Leitsatz

1. Der Unternehmer muss den buchmäßigen Nachweis der steuerfreien Ausfuhrlieferung (§ 6 Abs. 4 UStG i.V.m. § 13 UStDV) bis zu dem Zeitpunkt führen, zu dem er die Umsatzsteuer-Voranmeldung für die Ausfuhrlieferung abzugeben hat.

2. Der Unternehmer kann fehlende oder fehlerhafte Aufzeichnungen eines rechtzeitig erbrachten Buchnachweises bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem FG nach den für Rechnungsberichtigungen geltenden Grundsätzen ergänzen oder berichtigen.

3. Wird der Buchnachweis weder rechtzeitig geführt noch zulässigerweise ergänzt oder berichtigt, kann die Ausfuhrlieferung gleichwohl steuerfrei sein, wenn aufgrund der objektiven Beweislage feststeht, dass die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 bis Abs. 3a UStG vorliegen (Änderung der Rechtsprechung).

 

Normenkette

§ 6 UStG, § 13 UStDV, Art. 15 der 6. EG-RL

 

Sachverhalt

Wegen Fehlens des Buchnachweises für Autolieferungen ins Drittland versagte das FA die Steuerbefreiung. Im FG-Verfahren brachten die Erben eine Aufstellung über die von D erbrachten Ausfuhrlieferungen in tabellarischer Form, in denen Rechnungsdatum, Tag und Ort der Ausfuhr, Name und Branche des Empfängers, Name des Abnehmers sowie als Beleg über die Ausfuhr entweder eine Ausfuhrbestätigung der Ausfuhrstelle, ein Luftfrachtbrief, ein Schiffsfrachtbrief sowie eine Ausfuhrbescheinigung aufgeführt waren.

Das FG (Niedersächsisches FG, Urteil vom 19.05.2008, 16 K 177/06, Haufe-Index 2018600, EFG 2008, 1500) gab der Klage statt.

 

Entscheidung

Der BFH verwies die Sache an das FG zurück, denn es fehlten Feststellungen, ob D bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die Umsatzsteuer-Voranmeldungen für die einzelnen Lieferungen abzugeben waren, buchmäßige Aufzeichnungen geführt hatte, die im Klageverfahren zulässigerweise ergänzt und/oder berichtigt wurden.

 

Hinweis

1. Erfüllt der Unternehmer die nach § 6 Abs. 4 UStG i.V.m. §§ 8 bis 17 UStDV bestehenden Nachweispflichten, ist er berechtigt, die Lieferung als steuerfrei zu behandeln. Die durch den Unternehmer beigebrachten Nachweise unterliegen aber der Nachprüfung durch die Finanzverwaltung, da es für die Steuerfreiheit auf die Richtigkeit der Nachweisangaben ankommt.

2. Die Nachweispflichten nach § 6 Abs. 4 UStG i.V.m. §§ 8ff. UStDV sind – wie der EuGH im Fall Collee zu einer innergemeinschaftlichen Lieferung entschieden hat und dem der BFH gefolgt ist – zwar keine materiell-rechtliche Voraussetzung der Steuerfreiheit. Allein deren Fehlen schließt daher die Steuerbefreiung nicht aus, wenn kein Zweifel daran besteht, dass und wo und an wen die Gegenstände geliefert worden sind, und wenn keine Steuerhinterziehung im Raum steht. Das ist im Wesentlichen tatrichterliche Würdigung.

Gleiches gilt – so der BFH in der Besprechungsentscheidung – wegen der rechtssystematischen Gemeinsamkeiten auch für die Ausfuhrlieferung. Das Risiko für den Unternehmer ohne zureichende Nachweise ist groß; auf Vertrauensschutz kann sich nicht berufen, wer die Nachweispflichten nicht rechtzeitig und vollständig geführt hat.

3. DerBuchnachweis muss bis zu dem Zeitpunktvorliegen, zu dem der Unternehmer die Voranmeldung für den Voranmeldungszeitraum der Ausfuhrlieferung abzugeben hat, damit die Lieferung aufgrund des Beleg- und Buchnachweises steuerfrei ist; danach ist allenfalls eine Ergänzung oder Berichtigung beachtlich. Denn der Unternehmer muss sich durch seine buchmäßigen Aufzeichnungen zumindest dem Grund nach vergewissern, ob er die Voraussetzungen der Steuerfreiheit als gegeben ansehen kann. Das Abstellen auf den Zeitpunkt der Abgabe der Voranmeldung genügt – anders als bisher die Forderung nach einem "zeitnahen" Buchnachweis – dem Erfordernis der Rechtssicherheit.

4. Der Belegnachweis kann – wie bisher –  bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem FG erbracht werden. Die Differenzierung zwischen Buch- und Belegnachweis rechtfertigt sich daraus, dass dem Unternehmer die Ausfuhrbelege u.U. erst nach dem Abgabezeitpunkt für die Voranmeldung vorliegen und sich aus einer erst nachträglichen Beibringung des Belegnachweises, anders als bei einem vollständigen Fehlen buchmäßiger Aufzeichnungen, keine Gefährdung des Steueraufkommens ergibt.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 28.05.2009 – V R 23/08

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