rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewerbliche Einkünfte eines Arztes für Zytologie; keine Unterbrechung der Außenprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn (§ 171 Abs. 4 Satz 2 AO)

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Der Eintritt der Ablaufhemmung setzt den Beginn der Ap voraus.
  2. Unter Ap ist nur eine besonders qualifizierte Ermittlungshandlung des FA zu verstehen, die erkennbar darauf gerichtet ist, den für die richtige Anwendung der Steuergesetze wesentlichen Sachverhalt zu ermitteln oder zu überprüfen.
  3. Nach diesen Grundsätzen sind auch die Maßnahmen zu beurteilen, die den Beginn der Ap bewirken sollen
  4. Die Frage, ob eine Ap unmittelbar nach ihrem Beginn unterbrochen worden ist, beurteilt sich nach den Verhältnissen des Einzelfalls.
  5. Zu der Frage, wann ein Angehöriger eines freien Berufs auch dann freiberuflich tätig ist, wenn er sich der Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte bedient.
  6. Unter ”Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte“ ist eine Tätigkeit gemeint, die die Arbeit des Berufsträgers jedenfalls in Teilbereichen ersetzt und nicht nur von untergeordneter Bedeutung ist.
  7. Zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen bei einem Arzt für Laboratoriumsmedizin noch eine eigenverantwortliche Tätigkeit zu bejahen ist.
 

Normenkette

EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1 Sätze 2-3; GewStG § 2 Abs. 1 S. 2; AO § 171 Abs. 4 S. 2

 

Streitjahr(e)

2006

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Einkünfte des Klägers aus zytologischen Untersuchungen als Einkünfte aus selbständiger Arbeit nach § 18 Einkommensteuergesetz (EStG) oder als Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 15 EStG zu qualifizieren sind.

Der Kläger erzielte im Streitjahr 2006 ebenso wie in den Vorjahren Einkünfte aus einer Tätigkeit in einer eigenen Praxis als Arzt für Zytologie. Daneben war er in geringem Umfang als Allgemeinmediziner und als Dozent auf dem Gebiet der Zytologie tätig. Seine ärztliche Tätigkeit übte der Kläger aufgrund einer Kooperationsvereinbarung mit der A-GmbH vom 26. März 2001 in den Räumlichkeiten der A-GmbH aus. Zudem oblag ihm seit dem 26. März 2001 die fachliche Leitung des Geschäftsbetriebes der A-GmbH sowie die Überwachung und Koordination der Tätigkeit der A-GmbH. Die Tätigkeit der A-GmbH umfasste die Durchführung von Labor und Labordienstleistungen im Bereich der Zytologie (Untersuchungen und Diagnostik von Proben im Bereich der Krebsvorsorgeuntersuchung bzw. der Einschätzung von Therapiechancen und möglichkeiten). In der eigenen Praxis rechnete der Kläger gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung (KVN) ab, die A-GmbH erzielte ihre Einnahmen aus der Abrechnung gegenüber Krankenhäusern, Berufsgenossenschaften und Privatpatienten. Die Abläufe bei den Untersuchungen unterschieden sich nicht. Sie wurden in denselben Räumlichkeiten von demselben Personal durchgeführt.

Am 6. März 2008 reichte der Kläger seine Gewinnermittlung für seine Einkünfte aus ärztlicher Tätigkeit für den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Dezember 2006 beim Finanzamt ein. Den Gewinn ermittelte er darin gemäß § 4 Abs. 3 EStG wie folgt:

Einkünfte aus ärztlicher Tätigkeit

2006

Betriebseinnahmen

... €

Betriebsausgaben

... €

Davon

* Personal

3.634,86 €

* Geräte und Einrichtung

0,00 €

Gewinn

... €

In den Betriebseinnahmen enthalten ist auch die Vergütung der A-GmbH (in 2006) in Höhe von…€.

In der Zeit vom 29. November 2012 bis zum 27. Oktober 2014 (mit Unterbrechungen) fand bei dem Kläger aufgrund der Prüfungsanordnung vom 6. November 2012 eine Betriebsprüfung zur Einkommensteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuer für die Jahre 2006 bis 2008 statt. Die Prüfung wurde was zwischen den Beteiligten unstreitig ist von dem Betriebsprüfer am 29. November 2012 in den Räumen des Prozessbevollmächtigten des Klägers begonnen. Streitig sind Art und Umfang der weiteren Prüfungstätigkeit bis zum 31. Dezember 2012. Mit Prüfungsanordnung vom 6. Dezember 2012 wurde die Prüfung auf die Gewerbesteuer und die Umsatzsteuer für das Jahr 2005 erweitert. Zur Begründung der Prüfungserweiterung war ausgeführt, dass mit nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen zu rechnen sei, weil die vereinbarte Tätigkeit mit der A-GmbH umsatzsteuerpflichtig und der Kläger insoweit gewerblich tätig sei. Die Klage gegen die erweiterte Prüfungsanordnung wies das Finanzgericht nach erfolglosem Einspruchsverfahren mit Urteil vom 8. April 2014 (Az.: 12 K 306/13) ab. Die Prüfung wurde am 20. Februar 2014 fortgesetzt. Hinsichtlich der Ergebnisse der Betriebsprüfung wird auf den BP-Bericht vom 20. November 2014 verwiesen. Parallel wurde bei dem Kläger unter einer eigenen Steuernummer eine Betriebsprüfung zu seiner Autoren und Dozententätigkeit durchgeführt.

Nach den Feststellungen der Betriebsprüfung kann die Tätigkeit des Klägers in seinen Einzelunternehmen nicht getrennt von der Tätigkeit für die A-GmbH betrachtet werden, da sich die Abläufe nicht unterscheiden, zwischen den einzelnen Vorgängen nicht getrennt wird und dasselbe Personal und Material eingesetzt wurde. Wegen der Vielzahl der durchgeführten zytologischen Untersuchungen (...

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