Leitsatz

Wird eine Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG rückgängig gemacht, kann der entsprechende Grunderwerbsteuerbescheid nicht mehr aufgehoben werden, wenn der Notar die Anteilsvereinigung zuvor nicht ordnungsgemäß beim Finanzamt angezeigt hatte.

 

Sachverhalt

Die Gesellschafter A und B waren zu jeweils 50 % an einer grundbesitzenden GmbH beteiligt. Da B seinen Geschäftsanteil mit Vertrag v. 28.12.2005 an die GmbH abtrat, wurde Gesellschafter A zum (mittelbaren) Alleingesellschafter (100 %ige Anteilsvereinigung). Der beauftragte Notar übersandte dem Finanzamt zwei Tage nach Vertragsschluss einen Kurzbrief, dem die Vertragsurkunde beigefügt war. Erst 2 Jahre später setzte das Finanzamt aufgrund dieses Vorgangs Grunderwerbsteuer i. H. v. 74.000 EUR fest (Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG). Da die Gesellschafter von dieser steuerlichen Folgewirkung offenbar überrascht waren, erklärten sie umgehend die Aufhebung des Vertrags. Strittig war nun, ob der Grunderwerbsteuerbescheid noch aufgehoben werden konnte.

 

Entscheidung

Das FG entschied, dass eine Aufhebung des Grunderwerbsteuerbescheids nicht mehr möglich war.

Zunächst einmal stellte das FG fest, dass infolge der Abtretung zweifelsfrei der Besteuerungstatbestand der Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG erfüllt worden war. Nach dieser Vorschrift lösen Rechtsgeschäfte Grunderwerbsteuer aus, die einen Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft begründen, wenn durch die Übertragung mindestens 95 % der Anteile in einer Hand vereinigt werden.

Eine spätere Aufhebung des Grunderwerbsteuerbescheids im Wege des § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG (= Aufhebung bei Rückerwerb des Grundstücks) war vorliegend nicht möglich, da die "Änderungssperre" des § 16 Abs. 5 GrEStG eingriff. Danach ist eine Aufhebung des Grunderwerbsteuerbescheids ausgeschlossen, wenn der ursprüngliche Erwerbsvorgang (hier: die Anteilsvereinigung) dem Finanzamt nicht ordnungsgemäß angezeigt worden war. So ist der vorliegende Fall gelagert: Die damalige Kurzmitteilung des Notars war nicht ordnungsgemäß, da das Finanzamt durch die darin enthaltenen knappen Angaben nicht in die Lage versetzt worden war, die Verwirklichung einer Anteilsvereinigung zu prüfen. Mit dem Kurzbrief wurde lediglich eine Abschrift der notariellen Urkunde übersandt; weder aus dem Text der Mitteilung noch aus dem Inhalt der Urkunde konnte das Amt erkennen, dass die Gesellschaft inländischen Grundbesitz besaß.

 

Hinweis

Die Änderungssperre des § 16 Abs. 5 GrEStG soll die Anzeigepflichten des §§ 18 und 19 GrE StG sichern und insbesondere verhindern, dass Beteiligte einen Erwerbsvorgang ohne weitere steuerliche Folgen wieder aufheben können, wenn die Finanzbehörde von einem solchen Geschäft erfährt.

Es bleibt abzuwarten, unter welchen Voraussetzungen der BFH eine "Ordnungsmäßigkeit" der Anzeige i. S. des § 16 Abs. 5 GrEStG annehmen wird; das Revisionsverfahren ist unter dem Az. II R 8/13 anhängig.

 

Link zur Entscheidung

Niedersächsisches FG, Urteil vom 12.12.2012, 7 K 122/09

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