Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung erheblicher Überstunden bei der Kindesunterhaltsberechnung. Berechnung des Ausbildungsunterhalts unter Berücksichtigung von Einkommen des Unterhaltspflichtigen aus Überstunden

 

Leitsatz (amtlich)

1. Hat der Unterhaltspflichtige aus freien Stücken heraus seine Arbeitsbelastung so gewählt, dass er den von ihm gewünschten Lebensstandard decken kann, so kann er sich seinem unterhaltsberechtigten Kind nicht darauf berufen, dass er ganz erhebliche, überobligationsmäßige Überstunden geleistet hat, die bei der Unterhaltsberechnung nicht zu berücksichtigen sind.

2. Nach Auffassung des Senats erscheint es dann aber auch gerechtfertigt, dass der Unterhaltspflichtige Schulden, die er zur Finanzierung seines erhöhten Bedarfs aufgenommen hat, einkommensmindernd absetzen kann.

 

Normenkette

BGB §§ 1601-1603, 1606 Abs. 3, §§ 1610, 1612 Abs. 1, 3

 

Verfahrensgang

AG Brühl (Urteil vom 10.05.2007; Aktenzeichen 35 F 132/06)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 10.5.2007 verkündete Urteil des AG - FamG - Brühl - 35 F 132/06 - unter Zurückweisung des Rechtsmittels und Klageabweisung im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger monatlichen Kindesunterhalt, zahlbar monatlich im Voraus bis zum 3. eines jeden Monats,

  • in der Zeit von März 2006 bis Juni 2007 von 276 EUR,
  • in der Zeit von Juli 2007 bis Dezember 2007 von 272 EUR und
  • ab Januar 2008 von 250 EUR

zu zahlen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger 3/10 und der Beklagte 7/10.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 4/5 und der Beklagte zu 1/5.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Die zulässige Berufung hat in der Sache nur teilweise Erfolg, nämlich soweit der Kläger eine Abänderung des erstinstanzlich Urteils dahin begehrt, dass er statt der monatlich ausgeurteilten 247 EUR die Zahlung von monatlichem Kindesunterhalt in der Zeit von März 2006 bis Juni 2007 i.H.v. 276 EUR, in der Zeit von Juli 2007 bis Dezember 2007 i.H.v. 272 EUR und ab Januar 2008 i.H.v. 250 EUR verlangen kann. Nicht begründet ist dagegen die Berufung, soweit er über diese Beträge hinaus monatlichen Kindesunterhalt von insgesamt 368 EUR eingeklagt hat.

Dem Kläger steht gegen den Beklagten gem. §§ 1601, 1602, 1603 1606 Abs. 3, 1610, 1612 Abs. 1 und 3 BGB Ausbildungsunterhalt in der genannten Höhe zu.

Im Ergebnis zu Recht greift der Kläger das Urteil des FamG in erster Linie dahin gehend an, dass dieses nicht das volle Erwerbseinkommen des Beklagten bei der Berechnung seiner Leistungsfähigkeit wie auch seines, des Klägers, Bedarf zugrunde gelegt habe. Der Beklagte kann sich vorliegend nicht darauf berufen, dass er ganz erhebliche Überstunden geleistet hat, die als überobligationsmäßig nicht zu berücksichtigen sind. Zwar trifft es zu, dass der Beklagte seinem volljährigen Sohn gegenüber nicht gesteigert unterhaltspflichtig ist. Er braucht daher grundsätzlich lediglich einer "normalen" Arbeitstätigkeit nachzugehen. Überstunden sind dabei vom Grundsatz her nur insoweit anzurechnen, wie dies von dem Beklagten berufsbedingt üblicherweise verlangt wird (vgl. hierzu im Einzelnen Wendl/Staudigl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 6. Aufl., § 1 Rz. 64 ff.; BGH FamRZ 2004, 186). Vorliegend ist von diesem Grundsatz aber deswegen eine Ausnahme zu machen, weil der Beklagte sich durch den Kauf eines Hauses sowie weiterer Anschaffungskredite erheblich verschuldet hat und somit, um seinen selbstgewählten Lebensstandard halten zu können, unbedingt darauf angewiesen ist, in ganz erheblichem Umfang Überstunden zu leisten, um seine Schulden bedienen zu können. Damit hat der Beklagte aber aus freien Stücken heraus seine Arbeitsbelastung so gewählt, dass er den von ihm gewünschten Lebensstandard decken kann. Da noch nicht erwerbstätige unterhaltsberechtigte Kinder ihren Bedarf von der Lebensstellung ihrer Eltern ableiten, kann der Kläger bei dieser vom Beklagten freiwillig gewählten konkreten Lebensgestaltung beanspruchen, dass auch er hieran teil nimmt und bei der Berechnung seines Bedarfes das gesamte Einkommen des Beklagten zu berücksichtigen ist. Soweit der Beklagte geltend macht, für die Zukunft sei zu erwarten, dass nicht mehr so viele Überstunden anfallen werden, wird die Entwicklung abzuwarten sein. Die hierzu gemachten Erläuterungen des Beklagten in der mündlichen Verhandlung geben dem Senat keine Veranlassung bereits jetzt eine Korrektur bezüglich der voraussichtlich anfallenden Überstunden für die Zukunft vorzunehmen.

Mit den Parteien legt der Senat zur Berechnung des Einkommens des Beklagten wie auch der Kindesmutter des Klägers deren Lohn- und Gehaltsabrechnungen für das Jahr 2005 zugrunde. Zu den dort festgestellten Jahreswerten dürften sich, zumal die Parteien keine anderen Unterlagen vorgelegt haben, keine nennenswerten Veränderungen ergeben haben.

Bei der Einkommensberechnung war auf Seiten des Beklagten weiter die Steuerklasse 3 zugrunde zu ...

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