Entscheidungsstichwort (Thema)

Selbstständiger Rentenberater nicht freiberuflich, sondern gewerblich tätig

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein selbstständiger Rentenberater, der an einer Technischen Hochschule ein Studium zum Diplomingenieurpädagogen abgeschlossen hat, später von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BVA) eingestellt worden ist, dem dort gründliche und umfassende Fachkenntnissen in der gesetzlichen Rentenversicherung vermittelt worden, der danach in einer Auskunfts- und Beratungsstelle der BVA eingesetzt war und der nunmehr mit einer von einem Amtsgericht erteilten Erlaubnis eine selbstständige Tätigkeit als Rentenberater ausübt, erzielt keine freiberuflichen, sondern gewerbliche Einkünfte. Die Tätigkeit als Rentenberater wird nicht von den Katalogberufen des § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG erfasst, und kann vorliegend mangels einer rechts- oder wirtschaftswissenschaftlichen Ausbildung des Rentenberaters auch nicht als eine den Katalogberufen des Rechtsanwalts oder Steuerberaters ähnliche Tätigkeit behandelt werden.

2. Dass der Rentenberater Mitglied der Rechtsanwaltskammer werden kann, wie ein Rechtsanwalt abrechnen kann, ebenso wie Rechtsanwälte und Steuerberater eine Haftpflichtversicherung abschließen muss usw., ist insoweit unerheblich. Denn die maßgeblichen Kriterien für die Annahme eines „ähnlichen Berufes” sind eine ähnliche Ausbildung und eine ähnliche Tätigkeit.

 

Normenkette

EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2, § 15 Abs. 2; GewStG § 2 Abs. 1 S. 2

 

Tenor

1. Das Verfahren wegen Einkommensteuer 2011 wird eingestellt.

2. Die Klage wegen Gewerbesteuermessbetrag 2011 wird abgewiesen.

3. Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

4. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

5. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger absolvierte eine Berufsausbildung (Feinmechaniker) mit Abitur und anschließend ein Studium an der Technischen Hochschule X, das er im Oktober 1984 als Diplomingenieurpädagoge abschloss (Bl. 87 Gerichtsakte). Anschließend war er als Betriebsingenieur an der Technischen Hochschule X tätig. Vom … 1991 bis … 1992 wurde der Kläger bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) zur Unterweisung eingestellt (vergleiche Prüfungszeugnis vom … 1992, Bl. 86 Gerichtsakte) und anschließend bis zum … 1996 als Angestellter beschäftigt. Nach dem Zeugnis der BfA vom … 1996 (Bl. 88 Gerichtsakte) wurde dem Kläger im Rahmen der theoretischen und praktischen Unterweisung „der Erwerb von gründlichen und umfassenden Fachkenntnissen in der gesetzlichen Rentenversicherung vermittelt”. Nach Beendigung der Unterweisung war der Kläger als Berater in der Auskunfts- und Beratungsstelle X eingesetzt. Zu seiner Tätigkeit im Einzelnen verweist das Gericht auf das Zeugnis vom ….1996 (Bl. 88 Gerichtsakte). Vom … bis … 1994 hat der Kläger an einem Seminar für Arbeitssicherheit und Arbeitsmedizin teilgenommen (vgl. Zertifikat, Bl. 90 Gerichtsakte).

Seit 1997 ist der Kläger als selbstständiger Rentenberater tätig. Der Kläger ist als registrierter Erlaubnisinhaber befugt

„außergerichtlich:

– gemäß Erlaubnis des Präsidenten des AG vom ….1997, erweitert durch Urkunde vom ….1998 sowie Urkunde vom ….2007 für die Sachgebiete der gesetzlichen Rentenversicherung, gesetzlichen Krankenversicherung, Pflegeversicherung, gesetzlichen Unfallversicherung sowie des Schwerbehindertenrechts;

gerichtlich:

a) außerhalb der mündlichen Verhandlung:

Vertretungsbefugnisse als Rentenberater nach der Rechtslage zum Stichtag am 30.06.2008 in Verbindung mit der Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz;.

b) Vertretungsbefugnisse im Rahmen der mündlichen Verhandlung:

– Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten und Landessozialgerichten (vgl. Bl. 45 ff. Rechtsbehelfsakte).

Der Kläger hat an verschiedenen Fachtagungen, Seminaren usw. teilgenommen (vgl. die vom Kläger eingereichten Papiere, Bl. 91 ff. Gerichtsakte).

Der Beklagte (das Finanzamt) setzte am 30. November 2012 den Gewerbesteuermessbetrag für 2011 auf … EUR fest. Der hiergegen erhobene Einspruch blieb erfolglos (vergleiche Einspruchsentscheidung vom 27. Dezember 2013, Bl. 132 ff. Rechtsbehelfsakte).

Mit der Klage macht der Kläger geltend, seine Tätigkeit als Rentenberater sei als freiberuflich anzusehen. Seine Tätigkeit sei mit der Tätigkeit der Rechtsanwälte und Steuerberater vergleichbar. Die vergleichbare Tätigkeit mache den wesentlichen Teil seiner gesamten Berufstätigkeit aus. Die Vergleichbarkeit ergebe sich aus folgenden Punkten:

  • • Die Tätigkeit aller drei Berufsgruppen sei zulassungspflichtig. Voraussetzung für die Zulassung sei jeweils ein besonderer Sachkundenachweis, der durch Staatsexamina, die Steuerberaterprüfung oder – wie bei ihm – gemäß § 11 Abs. 2 RDG erbracht werden müsse. Der Sachk...

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