Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein ermäßigter Umsatzsteuersatz für Konzerte von DJs bei Überlagerung des Konzertcharakters durch andere Zwecke wie Partymachen, Trinken und Kontaktanbahnung
Leitsatz (redaktionell)
1. Eintrittsgelder für Veranstaltungen, bei denen in mehreren Räumen (sogenannte floors) durch bekannte DJs Musik unterschiedlicher Stilrichtungen (z. B. House, Electro, Rave, Trance, Black-R´n´B & HipHop, 80ies & 90ies Video Disco, Chillout – Ibiza) dargeboten werden, unterliegen auch dann nicht als Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG dem ermäßigten Umsatzsteuersatz, wenn zwar der überwiegende Teil der verpflichteten DJs bestehende Musikstücke mittels Plattentellern, Mischpulten und CD-Playern mischt und/oder unterlegt, dadurch neue Musik kreiert und somit den Konzertbegriff des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG erfüllt, wenn jedoch nach dem Gesamtbild der Umstände bei den Veranstaltungen die Konzerte der DJs nicht den eigentlichen Zweck der jeweiligen Veranstaltung ausmachen, sondern andere Zwecke, insbesondere gemeinsames Feiern, Partymachen, geselliges Beisammensein, Trinken, Tanzen, Anbahnen und Unterhalten sozialer Kontakte, Sich-Vergnügen musikalisch Gleichgesinnter und ähnliche Disco- und tanzpartytypische Elemente im Vordergrund stehen, jedenfalls aber der Musikaufführung und dem Musikerlebnis zumindest gleichwertig sind.
2. Zur Ermittlung des eigentlichen Zwecks einer Konzertveranstaltung können verschiedene Kriterien zur Ermittlung der Verkehrsanschauung herangezogen werden, z.B., ob die Werbung oder Berichterstattung den Konzertcharakter der Veranstaltung oder den Tanz- oder Partycharakter in den Vordergrund stellt. Für die Annahme einer Tanz- oder Partyveranstaltung kann es sprechen, wenn mit Bildern unbekannter Personen in animierender Bekleidung geworben und im Textteil der Partycharakter in den Vordergrund gestellt wird, wenn die Veranstaltung regelmäßig (wöchentlich/monatlich) stattfindet, die Eintrittspreise relativ niedrig sind und es dem Veranstalter mehr auf Gastronomieumsätze ankommt.
3. Ortsfeste Dauerveranstaltungen unterliegen nicht dem ermäßigten Steuersatz § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d UStG.
Normenkette
UStG § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a, d; MwStSystRL Art. 98 Abs. 2; MwStSystRL Anhang III Kategorie 7
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob Eintrittserlöse zu verschiedenen Veranstaltungen der Klägerin in den Jahren 2007 und 2008 dem allgemeinen oder dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.
Die Gesellschafter der Klägerin, Herr und Herr hatten seit 2002 als Einzelunternehmer gemeinsam Konzerte und andere Musikveranstaltungen veranstaltet. Zum 01. Januar 2005 wurde die Klägerin gegründet. Gesellschaftszweck der Klägerin ist nach deren Gesellschaftsvertrag „die Organisation und die Veranstaltung von Musik-Events, das Betreiben von gastronomischen Leistungen, Imbiß und allen verwandten Tätigkeiten, die den Gesellschaftszweck fördern”.
Die Klägerin führte in den Streitjahren verschiedene Veranstaltungen in den Räumen des stillgelegten durch. Hierbei wurde in mehreren Räumen (sogenannte floors) durch DJs Musik unterschiedlicher Stilrichtungen (z.B. House, Electro, Rave, Trance, Black-R´n´B & HipHop, 80ies & 90ies Video Disco, Chillout – Ibiza) dargeboten. Daneben veranstaltete die Klägerin auch (sonstige) Partys und Open-Air-Discos. Die Veranstaltungen begannen üblicherweise um 23 Uhr (Einlaßbeginn). In der Regel war der Eintritt bis 23:30 Uhr oder bis 24 Uhr auf 5 EUR ermäßigt, für Frauen frei. Anschließend kostete der Eintritt am Einlaß zwischen 6 und 8 EUR. Für die jeweilige Veranstaltung engagierte die Klägerin neben lokal und regional tätigen DJs einen, vereinzelt auch mehrere national und international in der Szene unter anderem durch eigene Musikentwicklungen bzw. -produktionen, Tonträger-Veröffentlichungen und -verkäufe und teilweise aus den Musikcharts bekannte und renommierte DJs. Diese „renommierten” DJs traten im auf, welcher ca. 65 % der angemieteten Gesamtfläche ausmachte. Die drei bis vier Neben-Floors waren in der Größe veränderbar und wiesen ein Fassungsvermögen von maximal 200 Besuchern auf.
Die Klägerin bewarb die Veranstaltungen unter anderem im Internet und mittels Werbeflyer. Auf der Vorderseite der Werbeflyer für die Veranstaltungen waren neben Bezeichnung, Ort, Datum und Uhrzeit der jeweiligen Veranstaltung zumeist junge Frauen, regelmäßig leicht bekleidet, abgebildet. Auf der Rückseite waren das jeweilige „line up”, also die einzelnen „floors” mit den jeweiligen DJs aufgeführt (vgl. Werbefleyer Leitzordner zur Gerichtsakte). Im Rahmen der Veranstaltungen verkaufte die Klägerin auch gesondert berechnete Getränke, deren Erlös den aus dem Verkauf von Eintrittskarten jeweils erheblich überstieg. Ferner verkaufte sie in geringerem Umfang Snacks und stellte entg...