Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuziehung eines Bevollmächtigten gem. § 77 Abs. 3 EStG. Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren der Kinder geld angelegenheit

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Verwaltungsverfahren betr. Kindergeld kann im Einzelfall auch dann notwendig sein, wenn der Einspruch nicht begründet wurde.

 

Tenor

Unter Aufhebung des Bescheides der Bezirksregierung … vom 22.11.1997 und des Einspruchsbescheides des … Landesamtes für Bezüge und Versorgung vom 07.04.1998 wird die Zuziehung eines Bevollmächtigten gem. § 77 Abs. 3 EStG im Kindergeldverfahren … für notwendig erklärt.

Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird Vollstreckungsnachlass gegen Sicherheitsleistung gewährt.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Zuziehung der Prozeßbevollmächtigten des Klägers im Verwaltungsverfahren betreffend die Kindergeldsache … i.S.d. § 77 Abs. 3 EStG notwendig war.

Der Kläger hatte der Beklagten im Hinblick auf das ihm gewährte Kindergeld im September 1996 mitgeteilt, dass seine Tochter … das Studium an der Universität … zum 01.09.1996 unterbrochen habe, um an der Universität … für ein Jahr Russisch zu studieren. Um festzustellen, ob es sich bei dem Auslandsaufenhalt um eine Ausbildung i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a EStG handelte, wurde der Kläger um Vorlage bestimmter Nachweise gebeten. In dem sich anschließenden Schriftwechselstellte sich heraus, dass die Beschaffung geeigneter Beweismittel für den Kläger langwierig und schwierig sein würde. Mit Bescheid vom 13.02.1997 wurde daraufhin die Kindergeldzahlung für … ab 01.04.1997 aufgehoben.

Gegen diese Entscheidung legten die Prozeßbevollmächtigten des Klägers mit Schriftsatz vom 21.03.1997 bei der seinerzeit zuständigen Bezirksregierung … – Familienkasse – Einspruch ein. Darin führten sie aus:

„Die Einspruchserhebung erfolgt vorsorglich. Zwischen meinem Mandanten und Ihnen fand am 26.02.1997 ein Gespräch in der Bezirksregierung statt. Eine Studienbescheinigung der Universität … wird für die Tochter … meines Mandanten nachgereicht.”

Daneben legten die Prozeßbevollmächtigten des Klägers eine entsprechende Vollmacht des Klägers vor. Eine weitergehende Begründung des Einspruchs erfolgte nicht.

Aufgrund eingeleiteter Ermittlungen kam die Beklagte schließlichzu dem Ergebnis, dass der Auslandsaufenhalt von … kindergeldrechtlich anzurechnen sei. Demgemäß erfolgte eine Weiterbewilligung des Kindergeldes über den 01.04.1997 hinaus. Die entsprechende Entscheidung wurde von der Beklagten sowohl den Prozeßbevollmächtigten des Klägers, als auch dem Kläger persönlich bekanntgegeben.

Mit Schreiben vom 11.09.1997 beantragten die Prozeßbevollmächtigten eine Ergänzung der im Abhilfebescheid vom 04.09.1997 genannten Kostenentscheidung um die Erklärung, dass die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig gewesen sei. Die Beklagte entschied daraufhin mit Bescheid vom 20.11.1997, dass die Zuziehung eines Bevollmächtigten nicht erforderlich gewesen sei.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren hat der Kläger gegen diese Entscheidung Klage erhoben. Der Kläger ist der Auffassung, dass die Kosten seiner Prozeßbevollmächtigten für das Verwaltungsverfahren erforderlich gewesen sei. Es sei letztlich darum gegangen, die Bestandskraft des Aufhebungsbescheides vom 13.02.1997 zu vermeiden. Dies sei nur dadurch verhindert worden, dass Einspruch für den Kläger eingelegt worden sei. Auch im Abhilfebescheid vom 04.09.1997 habe die Beklagte wörtlich ausgeführt, dass dem eingelegten Einspruch gegen die Aufhebung der Kindergeldbewilligung stattgegeben werde. Dies allein sei entscheidend. Es sei kein Rücknahme- oder Wiederrufsbescheid ergangen, sondern eine Abhilfeentscheidung. Auch sei der Bescheid nicht etwa vorläufig gewesen. Weil die Erklärungsbemühungen des Klägers im Vorfeld gegenüber der Beklagten erfolglos geblieben seien, habe er sich entschlossen, seine jetzigen Prozeßbevollmächtigten einzuschalten. Diese Entscheidung über die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten habe der einer verständigen, nicht rechtskundigen Partei entsprochen.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Bescheides der Bezirksregierung …vom 20.11.1997 und des Einspruchsbescheides des … … Landesamtes für Bezüge und Versorgung vom 07.04.1998 die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Verwaltungsverfahren der Kindergeldsache … für notwendig zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass eine Hinzuziehung eines Bevollmächtigten nicht notwendig gewesen sei. Man habe die Kindergeldzahlung für … mit Bescheid vom 13.02.1997 vorsorglich bis zu einer endgültigen Sachverhaltsaufklärung für die Zukunft aufgehoben. Das Wort „vorsorglich” werde in der deutschen Sprache mit „vorsichtshalber” und „fürsorglich vorbedacht” definiert, was in der Praxis nichts anderes bedeute, als die vorübergehende Einstellung der Kindergeldgewährung zwecks Überprüfung der Sach- und Rechtslage.

Wegen des weiteren Vo...

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