vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [V R 42/06)]

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Personalbeistellung einer Stadt an Abwasserbetrieb als umsatzsteuerfreie Leistung

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Entgelt i. S. des § 10 Abs. 1 UStG ist alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der USt.
  2. Ob es sich um Entgelt handelt, beurteilt sich nach dem Inhalt des Leistungsaustausches zwischen den Beteiligten, über den nur einheitlich entschieden werden kann.
  3. Entscheidend ist, ob der Auftraggeber mit der Gestellung von Personal an den Auftragnehmer liefern bzw. leisten will oder ob es ihm darauf ankommt, selbst einen Beitrag zur Herstellung des Werkes zu leisten.
  4. Stellt eine Kommune der von ihr gegründeten GmbH, die die Errichtung, den Erwerb und den Betrieb von Abwasseranlagen der Kommune zum Unternehmensgegenstand hat, unentgeltlich stundenweise beim städtischen Abwasserbeseitigungsbetrieb beschäftigtes Personal zum Betrieb der neu von der GmbH erstellen Kläranlage zur Verfügung, so ist jedenfalls dann von einer nicht steuerbaren Personalgestellung auszugehen, wenn es der Kommune nicht darum ging, Umsätze mit Dritten zu erzielen, sondern lediglich darum, einen Teil der ihr obliegenden und zuvor mit ihrem Eigenbetrieb erbrachten Pflichtaufgaben in einer strukturell veränderten Organisationsform erledigen zu lassen.
 

Normenkette

UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 10 Abs. 1

 

Streitjahr(e)

1999

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 06.12.2007; Aktenzeichen V R 42/06)

 

Tatbestand

Die Klägerin war eine 100 %ige Tochtergesellschaft der Stadt X.

Der Stadt X oblag in ihrem Stadtgebiet gemäß § 149 des Niedersächsischen Landeswassergesetzes als öffentliche Pflichtaufgabe die Abwasserableitung und -behandlung. Die Klägerin wurde mit Vertrag vom 10.02.1998 zum Zweck der Erfüllung dieser der Stadt obliegenden Aufgaben gegründet. Nach dem Gesellschaftsvertrag war Gegenstand ihres Unternehmens die Errichtung, der Erwerb und der Betrieb von Abwasseranlagen der Stadt X.

Die konkreten Regelungen zur Erfüllung der Aufgaben vereinbarten die Klägerin und die Stadt X in dem am 07.04.1998 geschlossenen Entwässerungsvertrag. Darin wurde die Klägerin neben der Planung, der Finanzierung und dem Bau mit dem Betrieb einschließlich der Wartung und Instandhaltung der neuen Kläranlage X beauftragt (§ 1 Abs. 1 des Entwässerungsvertrages). Durch die Tätigkeit der Klägerin blieb die öffentliche Abwasserbeseitigungspflicht der Stadt X unberührt. Gemäß § 2 des Vertrages erfüllte die Klägerin ihre Aufgaben grundsätzlich mit eigenem Personal. Sie war jedoch berechtigt, sich zur Erfüllung ihrer Aufgaben Dritter zu bedienen. Ihre Betriebsführung übertrug sie mit Vertrag ebenfalls vom 07.04.1998 auf die Stadtwerke X GmbH. Das Entwässerungsentgelt bestimmte sich nach § 10 des Entwässerungsvertrages. Danach hatte die Stadt der Klägerin die zur Erfüllung ihrer durch den Vertrag übernommenen Verpflichtungen anfallenden Selbstkosten zuzüglich eines Zuschlags von 4 % für das allgemeine Unternehmerwagnis sowie der gesetzlichen Umsatzsteuer zu erstatten. Wegen der Einzelheiten wird auf die Verträge verwiesen.

Die Klägerin trat mit Übernahme der vertraglichen Verpflichtungen an die Stelle des städtischen Abwasserbeseitigungsbetriebes (ABW), der bis dahin als Eigenbetrieb der Stadt X mit seinem Personal alle mit der städtischen Abwasserbeseitigung zusammenhängenden Aufgaben erledigt hatte. Dazu zählte neben der Betreuung der alten Kläranlage im Wesentlichen der Betrieb des städtischen Abwasserkanalnetzes, der auch nach Vertragsschluss mit der Klägerin bei ihr verblieb.

Um die neue, von der Klägerin erstellte Kläranlage mit den fertiggestellten Bauabschnitten anteilig zu betreiben, wurde der Klägerin durch die Stadt X unentgeltlich stundenweise bei dem ABW beschäftigtes Personal gestellt. Ein Vertrag wurde hierüber nicht geschlossen. Das Personal war während dieser Zeit weiterhin im ABW der Stadt X tätig. Diese blieb Arbeitgeberin, war für alle personellen Angelegenheiten aus dem Angestelltenvertragsverhältnis zuständig und behielt auch das Weisungsrecht. Die Personalkosten wurden ausschließlich von ihr getragen und der Klägerin weder in Rechnung gestellt noch anderweitig ihr gegenüber verrechnet. Da sich das Verfahren der Personalgestellung bewährt hatte und die Mitarbeiter ihr Angestelltenverhältnis bei der Stadt aufrecht erhalten wollten, stellte die Klägerin entgegen der ursprünglichen Planungen auch in der Folgezeit kein eigenes Personal ein, sondern führte ihre Arbeiten mit dem von der Stadt gestellten Personal aus.

Die Klägerin erklärte in ihrer Umsatzsteuererklärung nur die aufgrund der vertraglichen Regelung gegenüber der Stadt erzielten Umsätze. Im Rahmen einer Betriebsprüfung vertrat der Beklagte die Auffassung, dass die Überlassung des Personals als steuerbarer Leistungsaustausch anzusehen sei, da keine vertraglichen Vereinbarungen zur kostenlosen Arbeitnehmerüberlassung vom ABW vorlag...

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