Leitsatz (amtlich)

1. Gewöhnliche Umsatzgeschäfte zwischen Gesellschaft und Gesellschafter im Rahmen eines laufenden Geschäftsverkehrs stellen keine Umgehung der Sachgründungsvorschriften dar, die zu einer verdeckten Sacheinlage führen.

2. Gleiches gilt bei Gründung einer AG für die Übernahme eines für den Geschäftsbetrieb notwendigen Warenlagers im Rahmen der Erstausstattung des Betriebs.

3. Ob ein gewöhnliches Umsatzgeschäft vorliegt, beurteilt sich danach, ob bei dem im Rahmen der Verfolgung des Unternehmenszwecks vereinbarten Rechtsgeschäft vergleichbare Konditionen vorliegen, wie sie auch mit einem außenstehenden Dritten vereinbart worden wären.

4. Insoweit kommt es darauf an, ob die Gesellschaft die Waren von Dritten zu günstigeren Konditionen hätte beziehen können, nicht aber darauf, ob der Veräußerer auch anderweitig denselben Preis hätte erzielen können.

 

Verfahrensgang

LG Bielefeld (Urteil vom 18.09.2003; Aktenzeichen 13 O 31/03)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 20.11.2006; Aktenzeichen II ZR 176/05)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird gegen das am 18.9.2003 verkündete Urteil der IV. Kammer für Handelssachen des LG Bielefeld abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, falls nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

A. Der Kläger ist der Insolvenzverwalter der vom Beklagten zusammen mit weiteren Geschäftspartnern gegründeten Schuldnerin. Der Beklagte übernahm bei der Gründung Aktien im Wert von 128.000 Euro. Diesen Betrag zahlte er am 1.12.1999 auf das Gesellschaftskonto ein.

Bestandteil des Gründungsplans war es, dass die Schuldnerin das Warenlager der S. GmbH übernehmen werde, an der der Beklagte zu 75 % beteiligt ist. Ein entsprechender Kaufvertrag wurde im Dezember 1999 geschlossen und der Kaufpreis i.H.v. 377.260,61 Euro in drei Teilbeträgen im Januar/Februar 2000 von der Schuldnerin an die S. GmbH gezahlt.

Der Kläger sieht hierin eine verdeckte Sachgründung und nimmt den Beklagten im Wege der Teilklage i.H.v. 25.000 Euro auf (erneute) Zahlung der übernommenen Einlage in Anspruch. Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands bis zum Abschluss der ersten Instanz wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das LG hat der Klage stattgeben. Da von Anfang an geplant gewesen sei, das Gründungskapital zum ganz überwiegenden Teil für den Kauf des Warenlagers der beiden Firmen, an denen einzelne Gründungsgesellschafter mehrheitlich beteiligt waren, einzusetzen, habe es sich zum ganz überwiegenden Teil nur um eine scheinbare Geldzuführung gehandelt. Dem stehe nicht entgegen, dass der Kaufpreis nicht den Gründungsgesellschaftern, sondern den Gesellschaften zugeflossen sei, an denen sie mehrheitlich beteiligt waren. Es genüge, dass der Einlageschuldner sich die Leistung an einen Dritten deshalb zurechnen lassen müsse, weil er dadurch in gleicher Weise begünstigt werde wie bei einer Leistung an sich selbst. Das sei hier der Fall. Wegen weiterer Einzelheiten der Begründung wird auf das angefochtene Urteil verwiesen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Beklagten, der weiterhin Klageabweisung begehrt. Er wiederholt seine Auffassung, dass eine verdeckte Sacheinlage nicht vorliege. Der Kauf des Warenlagers von der S. GmbH sei nicht zu seiner eigenen Befriedigung erfolgt und habe nicht seiner persönlichen Bereicherung gedient. Vielmehr seien nach der Kaufpreiszahlung Bankverbindlichkeiten abgebaut worden. Außerdem könne der Vorwurf der verdeckten Sacheinlage allenfalls anteilig in Höhe seines Geschäftsanteils an der S. GmbH erhoben werden.

Hinsichtlich des Verkaufs des Warenlagers durch die S. GmbH an die Schuldnerin ist in zweiter Instanz unstreitig, dass dieser zu Einkaufspreisen (Anschaffungskosten) erfolgt ist. Der Beklagte verweist darauf, dass diesen Preisen eine Rabattvereinbarung zwischen der Fa. F. und der S. GmbH zwischen 54 % und 56 % zu Grunde gelegen habe, die - so seine Behauptung - im Wesentlichen auf einer positiv verlaufenen Geschäftsverbindung und dem persönlichen Vertrauensverhältnis zwischen den beiden Geschäftsführern beruht habe. Da die S. GmbH als Grossist tätig gewesen sei und mit ihrem umfangreichen Warenlager nicht nur neue Objekte betreut habe, habe auch ein Abrufbedarf an Artikeln älterer Bauart bestanden, so dass es sich insgesamt um vertretbare Gegenstände des laufenden Bedarfs gehandelt habe. Eben diese Großhändlerposition habe die Schuldnerin einnehmen sollen. Die vereinbarten Kaufpreise hätten in jeder einzelnen Position üblichen und darunter liegenden Preisen entsprochen.

Hilfsweise erklärt der Beklagte die Aufrechnung mit einem Rückerstattungsanspruch gem. §§ 8...

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