Leitsatz (amtlich)

1. Die Nichtigkeit einer umfassenden, einem Treuhänder erteilten Vollmacht erfasst eine in einem Zeichnungsschein erteilte Vollmacht nur dann, wenn ein einheitliches Rechtsgeschäft vorliegt. Bei getrennter Erteilung der Vollmachten spricht bereits eine tatsächliche Vermutung für eine rechtliche Selbständigkeit beider Rechtsgeschäfte.

2. Die in einem Zeichnungsschein erteilte Vollmacht zur Aufnahme von Zwischen- und Endfinanzierungskrediten für die Gesellschaft und die Gesellschafter ermächtigt den Treuhänder zum Abschluss eines Darlehensvertrages, mit dem der Fondsbeitritt des Gesellschafters finanziert wird.

 

Normenkette

BGB §§ 134, 139; RBerG Art. 1 § 1

 

Verfahrensgang

LG Karlsruhe (Urteil vom 27.01.2006; Aktenzeichen 8 O 315/05)

 

Tenor

I. Auf die Berufungen der Beklagten und der Streithelferin wird das Urteil des LG Karlsruhe vom 27.1.2006 - 8 O 315/05 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Streithelferin zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch die Beklagte und die Streithelferin gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht diese zuvor Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 25.424,16 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Wirksamkeit eines Darlehens, welches die Rechtsvorgängerin der Beklagten dem Kläger zur Finanzierung einer Beteiligung an einer Immobiliengesellschaft (U. AH Kläger, Anlage K 6) gewährte.

Der Kläger unterzeichnete am 3.10.1988 einen mit Auftrag und Vollmacht überschriebenen Zeichnungsschein (AH Bekl., Berufung, AS 1), mit dem er den Treuhänder, die Fa. Dr. J. (im Folgenden: Treuhänder), beauftragte, den Beitritt zum UBG Rendite Fonds 120 (Bau- und Hobbymarkt Minden GbR.) zu erklären. Die Zeichnungssumme war mit 50.000 DM angegeben, wovon 80 % Nettofremdkapital waren. Gleichzeitig bot er dem Treuhänder, der über keine Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz verfügt, den Abschluss eines Treuhandvertrages an. In diesem Zeichnungsschein ist ferner geregelt:

"Der ... Gesellschafter erteilt dem Treuhänder ausdrücklich Vollmacht, sowohl für die Gesellschaft als auch für die einzelnen Gesellschafter, die erforderlichen Zwischen - und Endfinanzierungskredite aufzunehmen, namens der Gesellschaft und der Gesellschafter Konten bei Banken zu eröffnen und über Eigen- und Fremdkapital zu verfügen."

Der Kläger erteilte am 4.10.1988 eine Selbstauskunft (AH Bekl., Berufung AS 5). Gemäß der weiteren Verpflichtung aus dem Zeichnungsschein unterzeichnete er am 28.10.1988 (nicht am 2.11.1988, wovon das LG ausging) die ihm mit dem Zeichnungsschein überreichte Vollmacht, die am 31.10.1988 notariell beglaubigt wurde (AH Kläger Anlage K 5). Wegen der Einzelheiten dieser Vollmacht wird auf Anlage K 5 verwiesen.

Zur Finanzierung seiner Beteiligung schloss der Treuhänder für den Kläger mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten einen Darlehensvertrag, der mit der Ablaufleis-tung einer gleichzeitig abgeschlossenen Lebensversicherung getilgt werden sollte.

Der Kläger kündigte seine Beteiligung am UBG-Fonds mit Schreiben vom 26.6.2003 (AH Kläger, Anlage K 12) außerordentlich.

In den Jahren 2001 bis 2003 leistete der Kläger Ratenzahlungen i.H.v. insgesamt 3.326,31 EUR (2001: 1.249,64 EUR; 2002: 1.249,64 EUR; 2003: 827,03 EUR). Aus der Lebensversicherung floss ein Betrag von 21.738,55 EUR auf das Darlehen. Zur restlichen Ablösung zahlte der Kläger am 4.9.2003 einen Betrag von 1.186,33 EUR.

Der Kläger begehrt Rückerstattung der erbrachten Zahlungen in Höhe eines Teils von 3.685,61 EUR Zug - um - Zug gegen Abtretung der Rechte aus der Beteiligung bzw. dem Recht auf das Auseinandersetzungsguthaben, sowie Zahlung der Gutschrift aus der Lebensversicherung.

Der Kläger meint, der Darlehensvertrag sei nicht wirksam, da die Vollmacht wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig sei. Auf Rechtsscheinsgesichtspunkte könne sich die Beklagte nicht berufen, weil bei Abschluss des Darlehensvertrages die notariell beglaubigte Vollmacht nicht vorgelegen habe.

Die streitverkündete Fondsgesellschaft ist mit Schriftsatz vom 7.12.2004 (AS I 69) dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten.

Die Beklagte und die Streithelferin meinen, der Darlehensvertrag sei als wirksam anzusehen, da bei Abschluss die notariell beglaubigte Vollmacht vom 28.10.1988 vorgelegen habe.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen, der erstinstanzlich gestellten Anträge und des wechselseitigen Parteivorbringens wird auf das Urteil des LG Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO.

Das LG hat der Klage nach Beweisaufnahme durch Vernehmung von Zeugen stattgegeben. Der Darlehensvertrag sei unwirksam. Da die dem Treuhänder erteilte Vollmacht wegen eines Verstoßes geg...

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