Rn. 172

Stand: EL 157 – ET: 04/2022

§ 50d Abs 9 S 3 EStG regelt das Verhältnis zu weiteren Vorschriften, die einen Übergang von der Freistellung zur Anrechnung vorsehen; dies sind zum einen auf DBA-Ebene vereinbarte Switch-over-, Subject-to-tax- oder Remittance-base-Klauseln (vgl die Zusammenstellung in BMF v 20.06.2013, BStBl I 2013, 980) sowie zum anderen die innerstaatlichen Regelungen des § 50d Abs 8 EStG (bei Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit) und des § 20 Abs 2 AStG (bei Zwischeneinkünften aus ausländischen DBA-Betriebsstätten).

Nach dem vor Änderung durch das AmtshilfeRLUmsG (BGBl I 2013, 1809) geltenden Wortlaut des § 50d Abs 9 S 3 EStG bleiben DBA-Regelungen, die die Freistellung von Einkünften in einem weitergehenden Umfang einschränken, sowie die §§ 50d Abs 8 EStG, 20 Abs 2 AStG unberührt, dh, sie haben neben der Switch-over-Klausel des § 50d Abs 9 S 1 EStG weiterhin Geltung.

In welchem Verhältnis solchermaßen nebeneinander anwendbare Normen stehen, ist damit nicht eindeutig geklärt, denn der Begriff "unberührt" sagt grundsätzlich nichts darüber aus, ob § 50d Abs 9 EStG durch eine speziellere abkommensrechtliche oder unilaterale Regelung abschließend verdrängt wird oder ob beide Normen sich dahingehend ergänzen, dass die jeweils restriktivere zur Anwendung kommt.

 

Rn. 173

Stand: EL 157 – ET: 04/2022

In Bezug auf abkommensrechtliche Regelungen zur Einschränkung der Freistellung ging das Gesetz auch vor Änderung durch das AmtshilfeRLUmsG von einem "unberührt sein" nur dann aus, wenn deren persönlicher und/oder sachlicher Anwendungsbereich über den des § 50d Abs 9 EStG hinausging. Dieses Rangverhältnis gilt nach wie vor. Schränkte § 50d Abs 9 EStG die Freistellung in weitergehenden Umfang ein, kam dieser zum Zuge. Dies würde in Fällen, in denen abkommensrechtlich ein Switch-over von der Durchführung eines Verständigungsverfahrens abhängt und dieses scheitert, für eine Anwendung von § 50d Abs 9 EStG sprechen (so zB Gosch in Kirchhof/Seer, § 50d EStG Rz 41h, 20. Aufl; kritisch Haase/Dorn, IStR 2011, 796; Salzmann, IWB 2007, 471).

Dennoch gehen Gesetzgeber und FinVerw offenbar auch hier von einem Spezialitätenvorrang aus (so die Denkschriften zu den DBA mit Irland bzw Großbritannien, BT-Drucks 17/2254, 38 bzw 17/6258, 36 und BMF v 20.06.2013, BStBl I 2013, 980 zur Anwendung von Subject-to-tax-, Remittance-base- und Switch-over-Klauseln nach den DBA).

 

Rn. 174

Stand: EL 157 – ET: 04/2022

Zur Altfassung des § 50d Abs 9 S 3 EStG hatte der BFH zur Frage des Rangverhältnisses zwischen § 50d Abs 8 u 9 EStG entschieden (BFH v 11.01.2012, BFH/NV 2012, 862), dass § 50d Abs 8 EStG als speziellere Norm grundsätzlich keinen Raum mehr für eine Anwendung von § 50d Abs 9 EStG lässt (so auch die zu diesem Zeitpunkt hM zB Frotscher, § 50d EStG Rz 190, Stand 10.04.2012; Klein/Hagena in H/H/R, § 50d EStG Rz 110, 124, Stand Mai 2013; Urbahns, StuB 2012, 438, aA Sedemund, IStR 2012, 613; BMF v 12.11.2008, BStBl I 2008, 988 im Ergebnis, ohne auf die Frage des Rangverhältnisses einzugehen).

 

Rn. 175

Stand: EL 157 – ET: 04/2022

Kontrovers diskutiert wurde unter der Altfassung § 50d Abs 9 S 3 EStG auch das Verhältnis zu § 20 Abs 2 AStG. Teilweise wurde eine Sperrwirkung von § 20 Abs 2 AStG angenommen, auch wenn die Vorschrift mangels Erfüllung aller Tatbestandsvoraussetzungen oder aufgrund EU-rechtlicher Vorschriften (zB wegen des fehlenden Motivtests) nicht angewendet werden kann (so zB Gebhardt/Quilitzsch, IWB 2010, 473; aA zutreffend Gosch in Kirchhof/Seer, § 50d EStG Rz 41i, 19. Aufl).

 

Rn. 176

Stand: EL 157 – ET: 04/2022

Um hier eine Klärung herbeizuführen, wurde § 50d Abs 9 S 3 EStG durch das AmtshilfeRLUmsG (BGBl I 2013, 1809) dahingehend geändert, dass auch § 50d Abs 8 EStG und § 20 Abs 2 AStG nur dann unberührt bleiben, soweit sie die Freistellung von Einkünften in einem weitergehenden Umfang als § 50d Abs 9 EStG einschränken. Damit ist zwar die Frage des Spezialitätenvorrangs weiterhin nicht zweifelsfrei beantwortet (ablehnend Salzmann, IWB 2013, 405/406; Hagena/Klein, ISR 2013, 267/273), dennoch geht die Rspr (BFH v 20.08.2014, BStBl II 2015, 18; FG RP v 25.01.2018, EFG 2018, 744, rkr) davon aus, dass nach der Neufassung im Wortlaut des Gesetzes der Regelungsvorrang des § 50d Abs 9 S 1 EStG nunmehr ausreichend klar wird: Soweit der Freistellungsumfang nach den Regelungen des § 50d Abs 9 S 1 EStG mit demjenigen des § 50d Abs 8 EStG bzw des § 20 Abs 2 AStG übereinstimmt, ist § 50d Abs 9 S 1 EStG vorrangig anzuwenden.

Ein Anwendungsbereich verbleibt für § 50d Abs 8 EStG bzw § 20 Abs 2 AStG nur dann, wenn diese zu einer weitergehenden Einschränkung der Freistellungsmethode führen (so auch die hM zB Gosch in Kirchhof/Seer, § 50d EStG Rz 41h, 20. Aufl; Cloer/Hagemann in B/B, § 50d EStG Rz 318, Juli 2017; Loschelder in Schmidt § 50d EStG Rz 59, 40. Aufl; aA Klein/Hagena in H/H/R, § 50d EStG Rz 124, November 2021).

 

Rn. 177

Stand: EL 157 – ET: 04/2022

Die Regelung ist nach § 52 Abs 59a S 9 EStG aF in allen Fällen anwendbar, die noch...

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