Leitsatz (amtlich)

1. Gegen die Entscheidung des Amtsgerichts, mit dem ein Antrag auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens mit der Begründung, es sei ein Regelinsolvenzverfahren durchzuführen, für unstatthaft erklärt wird, ist die Beschwerde statthaft.

2. Für die Prüfung der Zulässigkeit des Verbraucherinsolvenzverfahrens i. S. d. § 304 Abs. 1 InsO (Ausübung einer nur geringfügigen selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit) ist frühestens auf den Zeitpunkt der Stellung des Insolvenzantrages abzustellen, nicht auf den Zeitpunkt des Insolvenzeintritts.

 

Orientierungssatz

Zulässigkeit des Verbraucherinsolvenzverfahrens, Rechtsmittel und maßgeblicher Zeitpunkt.

 

Normenkette

InsO § 7 Abs. 1, § § 304 ff., § 312 Abs. 2; GVG § 17a Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Itzehoe (Aktenzeichen 4 T 342/99)

AG Pinneberg (Aktenzeichen 51 IN 15/99)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde des Schuldners vom 17. November 1999 wird zugelassen.

Auf die Beschwerde werden der Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Itzehoe vom 1. November 1999 und der Beschluss des Amtsgerichts – Insolvenzgericht – Pinneberg vom 5. Oktober 1999 geändert. Der Antrag des Schuldners auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens ist bezogen auf seine Person zulässig. Die Prüfung der weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen bleibt dem Amtsgericht – Insolvenzgericht – vorbehalten.

Von der Erhebung von Gerichtskosten wird abgesehen.

 

Gründe

I.

Der Schuldner hat unter dem 1. Januar 1999 einen Antrag auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens gestellt. Das Amtsgericht hat die gewählte Verfahrensart durch Beschluss vom 5. Oktober 1999 mit der Begründung für unstatthaft erklärt, dass das Verbraucherinsolvenzverfahren nicht für Fälle gelte, in denen es der Sache nach um die Abwicklung eines „toten” Unternehmens gehe und in denen die Vermögensverhältnisse des Schuldners nicht überschaubar seien. In diesen Fällen sei ein Regelinsolvenzverfahren durchzuführen. Die Schulden des Schuldners resultierten mit einer Ausnahme aus der Zeit vor dem 31. Dezember 1995, in der der Schuldner noch Gesellschafter einer OHG gewesen sei. Die Schulden beliefen sich auf insgesamt 9 Mio. DM. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde mit Beschluss vom 1. November 1999 zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss richtet sich der Antrag des Schuldners auf Zulassung der sofortigen weiteren Beschwerde und für den Fall der Zulassung seine sofortige weitere Beschwerde.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde wird zugelassen.

Der Zulassungsantrag ist form- und fristgerecht getellt. Ihm ist gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 InsO zu entsprechen, wenn die weitere Beschwerde darauf gestützt wird, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes beruht, und wenn die Nachprüfung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten ist.

Unabhängig von den Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 InsO würde vorliegend die sofortige weitere Beschwerde allerdings schon dann nicht statthaft sein, wenn gegen die Entscheidung des Amtsgerichts – Insolvenzgericht – an sich kein Rechtsmittel gegeben gewesen wäre, das Landgericht also fälschlich angenommen hätte, dass gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 5. Oktober 1999 die sofortige Beschwerde gegeben ist. Die InsO regelt nicht ausdrücklich, wie zu verfahren ist, wenn ein Schuldner ausdrücklich einen Antrag auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens stellt, der nach Auffassung des Insolvenzgerichts dem Anwendungsbereich des Regelinsolvenzverfahrens zuzuordnen ist, oder umgekehrt. Während nach einer Auffassung entsprechend § 17 a Abs. 2 GVG von Amts wegen die Abgabe in die jeweils nach Ansicht des Gerichts gegebene Verfahrensart zu erfolgen hat (Bork ZIP 99, 301, 303), hat nach anderer Meinung ebenfalls eine Abgabe entsprechend § 17 a Abs. 2 GVG zu erfolgen, allerdings nur auf Antrag hin (Kothe in Frankfurter Kommentar zur Insolvenzordnung, 2. Aufl., § 304 Rdn. 29). Nach dritter Ansicht ist der Antrag nach Anhörung des Schuldners als unzulässig zurückzuweisen; der Schuldner hat allerdings die Möglichkeit, die Zurückweisung durch Antragsumstellung zu verhindern (AG Köln NZI 99, 241, 242; Vallender/Fuchs/Rey NZI 99, 218, 219). Ob die Entscheidung des Insolvenzgerichts über die Einstufung des Verfahrens als Regel- oder Verbraucherinsolvenzverfahren angreifbar ist, ist ebenfalls umstritten. Während nach einer Auffassung, die sich auf § 6 Abs. 1 InsO stützt, die Entscheidung unanfechtbar ist (Wenzel in Kübler/Prütting, InsO, 5. Ergänzungslieferung, § 304 Rdn. 2 a; Kögel DZWiR 99, 235, 240), ergibt sich nach anderer Meinung die Angreifbarkeit mit der sofortigen Beschwerde entweder aus § 17 a Abs. 4 Satz 3 GVG analog oder aus § 34 InsO analog (Bork ZIP 99, 301, 303) oder aber aus „allgemeinen Grundsätzen” (Vallender/Fuchs/Rey NZI 99, 218, 219). Der Senat schließt sich im Hinblick darauf, dass das Insolvenzeröffnungsverfahren vom Antragsgrundsatz beherrscht wird, der Auffassung an, die eine Zurückweisung als unzulässig befürwortet, falls der angehörte Schuldner seinen ursprüngl...

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