Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsteuererlass. Ertragsminderung. Minderung des Rohertrages. Jahresrohmiete. Jahresbruttomiete. Pachtminderungsklausel. Grundsteuererlass gem. § 33 GrStG

 

Leitsatz (amtlich)

Schwanken die Mieteinnahmen bei einem bebauten Grundstück im langjährigen Verlauf, ist eine ortsübliche Vergleichsmiete zu schätzen. Unter Umständen läßt sie sich aus dem Durchschnitt der Mieteinnahmen der letzten drei Jahre herleiten. Treten auch in diesem Zeitraum erhebliche Schwankungen auf, ist die Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich.

Ein Vertretenmüssen i.S.d. § 33 Abs. 1 S. 1 GrStG ergibt sich nicht schon aus der Vereinbarung einer Miete oder Pacht, die sich nach dem Umsatz des Geschäfts oder Betriebs richtet, der in den Räumen unterhalten wird.

Schwankende Einnahmen bei der Vermietung von Ferienwohnungen oder Hotelapartments an wechselnde Gäste fallen in den Bereich des unternehmerischen Risikos, die daher auch von dem Unternehmer selbst zu vertreten sind.

Erfolgt die Geschäftsführung eines verpachteten Hotel-Apartment-Betriebes in der Weise, dass Verwendungen des Pächters – Instandhaltungen u. Sanierungsmaßnahmen – entschädigungslos dem Verpächter zu gute kommen, und gehen bei der Vereinbarung einer Pachtminderungsklausel diese Aufwendungen der Pachtzahlung vor, so hat der Eigentümer eine Minderung des Rohertrages selbst zu vertreten.

 

Normenkette

GrStG 33

 

Verfahrensgang

VG Göttingen (Urteil vom 29.09.1998; Aktenzeichen 3 A 3738/95)

 

Tatbestand

Die Kläger begehren für das Jahr 1993 einen Teilerlass der Grundsteuer. Sie sind bzw. waren allein, als Miteigentümer oder in Gesellschaften Bürgerlichen Rechts Eigentümer jeweils einer oder mehrerer Eigentumswohnungen und anderer im Sondereigentum stehender Räumlichkeiten im P.-A.-Hotel in B. L.. Nach § 7 Abs. 2 des Teilungsvertrages besteht die Zweckbestimmung der Wohnungen in der Nutzung zum Betrieb eines kaufmännisch geführten Beherbergungsunternehmens. Seit Ende 1977 verpachteten die Eigentümer die Wohnungen an die P.-H.-B.-GmbH, deren Gesellschafter – indirekt über Treuhänder – die Eigentümer selbst sind.

In § 3 Abs. 1 der Pachtverträge ist ein fester jährlicher Pachtzins vereinbart, der zunächst für die jeweils 48 qm großen Eigentumswohnungen 2.000,– DM, danach über einen längeren Zeitraum 2.500,– DM und ab dem Jahr 1993 3.000,– DM betrug. Die Pacht für die im Eigentum der Klägerin zu 105) stehenden Einrichtungen und Wohnungen betrug bis 1992 rd. 31.600,– DM und ab 1993 rd. 38.000,– DM monatlich. In § 3 Abs. 2 enthalten diese Verträge die folgende Klausel:

„Die Berechnung des Pachtzinses geht von der Voraussetzung aus, dass der Pächterin ein Jahresüberschuss von mindestens 10 % ihres Stammkapitals bleibt. Sollte der Jahresüberschuss der Pächterin 10 % ihres Stammkapitals unterschreiten, so wird die Pacht in der Weise ermäßigt, dass die Pächterin mindestens 10 % ihres Stammkapitals als Jahresüberschuss erzielt.”

Wegen der Ertragslage des Hotelbetriebs wurden die Pachtleistungen gegenüber den Klägern in der Vergangenheit wiederholt in erheblichem Umfang gekürzt. Nach den Angaben der Kläger beträgt der langjährige Durchschnitt etwa 75 % der vereinbarten Pacht. Dabei schwankten die Pachtzahlungen in den verschiedenen Jahren erheblich. Teilweise ist ein völliger Ausfall zu verzeichnen, teilweise wurden die vereinbarten Beträge vollständig geleistet.

Im Jahre 1993 ging die Apartmentbelegung deutlich zurück. Während sie 1991 und 1992 60,6 % betragen hatte, wurden im Jahre 1993 lediglich rd. 49,4 % erreicht. Entsprechend reduzierten sich die Umsatzerlöse der Hotelbetriebsgesellschaft von rd. 7,9 Mio. auf rd. 6,8 Mio. DM. Nach der Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 1993 wurde daraufhin die vereinbarte Pacht um ca. 1,2 Mio. DM, was die Kläger auf 64,87 % beziffern, gekürzt. Den Belegungsrückgang begründen die Kläger zu einem Teil von etwa 13 % mit der Schließung der Badeabteilung ab September 1993 zum Zweck einer umfassenden Sanierung. Im Übrigen führen sie den Rückgang auf konjunkturelle Gründe zurück. Tatsächlich ergeben die vorgelegten Belegungszahlen, dass die Vermietung bereits in den Monaten April bis Juni erheblich – im Mai 1993 um mehr als 22 % – zurückgegangen war.

Die Kläger beantragten darauf für den Veranlagungszeitraum 1993 einen Teilerlass der Grundsteuer. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 24. März 1995 ab, mit der Begründung, die Kläger hätten die Minderung des Ertrages zu vertreten. Der Ertragsrückgang im Jahre 1993 sei allein auf die Vereinbarung der Pachtermäßigungsklausel zurückzuführen, der die Kläger freiwillig zugestimmt hätten.

Gegen die Ablehnung legten die Kläger Widerspruch ein, den sie im Wesentlichen damit begründeten, dass es eine Alternative zur Verpachtung des Hotelkomplexes nicht gebe. Die vereinbarte Pachtkürzungsklausel sei notwendig, um die Lebensfähigkeit der Pächterin zu gewährleisten. Mit Bescheid vom 4. Oktober 1995 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Zweck der vereinbarten Pachtkürz...

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