Entscheidungsstichwort (Thema)

Scheidungskosten keine außergewöhnlichen Belastungen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Kosten eines Scheidungsverfahrens sind Prozesskosten, die laut § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG i.d.F. des AmtshilfeRLUmsG vom 26.6.2013 nicht als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind.

2. Die Vorschrift des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Art. 2 und 6 GG dadurch, dass die Scheidungskosten dann abziehbar sind, wenn der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und er seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen kann. Die verfassungsrechtlich gebotene Sicherung des Existenzminimums ist jedoch nicht dahingehend zu verstehen, dass diese auch das seelische Existenzminimum umfasst.

3. Eine Auslegung des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG dahingehend, dass die genannten Prozesskosten nicht sämtliche Prozesskosten umfassen, verstößt gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung.

 

Normenkette

EStG § 33 Abs. 2 S. 4, § 52 Abs. 1 S. 1 Fassung v. 26.6.2013; GG Art. 2, 6, 20 Abs. 2; AmtshilfeRLUmsG

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Rechtsanwaltskosten für eine Scheidung außergewöhnliche Belastungen sind.

Die Ehe des Klägers wurde auf seinen Antrag und mit Zustimmung der Ehefrau mit Urteil vom … 2014 geschieden, wobei die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufgehoben wurden. Insgesamt beliefen sich die Rechtsanwaltskosten des Klägers laut Rechnung auf EUR 2.939,94. Er machte in seiner Einkommensteuererklärung für 2013 Aufwendungen für die Scheidung in Höhe von insgesamt EUR 2.439 geltend, die sich aus bereits von Januar bis April 2013 von ihm an seine Rechtsanwältin gezahlten Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von EUR 2.385, Fahrtkosten in Höhe von EUR 40 und Telefonkosten, Büromaterial in Höhe von EUR 14 zusammensetzen. Der Beklagte setzte mit Bescheid vom …. die Einkommensteuer für 2013 unter Berücksichtigung eines Gesamtbetrages der Einkünfte in Höhe von EUR 28.670 und des Freibetrages für ein Kind auf EUR 3.865 fest. Die Scheidungskosten anerkannte er nicht als außergewöhnliche Belastung. Den dagegen eingelegten Einspruch wies er mit Einspruchsentscheidung vom … zurück.

Der Kläger bringt vor, die Prozesskosten für die Scheidung seien trotz der seit 2013 geltenden Regelung des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG abziehbar, da nach dem Vorschlag des Bundesrates nur die frühere Rechtslage, nach der Scheidungskosten abziehbar gewesen seien, wiederhergestellt werden sollte. Des Weiteren seien die Begriffe Existenzgrundlage und lebensnotwendige Bedürfnisse dahingehend auszulegen, dass diese nicht nur wirtschaftliche und materielle Gesichtspunkte, sondern auch die gesundheitliche und psychische Ebene umfasse. Eine Scheidung stelle den letzten Ausweg für die Wiederherstellung des menschenwürdigen Daseins dar und diene damit der Sicherung der Existenzgrundlage.

Der Kläger beantragt,

den Einkommensteuerbescheid für 2013 vom … in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom … dahingehend zu ändern, dass die Einkommensteuer für 2013 auf EUR 3.462 festgesetzt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor, dass nach der seit 2013 geltenden Rechtslage Prozesskosten keine außergewöhnlichen Belastungen seien. Von dieser Regelung seien auch die Ehescheidungskosten erfasst, da der Gesetzgeber ein absolutes Abzugsverbot habe regeln wollen.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die vorbereitenden Schriftsätze und die zu Gericht gereichten Behördenakten Bezug genommen. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

I.

Die Aufwendungen für die Scheidung sind nicht als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG zu berücksichtigen.

Nach § 33 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung) erwachsen. Zwangsläufig erwachsen dem Steuerpflichtigen Aufwendungen dann, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG). Nach § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG, der gemäß § 52 Abs. 1 Satz 1 EStG in der Fassung des AmtshilfeRLUmsG vom 26. Juni 2013 (BGBl. I 2013, 1809) seit dem VZ 2013 Anwendung findet, sind Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen, ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen ...

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