Rz. 11

Durch Herabsetzung einer festgesetzten Steuer muss sich ein Steuererstattungsanspruch ergeben haben oder es muss eine Steuervergütung gewährt worden sein. Eine Steuer ist eine Geldleistung i. S. d. § 3 Abs. 1 AO. Einfuhr- und Ausfuhrabgeben (unter Einschluss der Zölle) sind gem. § 3 Abs. 3 AO ebenfalls Steuern und unterfallen § 236 AO.

Landesrechtlich geregelte Steuern fallen nicht unmittelbar unter § 236 AO. Auf sie sind die Vorschriften der AO einschließlich § 236 AO jedoch regelmäßig kraft Landes-AO-Anwendungsgesetze entsprechend anwendbar.[1] Auf KiSt ist § 236 AO nur in Baden-Württemberg teilweise anwendbar.[2]

 

Rz. 12

Unter die Zinsregelungen des § 236 AO fallen nicht die Herabsetzung von Haftungsansprüchen[3], von Geldbußen und steuerlichen Nebenleistungen. § 3 Abs. 4 AO und § 233 S. 2 AO schließen die Geltendmachung von Erstattungszinsen auf zu erstattende Nachzahlungszinsen aus.[4] Ausgeschlossen sind auch Aufteilungsbescheide nach § 279 AO.[5] Ist ein Betrag rechtsirrig als Haftungsschuld und nicht als Steuerschuld geltend gemacht worden (z. B. Haftungsbescheid über pauschalierte LSt), so ist die Aufhebung des – nicht als Steuerbescheid auslegbaren – Haftungsbescheids keine Herabsetzung einer festgesetzten Steuer.[6] Die Investitionshilfeabgabe ist keine Steuer. Sie unterliegt dennoch § 236 AO.[7]

 

Rz. 13

Ein Anspruch auf Prozesszinsen setzt voraus, dass die festgesetzte Steuer herabgesetzt oder eine Vergütung gewährt wird. Diese Herabsetzung muss – abgesehen vom Fall des Rechtsbehelfs gegen einen Grundlagenbescheid (Abs. 2 Nr. 2a) – den Erstattungsanspruch unmittelbar ergeben.[8] Ausgeschlossen sind auch Erstattungsansprüche nach Rechtsstreitigkeiten über Abrechnungsbescheide nach § 218 Abs. 2 AO (vgl. Rz. 10). Der Grund der Herabsetzung ist belanglos. § 236 Abs. 1 S. 1 AO greift ein, wenn die Steuer im Festsetzungsverfahren nach § 163 AO aus Billigkeitsgründen herabgesetzt wird.[9] Auch die Aufhebung der Steuerfestsetzung ist eine Herabsetzung. Der Erlass der Steuer im Erhebungsverfahren gem. § 227 AO ist hingegen nicht begünstigt. .[10]

 

Rz. 14

Mit Steueranmeldungen[11] angemeldete Steuern sind als festgesetzte Steuern zu behandeln, da nach § 168 S. 1 AO die Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Ohne Festsetzung zu zahlende und gezahlte Steuern[12] fallen nicht unter die Vorschrift; etwas anderes gilt nur, wenn eine abweichende Steuer festzusetzen ist oder keine Steueranmeldung abgegeben wird.[13] Überzahlungen, die sich durch ein Rechtsbehelfsverfahren über einen Verwaltungsakt nach § 218 Abs. 2 AO (Abrechnungsbescheid) herausstellen, sind daher nicht zu verzinsen.[14] § 236 AO enthält keine Zinspflicht für jede Erstattung nach Abschluss eines Rechtsbehelfsverfahrens, sondern nur eine solche in den umschriebenen Fällen. Deswegen fällt auch der Erstattungsanspruch nach §§ 272 Abs. 1 S. 6, 276 Abs. 6 S. 2 AO aus einem Aufteilungsverfahren mit rechtskräftig abgeschlossenem Klageverfahren nicht unter § 236 AO.

 

Rz. 15

Bei Gewährung einer Steuervergütung durch rechtskräftige Entscheidung ist § 236 AO ebenfalls anzuwenden.[15] Vergütungen sind z. B. der Vorsteuerüberhang bei der USt nach § 16 Abs. 2 UStG. Einige Leistungen der öffentlichen Hand mit Subventionscharakter werden wie Steuervergütungen behandelt.[16] Für diese gilt daher auch § 236 AO.

 

Rz. 16

Währungsausgleichsbeträge und andere EG-Subventionen nach den EG-Marktordnungen sind weder Abschöpfungen i. S. d. § 3 Abs. 3 AO noch Steuervergütungen und fallen daher nicht unter § 236 AO.[17] § 14 Abs. 2 MOG enthält jedoch auf eine Rechtsgrundverweisung auf § 236 AO, der eine entsprechende Anwendung des § 291 BGB für die Zeit ab Rechtshängigkeit ausschließt.[18] Auch bei der Rückzahlung einer Sanktion nach Art. 51 EGVO 800/1999 ist § 14 Abs. 2 MOG anwendbar.[19] Zu verzinsen ist ferner ein wegen Verstoß gegen das Unionsrecht bestehender Anspruch auf Verzinsung des Erstattungsbetrags.[20] Zu erstatten sind auch Zinsen auf erstattete Antidumpingzölle.[21] Voraussetzung ist stets, dass die herabgesetzte Steuer gezahlt bzw. die (höher) gewährte Steuervergütung vorenthalten wurde.

Rz. 17–19 einstweilen frei

[3] Ebenso BFH v. 25.7.1989, VII R 39/86, BStBl II 1989, 821; BFH v. 23.8.2012, VI B 53/12, BFH/NV 2012, 1938; 50/83 AO, EFG 1986, 105; Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 236 AO Rz. 4.
[6] Bedenklich FG Münster v. 23.6.1983, IV 2587/81, EFG 1984, 196, sofern nicht eine Auslegung als Steuerbescheid möglich war.
[9] Ebenso Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 236 AO Rz. 9; a. A. Heuermann, in HHSP, AO/FG...

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