Entscheidungsstichwort (Thema)

§ 32 d EStG ist individuelle Regelung. Hinzurechnungsbeträge jedenfalls teilweise verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Einkommensteuer 1993

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 04.02.1998; Aktenzeichen VI R 37/97)

 

Tenor

Die Klage wird auf Kosten der Klägerin abgewiesen.

 

Tatbestand

Zwischen den Parteien ist streitig, ob für die Klägerin (Kl'in.) für das Streitjahr 1993 eine Einkommensteuer festgesetzt werden durfte, insbesondere richtet sich die Klage gegen den nach Auffassung der Kl'in. zu niedrigen Grundfreibetrag gem. § 32 a Einkommensteuergesetz (EStG) und gegen die Umsetzung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 25.09.1992 (2 BvL 5, 8, 14/91) durch die Einführung des § 32 d EStG.

In der Einkommensteuererklärung 1993 erklärte die im Streitjahr 69 Jahre alte Kl'in. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (VuV) in Höhe von 6.106 DM. Das zu versteuernde Einkommen betrug im Streitjahr unstreitig 8.170 DM. Die Kl'in. selbst ermittelte die Hinzurechnungen nach § 32 d EStG wie folgt:

steuerfrei bleibende Einkünfte durch § 20 Abs. 4 EStG (Sparer-Freibetrag)

5.016 DM

steuerfrei bleibende Einkünfte durch § 24 a EStG (Altersentlastungsbetrag)

2.443 DM

Kapitalanteil von 1. Leibrente

1.518 DM

Kapitalanteil von 2. Leibrente

2.098 DM

Kapitalanteil von 3. Leibrente

11.246 DM

Kapitalanteil von 4. Leibrente

3.144 DM

Gesamtbetrag der Hinzurechnungen

25.465.

Bei dem Kapitalanteil der von der Kl'in. aufgeführten 3. Leibrente handelt es sich um eine Veräußerungsrente. Das Finanzamt (FA) veranlagte die Kl'in. erklärungsgemäß zur Einkommensteuer und setzte die Einkommensteuer auf 482 DM fest.

Hiergegen legte die Kl'in. Einspruch ein. Sie habe ein zu versteuerndes Einkommen in Höhe von 8.170 DM erzielt und damit das für 1993 gebotene Existenzminimum in Höhe von 12.000 DM unterschritten. Das zu versteuernde Einkommen liege unter dem verfassungsgemäß gebotenen Grundfreibetrag, so daß eine Einkommensteuerschuld für das Kalenderjahr 1993 unter Berücksichtigung der Aussage des BVerfG nicht habe entstehen können. Das FA habe bei der Ermittlung der Jahressteuer offensichtlich entsprechend § 32 d EStG steuerfrei zu belassende Einnahmen aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 4 EStG) und den Kapitalanteil von Leibrenten (§ 22 Nr. 1 EStG) zugerechnet. Diese als „Erwerbsbezüge” in § 32 d Abs. 2 EStG bezeichneten Zurechnungen führten zu einer Korrektur außerhalb der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens. Das Gesetz allerdings erläutere selbst den Begriff der „Erwerbsbezüge” nicht und sei deshalb widersprüchlich zu § 2 EStG i.V.m. § 3 EStG. Gem. § 2 Abs. 5 EStG sei das zu versteuernde Einkommen die Bemessungsgrundlage für die tarifliche Einkommensteuer.

Das BVerfG habe mit dem angeführten Beschluß dem Gesetzgeber aufgegeben, für die Grenzsteuerzahler ab Kalenderjahr 1993 eine Regelung zu treffen, die einem menschenwürdigen verfassungsmäßigen Grundfreibetrag entsprechen soll. Dieser Aufforderung werde der § 32 d EStG nicht gerecht, da die Vorschrift steuerfreie und nicht relevante einkommensbezogene Einnahmen in die Besteuerung einbeziehe. Mit der Schaffung des § 32 d EStG habe der Gesetzgeber nicht den Willen des BVerfG umgesetzt. Das BVerfG habe entschieden, daß die Unzulänglichkeit des Grundfreibetrages nicht dadurch ausgeglichen werde, daß das Einkommensteuergesetz in anderen Tatbeständen besondere Aufwendungen oder öffentliche Leistungen zur Deckung eines Sonderbedarfs von der Einkommensteuer entlaste. Dies bedeute, daß sich eine automatische Anrechnung anderer Einnahmen, die aus anderen Gründen steuerfrei seien, auf die Anrechnung des Existenzminimums und damit auf den Grundfreibetrag der Sache nach verbiete. Dieses ergebe sich auch aus den weiteren Ausführungen des Beschlusses des BVerfG.

Die Anrechnung anderer steuerfreier Einnahmen dürfe auch dann nicht vorgenommen werden, wenn diese zur Deckung eines besonderen Bedarfs bestimmt seien oder nur einzelne Gruppen von Steuerpflichtigen entlasten oder diese Befreiungen anderen steuerlichen Zweckbestimmungen dienten. Das BVerfG habe insbesondere ausgeführt, auch die weiteren von der Bundesregierung für anrechenbar gehaltenen steuerlichen Entlastungen, wie der Steuerfreibetrag und die Entlastungen für Alterseinkünfte, begünstigten nur bestimmte Gruppen von Steuerpflichtigen und dienten durchweg anderen, vom existenznotwendigen Bedarf unabhängigen Zwecken. Die Kl'in. sei deshalb durch die Zurechnung sowohl der steuerfrei belassenen Einkünfte aus Kapitalvermögen als auch durch die Anrechnung des steuerfreien Kapitalanteils aus Leibrenten beschwert. Derjenige, der über ein höheres zu versteuerndes Einkommen verfüge und sich nicht im Bereich der Grenzsteuerzahler bewege, erhalte per Gesetz seine Einnahmen aus Kapitalvermögen bis zu einem Betrag von 6.000 DM steuerfrei. Dieses sei mit dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung nicht in Einklang zu bringen. Die Kl'in. sei in ihrer Leistungsfähigkeit eingeschränkt, denn sie müsse den sog. Grenzsteu...

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