Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung einer Bank auf Schadensersatz wegen Äußerung zur wirtschaftlichen Lage eines Bankkunden

 

Leitsatz (amtlich)

1. Anforderungen an die Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts im Rahmen des Feststellungsinteresses nach § 256 Abs. 1 ZPO.

2. Zur Frage, ob eine Bank auf Schadensersatz haftet, wenn ihr Vorstandssprecher sich in einem Fernsehinterview zur wirtschaftlichen Lage eines Kunden der Bank äußert.

3. Zur Frage der persönlichen Haftung des Vorstandssprechers in einem solchen Fall.

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 18.02.2003; Aktenzeichen 33 O 8439/02)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 24.01.2006; Aktenzeichen XI ZR 384/03)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten zu 2) wird das Urteil des LG München I, 33. Zivilkammer, vom 18.2.2003 – 33 O 8439/02, geändert.

II. Die Klage gegen den Beklagten zu 2) (Dr. R.-E.B.) wird abgewiesen.

III. Die Berufung der Beklagten zu 1) (D.-Bank AG) wird zurückgewiesen.

IV. Die Gerichtskosten beider Instanzen tragen der Kläger und die Beklagte zu 1) je zur Hälfte. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) trägt der Kläger; die des Klägers trägt zur Hälfte die Beklagte zu 1); i.Ü. tragen sie die Parteien selbst.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des gegen ihn vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

VI. Hinsichtlich des Beklagten zu 2) wird die Revision zum BGH zugelassen. Im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Frage, ob die Beklagten im Wege einer Feststellungsklage vom Kläger aus eigenem und aus abgetretenem Recht für Schäden in Anspruch genommen werden können, die auf Grund eines Fernsehinterviews, das der Beklagte zu 2) (im Folgenden: der Beklagte) Anfang Februar 2002 in New York gegeben hat, nach Behauptung des Klägers möglicherweise entstanden sind. Das Interview wurde u.a. am 4.2.2002 im Fernsehsender B. TV ausgestrahlt.

1. Der Kläger ist Gründer und Namensgeber der im nationalen und internationalen Mediengeschäft tätigen K.-Gruppe. Diese hatte in der zweiten Hälfte der 90-er Jahre, u.a. durch den Zukauf und die Beteiligung an bestehenden Unternehmen, eine Komplexität erreicht, die eine Neustrukturierung erforderlich machte. Gruppenunternehmen und Beteiligungen wurden unter dem Dach der T.-Holding GmbH & Co. KG (im Folgenden: T.-Holding KG), deren Komplementär die K. Vermögensverwaltungs GmbH ist (Geschäftsführer ist der Kläger), in drei großen Obergesellschaften organisiert K.-Media GmbH & Co. KGaA (im Folgenden: K.-Media), K.-PayTV GmbH & Co. KGaA (im Folgenden: K.-PayTV) und K.-Beteiligungs GmbH & Co. KG (im Folgenden: K.-Beteiligungs KG).

Die T.-Holding KG gab als zentrale Management-Holding der K.-Gruppe die strategischen Vorgaben für diese drei Obergesellschaften (Sub-Holdings). Die K.-Media umfasste das werbefinanzierte Fernsehen, den Programm- und Sportrechtehandel, die Film- und TV-Produktion sowie technische Dienstleistungen, die K.-PayTV das Abonnement-Fernsehen der K.-Gruppe und die K.-Beteiligungs KG die Beteiligungen der K.-Gruppe an Unternehmen aus den Bereichen Print, Kino, Musik sowie Entwicklung und Vermarktung digitaler Kommunikationstechnologien. Auf die vorgelegten (vereinfachten) Organigramme, nämlich die Anlage K 53 und die Anlage zum Protokoll des LG vom 19.11.2002, die in ähnlicher Form auch im Internet zu finden sind, wird ergänzend verwiesen.

In der K.-Beteiligungs KG war auch die Print-Beteiligungs GmbH organisiert. Diese hielt knapp über 40 % der Anteile an der A. Springer AG. Daneben war Gegenstand dieses Unternehmens der Handel mit Film- und Fernsehlizenzen einschl. aller damit zusammenhängender Geschäfte. Die Print-Beteiligungs GmbH war zu 100 % eine Tochter der K.-Beteiligungs KG, diese wiederum zu 100 % eine Tochter der T.-Holding KG.

Der Kläger war zum hier maßgeblichen Zeitpunkt, nämlich im Februar 2002, Vorsitzender der Geschäftsführung der T.-Holding KG, sowie deren alleiniger Kommanditist und auch Alleingesellschafter der Komplementärin, der K.-Vermögensverwaltungs GmbH. Außerdem war der Kläger Geschäftsführer der K.-Beteiligungs KG und der Print-Beteiligungs GmbH.

Die Beklagte zu 1) (im Folgenden nur: die Beklagte) ist nach den Feststellungen des LG die größte Bank Deutschlands mit einem Gesamtkreditvolumen zum 31.12.2001 von 445,8 Mrd. Euro, davon allein im Bereich Corporate Investment Banking (CIB) 369,1 Mrd. Euro. Sie hatte ca. 1.100 Kreditengagements, die jeweils ein Volumen von über 100 Mio. Euro aufwiesen. Daneben ist die Beklagte an mehreren Unternehmen beteiligt. So ist sie mit etwa 12 % Anteil der größte Aktionär der Daimler Chrysler AG und stellt den Aufsichtsratsvorsitzenden dieses Unternehmens. Sie hält über die DB Investor, eine 100 -prozentige Tochtergesellschaft der Beklagten, auch 100 % der...

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