Entscheidungsstichwort (Thema)

Erhebung von Einfuhrabgaben bei Veräußerung eines als Übersiedlungsgut angemeldeten PKW nach wirtschaftlichem Totalschaden durch Unfall

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Einfuhrabgaben sind zu erheben, wenn ein anlässlich der Übersiedlung von der Schweiz in das Inland als Übersiedlungsgut zur Endverwendung angemeldeter PKW vor Ablauf von zwölf Monaten nach Annahme des Antrags auf Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr ohne vorherige Unterrichtung der zuständigen Behörden veräußert wird.

2. Auf die Gründe für die Veräußerung kommt es nicht an; die Eingangsabgaben werden auch erhoben, wenn die Veräußerung aufgrund der zivilrechtlichen Obliegenheit zur Schadensminderung bei wirtschaftlichem Totalschaden des Fahrzeugs infolge eines Unfalls erfolgt.

 

Normenkette

UZK Art. 79 Abs. 1 Buchst. b, Abs. 3 Buchst. a, Art. 254 Abs. 4; EGV 1186/2009 Art. 8 Abs. 1-2

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

 

Tatbestand

Die Klage richtet sich gegen die Erhebung von Einfuhrabgaben für einen PKW.

Die Klägerin verlegte im Juli 2016 ihren Wohnsitz von der Schweiz nach Deutschland. Dabei meldete sie unter Verwendung des Formulars 0350 Zollanmeldung für Übersiedlungsgut” am 27.07.2016 beim HZA einen PKW … als Übersiedlungsgut zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr zur Endverwendung an. Die Zollbehörde hat unter Annahme der Zollanmeldung das Fahrzeug ohne Erhebung von Einfuhrabgaben in den zollrechtlich freien Verkehr überlassen, als Überwachungszollstelle das HZA bestimmt und unter Ziffer 8 des von der Zollstelle auszufüllenden Teils der Zollanmeldung darauf hingewiesen, dass die Waren ohne vorherige Unterrichtung der Überwachungszollstelle nicht vor dem 26.07.2017 veräußert werden dürften. Bei Weitergabe vor Ablauf dieser Frist würden Einfuhrabgaben erhoben. Auf die Zollanmeldung mit Anlagen wird Bezug genommen (Behördenakte Bl. 1-5). Im Rahmen einer Steueraufsichtsmaßnahme stellte das HZA (Überwachungszollstelle) fest, dass die Klägerin das Fahrzeug am 28.02.2017 – vor Ablauf der 12-monatigen Verwendungsfrist – wegen eines wirtschaftlichen Totalschadens infolge eines Unfalls zum Restwert in Höhe von 3900 EUR verkauft hat, ohne die Überwachungszollstelle zu informieren. Auf den Vermerk über die Steueraufsichtsmaßnahme vom 24.11.2017 mit dem als Anlage beigefügten Gutachten vom 20.02.2017 über den Haftpflichtschaden des Kfz-Sachverständigenbüros X wird Bezug genommen (Behördenakte Blatt 8-27).

Mit Einfuhrabgabenbescheid vom 12.01.2018 (Behördenakte Bl. 29) setzte der Beklagte für den PKW Einfuhrabgaben in Höhe von insgesamt 1205,10 EUR (Zoll 390 EUR; Einfuhrumsatzsteuer 815,10 EUR) fest. Mit der nach erfolglosem Einspruchsverfahren (Einspruchsentscheidung vom 14.08.2018, Behördenakte Bl. 62 ff.) erhobenen Klage wendet sich die Klägerin unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vortrags aus dem Einspruchsverfahren gegen die Abgabenfestsetzung.

Sie macht geltend, zwar sei unstreitig keine Unterrichtung der Überwachungszollstelle vor der Veräußerung erfolgt. Allerdings stehe dies aufgrund der Umstände des Einzelfalles der Befreiung von den Einfuhrabgaben nicht entgegen. Eine freiwillige Veräußerung habe nicht vorgelegen, da diese unter dem Eintritt eines Totalschadens erfolgt sei. Der Beklagte habe keine Gründe angegeben, weshalb der wirtschaftliche Totalschaden als Grund der Veräußerung unerheblich sei. Der wirtschaftliche Totalschaden sei vielmehr allein ursächlich für die Veräußerung. Durch den erlittenen Verkehrsunfall sei der wirtschaftliche Wert des Fahrzeugs verbraucht worden und nur noch ein Restwert vorhanden. Eine Benutzung des Fahrzeugs als Kraftfahrzeug habe unfallbedingt nicht mehr im Raum gestanden. Das von der Schweiz in die Bundesrepublik eingeführte Übersiedlungsgut (das intakte Fahrzeug) sei nicht mehr vorhanden gewesen. Die Veräußerung zum Restwert sei schadensrechtlich geboten gewesen. Die Klägerin habe sich in schadensrechtlicher Hinsicht einen entsprechenden Abzug gefallen lassen müssen. Auch eine etwaige Unterrichtung des HZA hätte an dem vorgenannten Sachverhalt nichts geändert, denn das eingeführte Übersiedlungsgut sei nachweislich entwertet. Die Entwertung sei auf einen Verkehrsunfall zurückzuführen, ein plötzliches, unvorhersehbares Ereignis, für das die Klägerin nicht verantwortlich sei. Im Ergebnis einer teleologischen Reduktion sei die unterlassene Unterrichtung der Behörde unschädlich.

Schließlich spreche nichts gegen eine Einfuhrabgabenbefreiung, wenn das Verhalten des Zollschuldners weder betrügerische Absicht aufweise noch offenkundige Fahrlässigkeit vorliege und die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung der Befreiung erfüllt seien. Anhand der zur Verfügung gestellten Unterlagen könne die Angabe des HZA nicht bestätigt werden, wonach die Klägerin ausdrücklich darauf hingewiesen worden sei, dass das Fahrzeug ohne vorherige Unterrichtung der Überwachungszollstelle nicht vor dem 26.07.2017 veräußert werden dürfe.

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