vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [III R 52/09)]

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückforderung von Kindergeld August - November 2007 – Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Inland

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Ein vorübergehender von vornherein beschränkter Auslandsaufenthalt führt grundsätzlich nicht dazu, den Wohnsitz in Deutschland zu verlieren.
  2. Ist der Auslandsaufenthalt auf mehr als ein Jahr angelegt, reichen kurzfristige Besuche oder sonstige Aufenthalte nicht aus, um die Aufrechterhaltung des Inlandswohnsitzes anzunehmen.
  3. Bei periodischen Auslandsaufenthalten von nur sieben Monaten im Jahr und fünf Monaten in der Wohnung der Eltern im Inland liegen keine Elternbesuche vor. Vielmehr wird dann der Wohnsitz im Inland beibehalten.
 

Normenkette

EStG §§ 62-63

 

Streitjahr(e)

2007

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 28.04.2010; Aktenzeichen III R 52/09)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Rahmen eines Kindergeldanspruchs über die Frage, ob das Kind seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland aufgegeben hat.

Die am 13.01.1988 geborene Tochter N der Klägerin besuchte bis Juli 2007 ein Gymnasium in W. Nach Erhalt des Abiturs nahm sie ein Studium an der California State University in …, USA, auf. Die voraussichtliche Dauer des Studiums beträgt 60 Monate. Ausweislich der Bescheinigung des Department of Justice in den Akten des Beklagten begann das Studium am 17.08.2007. Nach Mitteilung der Klägerin hat die Tochter ihren „zweiten Wohnsitz” mit Beginn des Studiums und zu dessen Durchführung in die USA verlegt. Seitdem hat sie ihr Elternhaus in Deutschland in der Zeit vom 26.12.2007 bis 09.01.2008 aufgesucht, ferner vom 05.06.2008 bis 23.08.2008, und danach vom 21.12.2008 bis 17.01.2009. Seit dem 16.05.2009 hält sich die Tochter wiederum in Deutschland auf, der Rückflug ist für den 21.08.2009 gebucht.

Die Klägerin erhielt für ihre Tochter zunächst laufend Kindergeld. Mit Bescheid vom ……. hob der Beklagte die Festsetzung des Kindergeldes ab August 2007 mit der Begründung auf, die Tochter habe ihren Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt nicht mehr in der Bundesrepublik. Gleichzeitig wurde die Klägerin aufgefordert, das in der Zeit von August bis November 2007 ausgezahlte Kindergeld zurückzuzahlen.

Dagegen hat die Klägerin nach erfolglosem Vorverfahren Klage erhoben, mit der sie die Fortzahlung des Kindergeldes erstrebt. Sie ist der Auffassung, dass ihre Tochter ihren Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt weiterhin in Deutschland habe. Ihr Lebensschwerpunkt befinde sich weiterhin in ihrem Elternhaus in Deutschland, dort sei sie auch mit erstem Wohnsitz gemeldet. Im Elternhaus stünden der Tochter zwei Wohnräume, Küche und Bad uneingeschränkt und vollständig eingerichtet und zur jederzeitigen Nutzung zur Verfügung. Es seien dieselben Räume, die N schon vor Aufnahme des Studiums in den USA bewohnt habe. N suche diese Räume nicht nur zu besuchsweise auf, sondern weil sie dort wohne. Während der Ausbildung sei das allerdings nur dann möglich, wenn das Studium das zulasse. Das seien im Sommer 2008 mehr als 11 Wochen gewesen. Ein derart langer Aufenthalt könne nicht als kurzzeitiger Besuch eingestuft werden. Nach dem Ende der Ausbildung werde N wieder nach Deutschland zurückkehren. Der angefochtene Bescheid verstoße zudem gegen Art. 3 GG. Im Bekanntenkreis gebe es zahlreiche vergleichbare Fälle, in denen für in den USA studierende Kinder Kindergeld gezahlt werde. Eine Ungleichbehandlung liege auch deshalb vor, weil sie – die Klägerin – mit Unterhaltskosten in Höhe von monatlich etwa 900 € belastet werde. Zur Abdeckung dieser Kosten sei die Fortzahlung des Kindergeldes erforderlich.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid vom .….... sowie den Einspruchsbescheid vom …..….. aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält an ihrer bereits im Einspruchsverfahren vertretenen Rechtsauffassung fest, dass die Tochter mit Beginn des Studiums in den USA ihren Wohnsitz in Deutschland aufgegeben habe. Der BFH habe in seiner Entscheidung vom 23. November 2000 VI R 107/99, BFHE 193, 558, BStBl II 2001, 294 erkannt, dass ein Wohnsitz in Deutschland nur dann noch beibehalten werde, wenn sich das Kind mindestens 5 Monate im Jahr noch im Inland aufhalte. Das treffe auf die Tochter nicht zu. Die einzelnen Aufenthalte zwischen dem 26.12.2007 und dem 17.01.2009 erreichten diesen Zeitraum nicht.

Wegen des Vortrags der Parteien im Übrigen wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze im Klage- und im Vorverfahren sowie auf das Protokoll der heutigen mündlichen Verhandlung vor dem Senat Bezug genommen.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Vertreter der Beklagten den angefochtenen Bescheid geändert und die Aufhebung und Rückforderung des Kindergeldes auf den Zeitraum ab September 2007 beschränkt.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage hat zum Teil Erfolg.

1. Gemäß § 62 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) besteht unter den dort genannten weiteren Voraussetzungen ein Anspruch auf ...

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