehls.[19] Erst mit der Evokation verliert die Finanzbehörde ihre Rechtsstellung nach § 399 AO und erlangt, da das Verfahren bereits bei Gericht anhängig ist, die Rechtsstellung nach § 407 AO. Nimmt die Staatsanwaltschaft den Strafbefehlsantrag zurück, hat die Finanzbehörde die Rechtsstellung nach §§ 402, 403 AO.

 

Rz. 2e

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