Rz. 50

Im Gegensatz zur Vollrechtsfähigkeit der natürlichen und juristischen Personen (Rz. 36, 42) können Einzelgesetze eine auf bestimmte Bereiche oder Angelegenheiten beschränkte Teilrechtsfähigkeit für Personenvereinigungen oder Sachgesamtheiten gleich welcher Rechtsform vorsehen.[1] Entscheidend ist, dass diesen durch das jeweilige Steuergesetz Rechte gewährt oder Pflichten auferlegt werden.[2] Die Rechtslage ist für jede Steuerart und für verschiedene Steuerrechtsgebiete gesondert zu betrachten, z. B.:

 

Rz. 51

  • Personengesellschaften sind für die Durchführung einer Außenprüfung[3] zur einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung steuerrechtsfähig, ihnen gegenüber ist die Prüfungsanordnung zu erlassen, sie haben die Prüfung zu dulden und die Mitwirkungspflichten nach § 200 AO zu erfüllen.[4] Die Steuerrechtsfähigkeit bleibt auch nach der handelsrechtlichen, nicht nach der steuerrechtlichen Vollbeendigung erhalten.[5]
 

Rz. 52

  • Personengesellschaften sind nicht selbst Stpfl. i. S. v. § 1 Abs. 1 AStG; steuerrechtsfähig sind nur die hieran beteiligten Gesellschafter.[6]
 

Rz. 53

  • Personengesellschaften können Beteiligte am Besteuerungsverfahren[7] und am finanzgerichtlichen Verfahren sein.[8]
 

Rz. 54

  • Bei der Einheitsbewertung ist nach § 97 Abs. 1 Nr. 5 BewG für das Vermögen von Personengesellschaften ein Einheitswert festzustellen, der anteilig auf die Gesellschafter zu verteilen ist. Hinsichtlich der Einheitswertfeststellung des Betriebsvermögens ist die Personengesellschaft insoweit steuerrechtsfähig.[9]
 

Rz. 55

  • Bei der ESt ist die Steuerrechtsfähigkeit nur für die einzelne natürliche Person gegeben.[10] Eine Personengemeinschaft ist – soweit der Gesetzgeber nichts abweichendes geregelt hat – selbst nicht Träger einkommensteuerrechtlicher Rechte und Pflichten.[11] Dies hat auch Folgewirkungen. Steht ein zwangsverwaltetes Grundstück nicht im Eigentum einer natürlichen Person (Rz. 23), sondern im Eigentum einer Personengesellschaft oder Bruchteilsgemeinschaft, entsteht keine Entrichtungspflicht des Zwangsverwalters für anteilige Einkommensteuer, denn die Gesellschaft oder Gemeinschaft schuldet die Steuer nicht und der Zwangsverwalter muss nur die Pflichten erfüllen, die der Vollstreckungsschuldner hat.[12] Auch der Nachlass, für den eine Nachlassverwaltung angeordnet ist, ist hinsichtlich der ESt nicht selbst rechtsfähig.[13]

    Miteigentümergemeinschaften an einem Grundstück sind zwar im Allgemeinen nicht steuerrechtsfähig; anders ist dies aber, wenn sie als Vermieterin auftreten, für das Verfahren der einheitlichen und gesonderten Feststellung des Gewinns.[14] Dessen ungeachtet bleibt Steuerrechtssubjekt der ESt die einzelne natürliche Person.[15]

    Ob und inwieweit zukünftig nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Rechts der Personengesellschaften[16] ab 1.1.2024 zivilrechtlich rechtsfähige Personengesellschaften (vgl. dazu Rz. 32) auch für die ESt rechtsfähig sein werden, wird insbesondere von der weiteren Entwicklung der Steuergesetzgebung abhängen. Letztlich hängt die Steuerrechtsfähigkeit auch bei zivilrechtlich anerkannter Rechts- oder Teilrechtsfähigkeit von den einzelnen steuerrechtlichen Normen ab. Diese entscheiden, ob die Rechtsfähigkeit für Steuerzwecke dem Gebilde selbst oder den dahinterstehenden Personen zukommt.[17]

 

Rz. 56

  • Bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer sind Gesamthandsgemeinschaften nicht steuerrechtsfähig.[18] Die Steuer wird von den einzelnen Gesamtschuldnern geschuldet.[19]
 

Rz. 57

  • Bei der GewSt besteht die Steuerrechtsfähigkeit für den Unternehmer.[20] Wird das Unternehmen für Rechnung einer Personengesellschaft geführt, so ist nach § 5 Abs. 1 S. 3 GewStG diese Rechtssubjekt der GewSt. Die einzelnen Mitunternehmer sind nicht Steuerschuldner der GewSt, sondern kommen insoweit nur als Haftungsschuldner in Betracht. Dies gilt nicht, wenn das Unternehmen in der Rechtsform einer Europäischen wirtschaftlichen Interessenvereinigung[21] betrieben wird.[22] Hier sind die einzelnen Gesellschafter Stpfl. Sie sind kraft Gesetzes Gesamtschuldner.

    Gem. § 2 Abs. 2 Nr. 2 GewStG sind Kapitalgesellschaften unabhängig von ihrer Art und der ausgeübten Tätigkeit hinsichtlich der GewSt steuerlich rechtsfähig. Organgesellschaften (Rz. 59) gelten nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 GewStG als Betriebstätten des Organträgers. Die Steuerrechtsfähigkeit hinsichtlich der GewSt ist gleichwohl für die Organgesellschaft und für den Organträger gegeben.[23] Allein auf § 5 GewStG lässt sich die gewerbesteuerliche Rechtsfähigkeit allerdings nicht begrenzen. Dieser regelt nur, wer Schuldner der Gewerbesteuer ist. Stpfl. für den Bereich der GewSt können darüber hinaus auch Träger von Rechten und Pflichten aus weiteren steuerlichen Regelungen sein.[24]

 

Rz. 58

  • Bei der GrESt ergeben sich die Steuerschuldner als steuerrechtsfähige Rechtssubjekte aus § 13 GrEStG. Nach §§ 5, 6 GrEStG können dabei auch Gesamthandsgemeinschaften, z. B. die GbR, KG, OHG oder Erbengemeinschaft, steuerlich rechtsfähig sein.[25] Die einzelnen Gesell...

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